Thälmann

Prenzlauer Berg Newsletter #12 wärmt Debatten aus den 90ern auf

von Christina Heuschen 27. März 2022

Warum diskutiert Pankow schon wieder über das Ernst-Thälmann-Denkmal? Wo sollen Bürger*innen in die Stadtplanung einbezogen werden? Und wie hilft der Bezirk Geflüchteten? Die Nachrichten der Woche gibt es im Newsletter.


Wann habt ihr das letzte Mal etwas über das Ernst-Thälmann-Denkmal gehört? Allzu lang dürfte es nicht her sein. Erst vor wenigen Monaten wurde die künstlerische Kommentierung des Denkmals eingeweiht. Und kritisiert. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sorgt das massive Monument für Streit in Prenzlauer Berg, in regelmäßigen Abständen fordert jemand den Abriss – dieses Mal versucht es die CDU Pankow. Bei Twitter diskutieren bereits zahlreiche Leute, ob es eine rein symbolpolitische Aktion sei. Aber was steckt hinter dem Antrag? Meine Kollegin Julia Schmitz berichtet darüber in unserem

Text der Woche

Newsletter

Foto: Julia Schmitz

Direkt aus der BVV

In der 5. Bezirksverordnetenversammlung, die zum ersten Mal seit der konstituierenden Sitzung im November wieder im großen BVV-Saal in der Fröbelstraße stattfand, lag in dieser Woche ein Fokus auf dem Krieg in der Ukraine, der Pankow vor eine große Herausforderung stellt. „Es geht nicht darum, OB wir diese meistern können – wir MÜSSEN sie meistern”, sagte Bezirksstadträtin Dr. Cordelia Koch. Schon ab fünf Uhr morgens stünden Ukrainer*innen vor den Toren der Fröbelstraße, wo sich auch das Sozialamt befindet. Um den Ansturm zu bewältigen, musste das Bezirksamt in den letzten Wochen die räumlichen und personellen Strukturen aufstocken; Mitarbeiter*innen aus Jugendamt, Standesamt und Jobcenter wurden in die Fröbelstraße geholt, 25 Ehrenamtliche sorgen für die Versorgung der Wartenden mit Getränken und Essen. In Zukunft soll es in der Fröbelstraße einen Sonderschalter für Ukrainer*innen geben. Außerdem geht Pankow als einziger Berliner Bezirk einen Sonderweg: Das Bezirksamt hat mit der Sparkasse ein Scheckverfahren ausgehandelt, welches Geflüchteten das Abheben von Geld ermöglicht, ohne dass sie ein eigenes Konto eröffnen müssen. Einstimmig verabschiedeten die Bezirksverordneten – auch die AfD stimmte zu – außerdem eine Resolution, mit der sie sich solidarisch mit der Ukraine stellen und „den verbrecherischen Angriffskrieg der Regierung Putin” verurteilen.

Vom Krieg ging man zur handfesten Lokalpolitik über: Der kürzlich in Gertrud-Claassen-Platz benannte Bereich zwischen Erich-Weiner-Straße und Hosemannstraße soll auf Antrag der SPD zukünftig in eine „Kiez-Oase” verwandelt werden, Anwohner*innen werden mit in die Planungen einbezogen. In der Wohnsiedlung Carl Legien sollen Bürger*innen mittels einer Zukunftswerkstatt stärker bei der Denkmalpflege mitsprechen dürfen, auch dies fordert die SPD – ebenso wie die Einrichtung einer autofreien Begegnungszone am Ende der Sackgasse in der Sonnenburger Straße. Die Pankower CDU war dagegen in Abrissstimmung: Sie will – wir berichteten – dem Denkmal von Ernst Thälmann an den Kragen. Auch fordern sie den „schnellstmöglichen Neubau” des Jahnstadions – für den das alte Gebäude abgerissen werden muss. Das Stadion und der Inklusionsportpark müssten aber unbedingt zusammen gedacht werden, so Fraktionsvorsitzende Denise Bittner. Kritik an dem Antrag kam von der Linksfraktion: „Wir sehen dabei die Gefahr, dass die Wünsche und Bedarfe der Pankower*innen zu kurz kommen. Wir brauchen eine integrative Gesamtplanung und keinen Schnellschuss”, so Dr. Janaa Stiller.

