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Prenzlauer Berg Newsletter #28 sucht das Drama

von Christina Heuschen 7. August 2022

Warum liebt Ghiath Al Mhitawi es, Filme zu drehen? Sind Zettel an Bäumen eine Ordnungswidrigkeit und wie viele Fahrräder wurden in diesem Jahr bereits als „vermisst” gemeldet? Die Nachrichten aus Prenzlauer Berg gibt es im Newsletter.


Egal ob im Bereich Schauspiel, Drehbuch oder Regie: Der Berliner Filmwelt mangelt es nicht an Nachwuchs, doch die Branche ist hart. Oft fehlt es an Kontakten oder der Finanzierung. Ghiath Al Mhitawi hat es dennoch gewagt. Seit 2019 wohnt er in Prenzlauer Berg und versucht, im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Mit seinem Kurzfilm „Return” feiert er erste Erfolge. Ich habe ihn für unsere Reihe „Leute aus dem Kiez” getroffen und mit ihm über seine Liebe zum Kino und sein Leben in Prenzlauer Berg gesprochen. Mehr dazu in unserem

Text der Woche

  • Porträt: Ghiath Al Mhitawi liebt Filme. Doch lange träumte er nur davon, mit ihnen Geschichten zu erzählen. Nach einigen Umwegen feiert er nun erste Erfolge.
  • Geschichte: Vom nassen Zentrum Prenzlauer Bergs zu einem der ruhigsten Orte des Stadtteils: Der Park am Wasserturm ist klein, aber sehr fein.

Kiezfoto der Woche

Gesehen in der Kastanienallee / Foto: Christina Heuschen

 

Aus dem Bezirk

  • Widerspruch: In Prenzlauer Berg schützt das Bezirksamt Bäume, die es fällen möchte, oder doch nicht? Der Streit um die Eschen in der Kniprodestraße wird immer kurioser: Denn weil dort ein neuer Schulweg entstehen soll, müssen 26 der 47 Bäume weichen. Die Initiative Pro Kiez Bötzowviertel wollte das nicht hinnehmen und hängte mit Tesafilm Protestflyer an die Eschen, das Bezirksamt reagierte mit einer Verwarnung wegen einer Ordnungswidrigkeit. Die Begründung: Mehrere Bäume seien durch den Tesafilm beschädigt worden. Doch durch eine Kleine Anfrage des Verordneten Axel Lüssow (Bündnis 90/Die Grünen) kam heraus, dass das Anbringen von Flugblättern gar kein Delikt darstellt: „Es handelt sich weder um eine Ordnungswidrigkeit noch um eine Straftat nach NatSchG Bln (Berliner Naturschutzgesetz) und/oder BaumSchVO (Verordnung zum Schutze des Baumbestandes im Land Berlin-Baumschutzverordnung). Der Baum wird durch das Signalband weder gestört, beschädigt oder irgendwie anders beeinträchtigt“, heißt es in der Antwort der zuständigen Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU). Und weiter: „Es liegen keine zu ahndenden Ordnungswidrigkeit vor. Diese Rechtsgrundlagen können nicht zum Aussprechen einer Verwarnung oder Verhängung eines Ordnungsgeldes herangezogen werden.“ Ob dem Bezirksamt einfach der Inhalt der Flyer nicht gepasst hat?
  • Kostenlose Nutzung: Öffentliche Toiletten stellen im Bezirk Pankow seit langem ein Problem dar: Es gibt nur wenige, meist müssen die Nutzer*innen dann auch noch dafür zahlen. Ab Mitte August können Berliner*innen nun zahlreiche öffentliche Toiletten kostenfrei aufsuchen. Für insgesamt 50 im Stadtgebiete verteilte Toiletten (eine Liste gibt es hier) entfalle ab dem 15. August für sechs Monate das Nutzungsentgelt, teilte die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz mit. Zusammen mit weiteren Anlagen stünden dann etwa 90 WCs kostenfrei zur Verfügung, in Prenzlauer Berg am Helmholtzplatz und am Falkplatz. „Die Nutzung von Toiletten ist ein Grundbedürfnis, deshalb ist eine kostenfreie Bereitstellung öffentlicher Anlagen grundsätzlich wünschenswert. Dazu bedarf es neben einer langfristigen Finanzierung über den Haushalt aber auch eines Nutzungsverhaltens, welches das ermöglicht. Wir erproben in den kommenden Monaten, welcher Weg gangbar ist“, erklärte Staatssekretär Markus Kamrad. Bereits jetzt gibt es in Berlin zahlreiche und kostenfreie Pissoirs. Aktivist*innen fordern jedoch schon lange, dass auch Frauen einen Zugang zu öffentlichen Toiletten haben, ohne dafür zahlen zu müssen. Die übrigen Berliner Toiletten sollen künftig nur noch bargeldlos nutzbar sein: Dort braucht man dann eine Kredit- oder Girokarte. Der Münzbetrieb der sanitären Anlagen werde vorerst eingestellt, um den Ausfall von Toilettenanlagen und Vandalismusschäden zu vermeiden. Seit Ende Dezember 2021 waren die Berliner Toiletten Ziel einer Einbruchserie, die hohe Geld- und Sachschäden verursacht hat.
  • Fahrraddiebstahl: Nicht nur Pankower*innen lieben ihre Fahrräder, sondern auch Diebe: Eine Anfrage des Abgeordneten Vasili Franco (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt, dass allein im Bezirk Pankow laut der polizeilichen Statistik im Jahr 2021 ganze 3.621 Fahrräder geklaut wurden; im aktuellen Jahr sind bereits 1.962 verschwunden. Meist bleiben sie das auch, denn die Aufklärungsquote ist niedrig. Wie die Senatsverwaltung mitteilt, nutzen die Täter*innen dafür in den überwiegenden Fällen weiterhin Bolzenschneider oder Trennschleifern. Aber auch Nagelscheren oder Schraubendreher würden genutzt, um die Schließmechanismen zu knacken. Um etwas dagegen zu unternehmen, gibt es seit dem zweiten Quartal 2020 die Koordinierungsstelle Fahrrad im Landeskriminalamt Berlin. Darüber hinaus führt die Polizei vor allem Präventionsmaßnahmen durch und hat die Präsenz an Diebstahl-Hotspots erhöht.

