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Prenzlauer Berg Newsletter #46 streitet sich um den alten Güterbahnhof

von Christina Heuschen 18. Dezember 2022

Was im Jahnsportpark entschieden wurde, warum die Eschenallee vorerst doch nicht fällt und wieso es Zoff um den Güterbahnhof gibt: Die Nachrichten der Woche gibt es im Newsletter.


Schon lange sorgt das Grundstück an der Lilli-Henoch-Straße 10 für Zoff im Bezirk Pankow, immer wieder diskutieren Bezirkspolitiker*innen, was damit passieren soll. Das Bezirksamt möchte dort eine dringend benötigte Schule bauen. Doch ein Großteil des Geländes gehört dem Investor Christian Gérôme. Und der möchte dort zwei Hochhäuser bauen. Nun geht der Streit zwischen den Parteien in eine neue Runde: CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen beantragten in der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Jahres „eine zügige kooperative Entwicklung“ des Areals auf dem ehemaligen Güterbahnhof. Linksfraktion und SPD reagierten mit Unverständnis. Warum sich die Fronten zwischen den Parteien verhärtet haben, hat meine Kollegin Julia Schmitz zusammengefasst für den

Text der Woche

Was sonst noch los war

Kiezfoto der Woche

Wir wünschen euch eine wunderbare Weihnachtszeit! / Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

  • Eschenallee: Die Baumreihe an der Kniprodestraße bekommt eine weitere Gnadenfrist: Nachdem Anwohner*innen einen Einwohnerantrag in der BVV eingereicht hatten, überwiesen die Bezirksverordneten das Thema noch einmal zur erneuten Diskussion in die Ausschüsse. Im Rahmen des bereits begonnenen Baus einer Schuldrehscheibe auf der Werneuchener Wiese hatte die BVV im Mai beschlossen, die 26 Eschen zu fällen; nur so könne die Einrichtung eines verkehrssicheren und barrierefreien Weges für die Schulkinder gewährleistet werden, hieß es damals unter anderem von der SPD-Fraktion. „Es gibt nicht den geringsten Grund, hier die Errichtung eines Wegs mit einer brachialen Fällung von gesunden Bäumen zu verbinden”, argumentierte Sabine Opderbeck von der Bürgerinitiative ProKiez, Ersatzpflanzungen seien auch keine akzeptable Lösung. Der Grünen-Verordnete Axel Lüssow kritisierte die intransparente Kommunikation des Bezirksamts bezüglich der Sache, vor allem hinsichtlich der ausgefallenen Bürgerbeteiligung, und konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen: „Meistens sind Bezirksstadträt*innen vor Ort, wenn Bäume gepflanzt werden – aber nie, wenn sie gefällt werden. Ist das nicht schade?”
  • Stadtentwicklung: Platzt der Bezirk Pankow bald aus allen Nähten? Berlin wächst nämlich immer weiter. Knapp vier Millionen Menschen werden bis 2040 in der Hauptstadt leben. Das sind 187.000 mehr als im Jahr 2021 – ein Plus von fünf Prozent. Das geht aus der Bevölkerungsprognose 2021 – 2040 hevor, die Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Dienstag dem Senat vorgelegt hat. Doch das Wachstum wird sich in den Bezirken voraussichtlich unterschiedlich stark verteilen, vor allem im Osten Berlins wird es voller. „Allein Pankow wächst in der Größenordnung einer Stadt wie Stendal. Das bringt viele Herausforderungen mit sich, die wir gemeinsam und in einer stadtweiten Anstrengung lösen müssen, zum Beispiel Wohnungsbau, Kita- und Schulversorgung oder der Ausbau des ÖPNV“, sagte Geisel. Tatsächlich erwartet der Bezirk laut der Prognose mit 37.000 Personen den mit Abstand größten Zuwachs. Die Ebnisse sollen nun als Grundlage für die Planung und weitere Gestaltung der Stadt dienen.
  • Baustelle: Die Doppelkreuzung Friedenstraße/Am Friedrichshain und Greifswalder Straße an der Grenze zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg gehört zu den gefährlichsten Kreuzungen Berlins. Allein im vergangenen Jahr starben dort drei Radfahrer*innen. Zahlreiche Mobilitätsverbände forderten damals Sofortmaßnahmen, die weitere Unfälle verhindern. Nun hat der finale Umbau der Doppelkreuzung begonnen, neue Markierungen für Radverkehrsführungen und getrennte Ampelschaltungen sollen zukünftig die Gefahrenlage beim Abbiegen entschärfen. Radfahrer*innen müssen sich dann nicht mehr in den Kreuzungsbereichen in den motorisierten Verkehr einfädeln und werden so vor abbiegenden Autos geschützt.
  • Kiezblock: Gute Neuigkeiten für alle Freund*innen der Verkehrsberuhigung: In Sachen Kiezblock rund um den Arnimplatz war es in letzter Zeit etwas ruhig geworden, doch nun geht es voran. Das berichtet zumindest das Bezirksamt: Der mehrstufige Entwurf für das Verkehrskonzept sei im November dem zuständigen Ausschuss vorgelegt worden, teilte die stellvertretende Bezirksbürgermeistern Cordelia Koch (Grüne) mit. Konkret enthält das Konzept folgende erste Maßnahmen:
    – die Einrichtung einer Fahrradzone im westlichen Bereich des Arnimplatz,
    – die Umwidmung der Schönfließer Straße zur Fahradstraße,
    – eine Verkehrsberuhigung in der Paul-Robeson-Straße
    – und eine Einbahnstraßenregelung im gesamten Bereich.
    Bevor es zu einer Umsetzung der Maßnahmen kommt, sollen diese aber zunächst mit den Anwohner*innen diskutiert werden, was voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres geschehen soll.
  • Wettbewerb: Egal ob es sich um alte Kühlschränke, Smartphones oder um Computer handelt, in Deutschland fallen laut der Deutschen Umwelthilfe jährlich etwa 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Nicht einmal 45 Prozent davon werde korrekt gesammelt, ein Großteil illegal entsorgt oder exportiert. Im Rahmen des Wettbewerbs „E-Waste Race“ sammelten Schüler*innen nun vier Wochen lang Elektroschrott in ihrer Nachbarschaft. Dabei setzten sie sich mit Recycling und den Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auseinander. Insgesamt zehn Berliner Schulen beteiligten sich an dem Projekt, das zum zweiten Mal in der Stadt stattfand. Mit 1.874 gesammelten Teilen hat die Schule am Falkplatz das Rennen gewonnen. Wir gratulieren!
  • Förderung: Auch im kommenden Jahr unterstützt der Bezirk Projekte aus dem Bereich Kinder, Jugend- und Puppentheater. Bis zum 15. Januar 2023 können einzelne Theaterschaffende und mobile Gruppen sowie Theater mit fester Spielstätte im Bezirk Fördermittel beantragen. Für einzelne Projekte werden zwischen 5.000 und 20.000 Euro vergeben. Informationen Richtlinien und Bewerbung findet ihr auf dieser Seite.