 

Weiteres aus dem Bezirk

Rassismus: Vergangenen Monat beleidigte eine Gruppe von Männern und Frauen eine Jugendliche an der Haltestelle Greifswalder Straße rassistisch und schlug auf diese ein. Der Angriff auf Dilan S. und die darauffolgenden Meldungen sorgten für Aufsehen. Nach dem Übergriff hatte die Polizei zunächst eine fehlerhafte Pressemitteilung veröffentlicht, in der ein fehlender Mund-Nasenschutz als Auslöser für den Angriff angegeben wurde. Die beiden Abgeordneten Ferat Koçak und Niklas Schrader (beide Linke) wollten deshalb wissen, warum die Polizei die fehlende Maske als Tatmotiv angegeben hat. „In der Pressemeldung wurde aus der Strafanzeige bedauerlicherweise eine fehlende Mund-Nasen-Bedeckung als Anlass des Übergriffs auf die Geschädigte missverständlich entnommen und falsch dargestellt“, heißt es in der Antwort des Senats. Doch die Begründung, warum dies passieren konnte, wirkt weiterhin fragwürdig. Denn in der gefertigten Strafanzeige ist dokumentiert, dass es sich um einen rassistisch motivierten Angriff handelt, geht aus der Antwort hervor. Auch im Nachhinein belegt beispielsweise das Videomaterial aus der Tram die Aussagen aus dem Polizeiprotokoll. Dilan S. hatte zuvor in den Sozialen Medien der ursprünglichen Darstellung der Polizei widersprochen, nachdem zahlreiche Medien die falsche Darstellung übernommen hatten. Erst drei Tage nach Veröffentlichung der Mitteilung erfolgte schließlich eine Korrektur der Polizei.

Pankower Tor: Ein neues Stadtquartier soll auf dem Gelände am Pankower Tor entstehen – seit Jahren sorgt das Projekt für Diskussionen. Nun liegt der Entwurf des Bebauungsplans vor. Dieser informiert über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung. Bürger*innen können sich ab dem 25. März den Entwurf im Bezirksamt Pankow oder im Internet ansehen und sich dazu äußern. „Die Ergebnisse des frühzeitigen Beteiligungsprozesses der Öffentlichkeit fließen anschließend in die weitere Planung ein“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Bezirksamtes.

Corona: Der Bezirk Pankow setzt seine Impfaktionen fort. Am 26./27. März und am 23./24. April 2022 können Eltern ihre Kinder gegen Covid-19 impfen lassen, teilt das Bezirksamt mit. Für die Erst- und Zweitimpfungen werde der Kinderimpfstoff Comirnaty/BioNTech verwendet. Das Impfangebot richtet sich an Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren und findet im Saal der Bezirksverordnetenversammlung in der Fröbelstraße 17 (Haus 7) statt.

 

Kiezfoto der Woche

Newsletter

Foto: Julia Schmitz

Polizeimeldungen

Hassrede: Im Kampf gegen Hasskommentare durchsuchte die Polizei am Dienstag acht Wohnungen in Berlin – auch in Prenzlauer Berg. Den sieben tatverdächtigen Männern im Alter von 20 bis 65 Jahren sowie einer tatverdächtigen 42-jährigen Frau wird vorgeworfen, illegale Inhalte in Chatgruppen und sozialen Netzwerken veröffentlicht zu haben. Laut Bundeskriminalamt gingen in zwölf weiteren Bundesländern Strafverfolgungsbehörden gezielt gegen Politiker*innen gerichtete Hasspostings vor. Insgesamt durchsuchten die Einsatzkräfte Wohnungen von über 100 Beschuldigten. Gegen die Berliner Verdächtigen ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz im Landeskriminalamt nun unter anderem wegen des Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. Die weiteren Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der beschlagnahmten Geräte, dauern an.

 

Tipps & Termine

Bis 29.3.: Heute findet die Preisverleihung der Oscars statt. Interfilm bringt zwei der Kurzfilm-Programme in die deutschen Kinos. In Prenzlauer Berg zeigt das Lichtblick-Kino bis Dienstag die Kurzfilme.

Das habt ihr vielleicht verpasst

 

Zitat der Woche

„Es ist Hohn und Spott für alle ukrainischen Menschen, die gerade vor dem russischen Überfall ihres eigenen Landes fliehen”,

so der Bezirksverordnete David Paul (CDU) als Begründung, warum das Ernst-Thälmann-Denkmal abgerissen werden soll.

Dass Geflüchtete aus der Ukraine derzeit auf die Hilfe vom Bezirk und den Bewohner*innen angewiesen sind, ist uns allen klar. Aber ob der Abriss einer monumentalen Büste dazu beiträgt?

Nun wünsche ich euch ein gutes Wochenende!

Eure Christina Heuschen
und die ganze Redaktion


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