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Prenzlauer Berg Newsletter #45 geht in die Offensive

von Julia Schmitz 11. Dezember 2022

Warum in der Kastanienallee die Sektkorken knallen, Pankow demnächst zu Reinickendorf zählt und man in Prenzlauer Berg nicht mehr über sieben Brücke gehen kann: Das und mehr in unserem Newsletter!


Es gibt dieses Narrativ, dass Frauen in der DDR gleichberechtigt waren, weil sie unter anderem in den gleichen Berufen wie die Männer arbeiteten. Das stimmt, doch Kindererziehung und Haushalt blieben ebenfalls ihre Aufgabe – die patriarchalischen Strukturen waren auch in Ostdeutschland tief verankert. Ute Großmann und ihre Freundinnen wollten das ändern. Weil im Herbst 1989 zwar Tausende Menschen auf die Straße gingen und gegen den Staat demonstrierten, Frauenfragen dabei aber kaum vorkamen, gründeten sie an einem Küchentisch in Prenzlauer Berg die Lila Offensive (LILO). Meine Kollegin Christina Heuschen hat sich mit Ute Großmann auf eine Zeitreise in diese Umbruchsphase begeben für unseren

Text der Woche

  • Frauenbewegung: Um feministischen Fragen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, gründete Ute Großmann 1989 in Prenzlauer Berg die Lila Offensive. Uns hat sie davon erzählt.

Was sonst noch los war

  • Mauerpark: Neue Spielflächen, Bewässerungssysteme und Beleuchtung: In dieser Woche starten die Sanierungsmaßnahmen im Mauerpark, zunächst rund um das Birkenwäldchen und den Moritzhof.

Kiezfoto der Woche

Die großen Fragen des Lebens werden in der Choriner Straße gestellt…
Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

Kastanienallee 12: Aufatmen in der K12: Das Hausprojekt in der Kastanienallee ist gerettet. Kurz vor Verstreichen der Frist für den Ankauf der vier Häuser durch eine Genossenschaft hatte sich die Übernahme noch in der Schwebe befunden – dann sprang eine Schweizer Stiftung ein und sicherte zu, die Gebäude zu sanieren. Auch der Berliner Senat steuerte letztendlich Geld bei; zuvor hatte es geheißen, der Ankauf entspreche nicht den Förderrichtlinien, weil der Kaufpreis und die Mieten der Bewohner*innen zu niedrig sind. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sieht den Verkauf an die Genossenschaft Selbstbau e.G. als Erfolg: „Das ist ein wichtiges Signal für die Mieterinnen und Mieter. Unsere Genossenschaftsförderung beweist sich einmal mehr als wertvolles Förderinstrument für eine sozial gerechte Wohnungspolitik.“ Dennoch gehöre es zur Wahrheit, so Geisel weiter, dass die zukünftigen Herausforderung wegen des Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarfs groß seien. Noch immer heizen zahlreiche der über 100 Mieter*innen in der K12 ihre Wohnungen per Kohleofen, teilweise befindet sich die Toilette auf halber Treppe.

Wahlwiederholung: Derzeit ist die Wiederholung der Wahl vom September 2021 in aller Munde. Ob auch die Bundestagswahl in Berlin erneut durchgeführt wird, ist zwar noch nicht endgültig entschieden. Aber die Landeswahlleitung will das System trotzdem umkrempeln: Wie Berliner Zeitung und der rbb berichten, sollen die Wahlkreise in der Hauptstadt für die nächste reguläre Wahl im Jahr 2025 von zwölf auf elf reduziert werden. Da sie bisher den zwölf Bezirken entsprachen, müsste sie dafür einen Bezirk als eigenen Wahlkreis streichen und auf die anderen Bezirke verlegen. Getroffen hat es laut Medienberichten Lichtenberg, das in den Wahlkreisen Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost und Pankow aufgehen würde. Pankow soll dafür den nordwestlichen Teil an den Nachbarbezirk Reinickendorf abgeben und Gebiete aus Friedrichshain-Kreuzberg bekommen. Berliner Politiker*innen sehen den Vorschlag kritisch, Wahlkreise dahingehend zusammenzulegen, dass ihre Wählerstruktur homogener wird und einer Partei einen Vorteil verschafft. „Zuschnitte, die eine offensichtliche Parteilichkeit beinhalten, untergraben das Vertrauen in die Demokratie. Es gibt Vorschläge, die das vermeiden würden. Ein plausibler Vorschlag orientiert sich an den bzw. respektiert die gewachsenen Strukturen, vermeidet Überlastungen bei der Organisation der Wahl, und vermeidet insbesondere auch die offensichtliche Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Parteien. Klar ist aber: was auch immer dabei rauskommt, wir werden als Bündnisgrüne damit umgehen“, sagt Stefan Gelbhaar (Grüne), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Pankow.

