Güterbahnhof

Gerangel um den Güterbahnhof

von Julia Schmitz 15. Dezember 2022

Der Bezirk will auf dem Grundstück an der Lilli-Henoch-Straße eine Schule bauen. Drei Fraktionen der Pankower Bezirksverordnetenversammlung haben es jetzt besonders eilig – machen sie sich damit zum Spielball des Investors?


Fast jeder Berliner Bezirk hat seine bezirkspolitischen Dauerbrenner. In Pankow gehört unter anderem der Streit um die Bebauung des ehemaligen Bahngeländes an der Greifswalder Straße dazu: Der Bezirk möchte das Grundstück nutzen, um dort eine Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe zu bauen und dem eklatanten Schulplatzmangel in der Region etwas entgegenzusetzen. Doch ein Großteil des Geländes gehört seit 2011 dem Investor Christian Gérôme. Und der möchte in der Lilli-Henoch-Straße unter anderem zwei Hochhäuser mit je 18 Stockwerken errichten, die Visualisierungen der beauftragten Tchoban Voss Architekten liegen bereits vor.

Um zunächst Zeit für eigene Planungen zu haben, hatte die Bezirksverordnetenversammlung im Frühjahr 2019 deshalb einer Veränderungssperre durch das Bezirksamt zugestimmt. Im Mai dieses Jahres sprach sich jedoch die Mehrheit der Bezirksverordneten gegen eine von der SPD-Fraktion beantragen Verlängerung dieser Sperre aus – und gab die Bahn damit frei für den Investor. Seine Bauanträge müsste das Bezirksamt ab sofort genehmigen. Gérôme hat bisher aber keine gestellt, sitzt stattdessen regelmäßig mit Bezirkspolitiker*innen in einer Steuerrungsrunde. Doch eine Einigung gibt es bisher nicht.

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Investor könnte Schule bauen

Jetzt könnten sich die Fronten noch weiter verhärten: In der letzten Bezirksverordnetenversammlung des Jahres beantragten Bündnisgrüne, CDU und FDP gemeinsam „eine zügige kooperative Entwicklung“ des Areals auf dem ehemaligen Güterbahnhof, um dort einen Oberschulstandort, eine begrünte Durchwegung sowie Wohn- und Gewerbeflächen zu errichten. Um den Klima- und Artenschutz zu berücksichtigen und möglichst wenig Fläche zu versiegeln, sollten außerdem „Hochpunkte“ errichtet werden – also Hochhäuser.

„Es geht nicht darum, was der Investor will oder ob er sympathisch ist, sondern um das, auf was wir uns alle einigen können: Dass dort dringend eine neue Schule gebaut werden muss“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzende Denise Bittner. Thomas Enge, Fraktionsvorsitzender der FDP, betonte zudem noch einmal das Angebot Gérômes, die Schule zunächt auf eigene Kosten zu bauen.

Linksfraktion und SPD reagierten mit Unverständnis. „Wir beschäftigen uns schon sehr lange mit dem Grundstück. Ich bin ehrlich überrascht, dass auf einmal so eine Eile betrieben wird und Sie dem Investor so sehr an der Seite stehen“, sagte Roland Schröder, Fraktionsvorsitzender der SPD. Er sei der Meinung gewesen, man habe erst eine Vertrauensbasis mit diesem herstellen wollen, als Grundlage für fruchtbare Verhandlungen. Die sei aber noch nicht gegeben, Gérôme befinde sich noch immer in einem Rechtsstreit mit dem Bezirk. Schröder sieht keine Notwendigkeit für einen Flächentausch, da der Teil, der sich im Besitz des Bezirks befände, groß genug sei für den Schulneubau. „Wir müssen uns nicht auf Gedeih und Verderb diesem Investor ausliefern“, so Frederik Bordfeld (Linke).

Dass sei reine Panikmache, so Almut Tharan (Grüne). Linke und SPD würden sich vor der harten Realität des Schulplatzmangels verschließen, eine Einigung über den Flächentausch mit Gérôme sei notwendig. Um eine sechszügige Schule mitsamt der benötigten Außenflächen für Pause und Sport zu errichten, reiche das Gelände nicht aus. Am Ende stimmte die BVV, die durch den Zusammenschluss der drei Fraktionen zahlenmäßig überlegen war, dem Antrag mehrheitlich zu. Christian Gérôme könnte, nach vielen Jahren des Wartens, seinem Ziel bald näher kommen.

 

Titelbild: Julia Schmitz

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