 

Bild: O+M Architekten GmbH BDA mit LOR Landschaftsarchitekten Otto + Richter PartGmbH

So wird das neue Jahnstadion aussehen

Ein flaches Stadion mit einer Galerie aus rotspiegelnden Fenstern und ein weitläufiger Vorplatz mit Gastronomie: So soll der Stadionneubau im Jahnsportpark zukünftig aussehen. Am Mittwoch wählte die Jury nach einer zweitätigen Preisgerichtssitzung den Entwurf der O+M Architekten GmbH BDA mit LOR Landschaftsarchitekten Otto + Richter PartGmbH aus Dresden aus. Im April hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gemeinsam mit der Senatsinnenverwaltung den Wettbewerb für den Jahnsportpark ausgelobt.

„Das Große Stadion und der Sportpark sollen um zahlreiche neue Sportanlagen ergänzt und zur ersten voll inklusiven Sportstätte umgebaut werden. Der inklusive Sportpark soll ein Begegnungsraum zwischen Zuschauenden, Sportlerinnen und Sportlern sowie Freizeitsportlerinnen und Freizeitsportlern sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde lange gerungen und der gestern ausgewählte Entwurf wird mit seiner Umsetzung das Stadion und den Sportpark zukunftsfähig machen”, sagte Christian Gaebler, Staatssekretär für Bauen und Wohnen am Donnerstag.

Über die Causa Jahnstadion war in den vergangenen Jahren vielfach diskutiert worden. Zunächst hatte es noch drei Varianten für das Gelände an der Topsstraße gegeben, darunter die Sanierung des bereits vorhandenen Gebäudes, aber auch der Bau eines zweiten Stadions. Beide Ideen verwarf der Senat Anfang des Jahres zugunsten der dritten Variante: Ein Abriss bzw. Teilabriss des alten Stadions und Bau eines neuen, barrierefreien Stadions.