Elternausschuss: Der Bezirkselternausschuss von Pankow hat bereits gewählt, und zwar seine Vorsitzende: Katja Ahrens bleibt weiterhin Vorsitzende, Marco Fechner ihr Stellvertreter. Die zweite stellvertretende Vorsitzende ist nun Karina Schatz. „Es ist toll zu sehen, dass so viele Elternvertretende mittun wollen. Das bestätigt uns in unseren Bemühungen, Eltern stark zu machen. In den letzten zwei Jahren sind wir hierbei mit unserem Team schon einen großen Schritt weitergekommen. Aber es ist noch immer viel zu tun, damit Elternvertretende ihre Recht kennen und einfordern können. Elternbeteiligung ist schließlich kein nice-to-have!“, sagte Katja Ahrens. Im Bezirkselternausschuss (BEA) von Pankow sind die Vertreter*innen der 70 Schulen im Bezirk, die sich in kommunaler Trägerschaft finden, organisiert. Er vertritt die Interessen der Eltern gegenüber dem Bezirksamt und der Senatsverwaltung ist Ansprechpartner für die Bezirksverordnetenversammlung, Parteien und Verbände.

Mietenstopp: Bis zum 31. Dezember 2023 dürfen landeseigene Wohnungsunternehmen ihre Mieten nicht erhöhen. Das hat der Berliner Senat am Dienstag in einer Sitzung beschlossen. Mieterhöhungen, die zum 1. November 2022 vereinbart wurden, werden zurückgenommen. Ziel hinter dem Mietenstopp sind die steigenden Energiekosten, die viele Berliner*innen stark belasten. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sieht vor allem die landeseigenen Unternehmen in der Pflicht: „Als Gesellschaften mit mehr als 360.000 Wohnungen für 750.000 Menschen in Berlin haben die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen und die berlinovo eine besondere Verantwortung für eine sozial gerechte Wohnungspolitik. Mietenstopp und Kündigungsschutz bedeuten eine direkte Entlastung der Mieterhaushalte.“

Brückenbau: Über sieben Brücken musst du gehen – aber drei davon in Prenzlauer Berg werden in den nächsten Jahren abgerissen und neu gebaut: Die ziemlich in die Jahre gekommene Brücke an der S-Bahnstation Schönhauser Allee, die Fußgängerbrücke in der Schönfließer Straße und die Brücke in der Dunckerstraße. Bis zum Baubeginn dauert es aber noch etwas, wie eine Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (Linke) ergab. Die Brücke über die Schönhauser Allee befindet sich noch in der Entwurfsplanung, hier sollen 2025 die Arbeiten für den Ersatzneubau beginnen und ungefähr acht Jahre dauern. Für die Schönfließer Straße bereitet die Senatsverwaltung derzeit die Ausschreibung für die Vor- und Entwurfsplanung vor, bei der Dunckerstraße sind diese bereits im Gange. Beide Brücken sollen nach derzeitigem Stand zwischen 2026 und 2028 abgerissen und neu gebaut werden.

Frauenpreis: Endspurt für den Frauenpreis: Noch bis zum 11. Dezember können Vorschläge für den Pankower Frauenpreis eingereicht werden, der anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2023 verliehen wird. Den mit 500 Euro dotierten Preis können Einzelpersonen, Frauenprojekte, Initiativen oder Unternehmen erhalten; eine extra dafür eingesetzte temporäre Jury aus Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung wählt aus. Weitere Informationen gibt es hier.


Geschenktipp

Eine Tafel feinster Schokolade, ein reifer Pfirsich, eine üppige Portion Pasta: „In Anbetracht der sich vor uns auftürmenden Krisen können wir etwas Genuss nicht nur gebrauchen, wir sind auch empfänglicher für ihn“, schreibt der Prenzlauer Berger Gabriel Yoran. Für die Kollegen beim Krautreporter verfasst er seit einiger Zeit Genusskolumnen mit Rezepten – und die hat er jetzt als Buch herausgebracht.

Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Dressing draus versammelt die humorvollen Texte rund um kleine bis größere Experimente in der heimischen Küche, angefangen bei Rührei (wenn man nichts anderes mehr zuhause hat) über Tomatenmarmelade (ja, Marmelade) bis hin zu Roter Café-de-Paris-Butter für die ausgewiesenen Gourmets unter uns. Vermutlich könnt ihr das Buch immer noch in Häppchen lesen, weil ihr zwischendurch dringend an den Herd müsst, bevor euer Magenknurren die Nachbarn aufschreckt. Guten Appetit!

Gabriel Yoran: Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Dressing draus, Taschenbuch, 152 Seiten, 16 Euro. Erhältlich unter anderem hier.


Polizeimeldungen

  • Unfall: In der Nacht zu Samstag kam es zu einem Unfall mit einem Wagen eines 59-jährigen Mannes, der gegen 1.45 Uhr auf der Prenzlauer Allee Richtung Norden unterwegs war. Als er den Fahrstreifen wechseln wollte, stieß er mit dem Auto eines 34-Jährigen zusammen, der auf die Straße Am Prenzlauer Berg abbiegen wollte. Der PKW des 59-Jährigen überschlug sich daraufhin und landete auf dem Dach. Einsatzkräfte versorgten beide Männer vor Ort, die aber nur Hautabschürfungen davon trugen. Weil der ältere Mann vor seiner Fahrt Alkohol getrunken hatte und ein Test einen Wert von einer Promille ergab, musste er seinen Führerschein abgeben.

Tipps & Termine

  • 9.12.: Moritz von Eschersheim, Isobel Markus und Klaus Ungerer – letzterer Verleger der edition schelf – laden zu einem Abend mit Texten über die Liebe in die Lettrétage ein: „Der heutige Abend in der Bunten Kuh gehört der Zweisamkeit, der Sehnsucht nach ihr, ihren Widerhaken, Zwickmühlen und klemmenden BHs.“ Der Eintritt kostet 8 Euro.
  • 9.-11.12.: Die Geschichte von Prinz Hamlet von Dänemark ist den meisten von uns wahrscheinlich bekannt, zumindest in groben Zügen. Die Schaubude inszeniert „Der Fall Hamlet“ am Wochenende als intensives Puppenspiel. Beginn ist Freitag und Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 19 Uhr. Tickets kosten 16,50 Euro, ermäßigt 11,50 Euro.
  • 11.12.: Gerda sucht ihren Freund Kai, der in einem Schneegestöber verloren gegangen ist. Dabei trifft sie Prinzessinnen, Räuber und weise Frauen. Monika Staesche liest das Märchen „Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen live, begleitet von Musik und Bildern. Geeignet ist die Veranstaltung ab 7 Jahren. Beginn ist um 13.30 Uhr, der Eintritt kostet 7,50 Euro und 5,50 Euro ermäßigt.
  • 14.12.: Als Tamara Danz 1996 mit nur 43 Jahren starb, verstummte die Stimme der wichtigsten Rocksängerin der DDR. An ihrem Geburtstag stellt Wolfgang Martin sein Buch „Paradiesvögel fängt man nicht ein. Hommage an Tamara Danz“ im Pfefferberg Theater vor, auch die Musiker der Band Silly sind vor Ort. Tickets kosten 15 Euro im Vorverkauf und 17 Euro an der Abendkasse, Beginn ist um 20 Uhr.

Das habt ihr vielleicht verpasst

Zitat der Woche

„Die Frauen haben den Widerspruch gemerkt zwischen dieser staatlichen Propagierung der Gleichberechtigung, dass Frauen emanzipiert sind und die Gleichstellung erreicht ist, und dem, was sie alltäglich erfahren haben“

sagt Jessica Bock, Mitarbeiterin des Digitalen Deutschen Frauenarchivs. Emanzipation ja, Gleichberechtigung nein – vielleicht müssen wir das Narrativ über die DDR aktualisieren?

Aus dem Herbst 1989 zurück in den Winter 2022: Ich wünsche euch einen zauberhaften dritten Advent! Nächste Woche informiert euch Christina Heuschen über die Neuigkeiten aus dem Kiez.

Eure Julia Schmitz


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