Polizeimeldungen

  • Stichverletzungen: In der Nacht zu Donnerstag wurde ein junger Mann in Prenzlauer Berg bei einer Auseinandersetzung mit einem Messer verletzt. Erste Ermittlungen ergaben, dass kurz vor 3 Uhr zwei Gruppen junger Menschen aus bisher nicht bekannten Gründen im Mauerpark in einen Streit gerieten, der zwischen einem 21-Jährigen und einem Jugendlichen zu Handgreiflichkeiten führte. Dabei soll der 17-Jährige den Älteren mit einem Messer verletzt haben. Alarmierte Rettungskräfte brachten den 21-Jährigen in ein Krankenhaus, wo die Stichverletzung am Oberkörper ambulant behandelt wurde. Den Tatverdächtigen nahm die Polizei auf einem nahegelegenen Spielplatz fest. Die Ermittlungen laufen noch.
  • Stichverletzungen II: Bereits in der Nacht zu Sonntag war ein 17-Jähriger durch Messerstiche verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, habe es nach seinen Angaben zunächst eine Auseinandersetzung mit einer größeren Gruppe im Mauerpark gegeben. Später hätten ihn Teile der Gruppe in der Kastanienallee erneut angegriffen. Der Jugendliche kam ins Krankenhaus, Lebensgefahr bestand laut Polizei nicht. Einsatzkräfte fanden in der Nähe des Tatortes das mutmaßliche Tatmesser und stellten es sicher. Nun wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
  • Unfall: In Prenzlauer Berg verursachte eine 32-Jährige am Wochenende mit einem E-Scooter einen Verkehrsunfall. Die Frau sei, gemeinsam mit einer 51-Jährigen, gegen 22.40 Uhr mit einem E-Scooter in der Schönhauser Allee unterwegs gewesen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Dann verlor die Fahrerin aufgrund einer abgesenkten Bordsteinkante die Kontrolle über den Elektroroller und stieß mit einem Auto zusammen. Die 51-jährige Mitfahrerin stürzte und verletzte sich schwer am Bein, Rettungskräfte brachten sie zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Laut Polizeiangaben ergab eine Alkoholkontrolle bei der Fahrerin einen Wert von rund 1,6 Promille.
  • Unfall II: Am Donnerstagmorgen zog sich eine 21-jährige Radfahrerin schwere Verletzungen zu, als sie gegen 6.30 Uhr auf dem Fahrradstreifen auf der Wisbyer Straße Richtung Schönhauser Allee fahrend von einem ebenfalls 21-Jährigen mit einem Van angefahren wurde, der aus der Talstraße kam. Die Frau erlitt Verletzungen am Rumpf und kam mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus.
  • Rassismus: Ein Beschäftigter eines Fahrdienstes soll einen Kunden am Samstagabend in Prenzlauer Berg rassistisch beleidigt und ihm die Mitfahrt verweigert haben. Als der 25-Jährige Mann nicht sofort aus dem Wagen ausgestiegen sei, habe der Fahrer ihm Reizgas ins Gesicht gesprüht. Laut Polizeiangaben entfernte sich der unbekannte Fahrer nach dem Angriff. Einsatzkräfte behandelten die Augenreizungen des Mannes vor Ort. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt hat die Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigung und gefährlicher Körperverletzung übernommen.