Anwohner*innen kritisieren das Vorhaben, es sei in Zeiten der Klimakrise nicht nachvollziehbar. „Die Belange von Klimaschutz und Anwohnerschaft wurden weitestgehend missachtet, fast alle Entwürfe sehen einen ressourcenintensiven und klimaschädlichen Abriss und Neubau des Stadions vor, die Naturwiese soll zerstückelt werden oder gleich ganz überdimensionierten Kunststoff-Großspielfeldern weichen”, schreibt die Bürgerinitiative Jahnsportpark. „Wir wollen eine resiliente, lebenswerte Stadt mit Bäumen, Sträuchern sowie Naturflächen und keine monströsen Hallenbauten inmitten von Hitzeinseln.”

Auch der prämierte Entwurf sieht die Versiegelung einer größeren Fläche vor, um dort eine „Plaza” vor dem Stadionzugang zu errichten; eine Baumreihe entlang des Stadionbaus soll eine „grüne Übergangszone” bilden und den Parkcharakter stärken. Bis Ende 2027 soll der Neubau, der auf 97 Millionen Euro geschätzt wird, fertiggestellt sein.

 

Polizeimeldungen

  • Unfall: Ein 41-jähriger Mann ist am Dienstagabend in Prenzlauer Berg bei einem Verkehrsunfall lebensgefährlich verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, war der 41-Jährige gegen 20.20 Uhr mit seinem Wagen in der Wichertstraße in Richtung Schönhauser Allee unterwegs, als er auf Höhe der Gudvanger Straße nach links von der Fahrbahn abkam. Auf dem Mittelstreifen kam das Auto schließlich zum Stehen. Weil der Autofahrer zwischenzeitlich das Bewusstsein verloren hatte, versorgten Rettungskräfte und eine Notärztin den Autofahrer zunächst am Ort. Anschließend brachten sie ihn in eine Klinik, in der er sofort operiert werden musste. Warum der 41-Jährige die Spur verloren hatte, steht laut Polizei noch nicht fest.

Tipps & Termine

  • 20.12.: Prenzlauer Bergs bekanntester Comic-Zeichner mit dem Spürsinn für feinsten zynischen Humor OL und Kollege Rattelschneck laden zur traditionellen Lustige-Verleser-Show ein. Am Dienstag lesen sie Comics und Comicgeschichten in der Wabe. Beginn ist um 20 Uhr, Tickets kosten 8 Euro.
  • 21.12.: Seit 2012 findet der Kurzfilmtag in Deutschland statt. Am Mittwoch spielt das kurze Format bundesweit endlich wieder eine Hauptrolle. Das Lichtblick-Kino und das Haus für Poesie zeigen deshalb ausgewählte Filme.
  • Bis 19.02.23: Nach dem Mauerfall erhielten die Menschen aus der DDR 100 D-Mark Begrüßungsgeld. Doch was kauften sie sich davon? Die Fotografin Sophie Kirchner hat 30 Jahre nach der letzten Auszahlung die gekauften Gegenstände dokumentiert und mit ihren Besitzer*innen über ihre Träume gesprochen. Die Ausstellung „Wünsch dir was! Erinnerungen an das Begrüßungsgeld“ im Museum in der Kulturbrauerei zeigt die Geschichten hinter den Sachen. Am Sonntag könnt ihr die Ausstellung in Begleitung besuchen. Der Eintritt ist kostenlos.

Das habt ihr vielleicht verpasst

  • Frauenbewegung: Um feministischen Fragen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, gründete Ute Großmann 1989 in Prenzlauer Berg die Lila Offensive. Uns hat sie davon erzählt.
  • Mauerpark: Neue Spielflächen, Bewässerungssysteme und Beleuchtung: In dieser Woche starten die Sanierungsmaßnahmen im Mauerpark, zunächst rund um das Birkenwäldchen und den Moritzhof.

Zitat der Woche

„Wir müssen uns nicht auf Gedeih und Verderb diesem Investor ausliefern“,

sagte Frederik Bordfeld (Linke) am Mittwoch während der BVV zum Antrag von Grüne, CDU und FDP. Der Streit um das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs scheint also noch nicht beendet.

Das war der letzte Newsletter für dieses Jahr. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich für die Themenvorschläge, Fragen, Anregungen und Anmerkungen von euch allen bedanken. Wir begeben uns nun in die Weihnachtspause, die nächste Ausgabe erscheint am 13. Januar 2023. Bis dahin wünsche euch eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr!

Eure Christina Heuschen

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