Tipps & Termine

  • 9.8.-3.9.: Film ab: Bis Ende September verwandelt sich der Innenhof des Campus für Demokratie der ehemaligen Stasi-Zentrale wieder zu einem Open-Air-Kino. Vier Wochen lang zeigt das Campus-Kino dann Filme zur DDR-Geschichte. Sie handeln von Repression, Revolution und Aufarbeitung. In diesem Jahre sind unter anderem „Bettina“, Schlöndorffs „Die Stille nach dem Schuss“ oder die Doku „Auswärtsspiel: Die Toten Hosen in Ost-Berlin“ zu sehen. Die Filme laufen immer dienstags, donnerstags und samstags, jeweils um 19:30 Uhr. Der Eintritt ist frei, die Anzahl der Sitzplätze jedoch begrenzt.
  • Donnerstags: Kater Kamillo kommt in die Schule, Arnold ist ein Superschaf und Oskar erforscht Insekten. Einmal in der Woche können Kinder ab drei Jahren in der Kurt-Tucholsky-Bibliothek fantasievollen Geschichten lauschen. Das Bilderbuchkino findet jeden Donnerstag um 16 Uhr statt. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Das habt ihr vielleicht verpasst

  • Bezirksamt: Die Umwidmung der Gleimstraße zur Fahrradstraße ist nur noch eine Frage der Zeit, hieß es jahrelang. Doch jetzt hat sich herausgestellt: Der entscheidende Schritt ist noch gar nicht getan.
  • Park-Porträt: Vom stinkenden Gasometer über die DDR-Vorzeigesiedlung zu einem grünen Ort zwischen Plattenbauten: Der Ernst-Thälmann-Park hat eine wechselhafte Geschichte.

Zitat der Woche

„Natürlich braucht es Drama, aber ich will nichts wiederholen. Ich überlasse meinen Kollegen diese Filme über die Menschen, die sich in ihren 30ern verloren fühlen und immer deprimiert sind“,

sagt Ghiath Al Mhitawi. Der Filmemacher möchte lieber über seine Erlebnisse und die anderer Syrer*innen erzählen. Es sei an der Zeit, dass sie ihre Geschichte selbst in Spielfilmen erzählen.

Nächste Woche berichtet euch meine Kollegin Julia Schmitz, was alles in Prenzlauer Berg passiert ist. Jetzt wünsche ich euch ein schönes Wochenende!

Eure Christina Heuschen
und die ganze Redaktion

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