Freudentaumel in der Gethsemanegemeinde

von Kristina Auer 29. Oktober 2017

In dieser Woche freuen wir uns mit ganz Prenzlauer Berg über die Freilassung von Peter Steudtner. Außerdem ziehen wir Bilanz aus einem Jahr AfD in der BVV und fragen: Bestandschutz oder kein Bestandsschutz?


Liebe Mitglieder und Abonnenten!

 

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„Herzlich willkommen“ steht auf den bunten Schildern vor der Gethsemanekirche – die Gemeinde und mit ihr ganz Prenzlauer Berg, ach was, ganz Deutschland freut sich über die Freilassung von Peter Steudtner! Nach Prozessbeginn in Istanbul am Mittwoch wurde am Abend überraschend bekannt, dass der Prenzlauer Berger Menschenrechtler aus der Untersuchungshaft entlassen wird – ohne Auflagen. Dem Tagesspiegel erzählten die Gemeindemitglieder von einem regelrechten „Glückstaumel„. Seit Donnerstagabend ist Steudtner wieder in Prenzlauer Berg angekommen. Auch wir sagen herzlich willkommen zurück!

In der PBN-Redaktion ging es diese Woche um ein einjähriges Jubliäum:  Während sich der neue Bundestag konstituiert und die Abgeordneten der AfD dort erstmals Platz nehmen, jährt sich in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung der Rechtsruck zum ersten Mal. Damals zogen die Verordneten bei Demonstrationen, Schildern und Buh-Rufen aus dem überfüllten Zuschauerraum in das Bezirksgremium ein.
Und heute? Was hat die AfD eigentlich gemacht in den vergangenen 12 Monaten Fröbelstraße? Wir haben Bilanz gezogen in unserem…

Thema der Woche: Ein Jahr Rechtsruck in der BVV

  • 1 Jahr AfD in der BVV Pankow: Polemik und Zurückhaltung – so ließe sich die politische Arbeit der AfD im Bezirk vielleicht ganz treffend zusammenfassen. Ein Jahr, sechs Anträge, 28 kleine Anfragen und einen Rausschmiss nach dem Einzug der Rechtspopulisten ziehen wir Bilanz.

Und was war sonst los in Prenzlauer Berg?

  • Verdrängung verhindern – aber wie?: Fragen wir uns, Euch und vor allem die Politik angesichts deren anhaltenden Schulterzuckens den unbeeindruckt steigenden Mietpreisen gegenüber. Immerhin eines klappt nach wie vor gut: „Das Thema Gentrifizierung eignet sich für Politiker exzellent zur Selbstdarstellung als unerbittliche Anti-Gentrifizierungs-Kämpfer“, wie meine Kollegin Kristina Auer schreibt.
  • Bestandsschutz oder kein Bestandsschutz? Das ist die Frage in der Immanuelkirchstraße 35. Mit dessen Wegfall begründet der Eigentümer die Zusammenlegung von Wohnungen im Milieuschutzgebiet – und kündigt den Mietern. Vor Gericht wird nun diskutiert, ob es Alternativen gäbe.

Kurznachrichten

  • Welcome-Tour durch den Kiez: Für alle Neu-Prenzlauerberger und solche, die es mal wieder sein wollen, bietet die Bibliothek am Wasserturm ab November kostenlose Kieztouren an. Die 90-minütigen Spaziergänge „zur Erstorientierung“ rund um das Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner werden anlässlich dessen 110. Geburtstags angeboten. Treffpunkt: Auf dem Hofgelände des Kultur- und Bildungszentrums Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228, Aufgang A.
    Termine: ab 2. November bis 22. Dezember 2017 jeden Donnerstag um16:30 Uhr auf Englisch und jeden Freitag um 10:00 Uhr auf Deutsch; ohne Anmeldung.
  • Gewerbeamt dicht: Passend zum Thema der Woche lässt der AfD-Stadtrat für Umwelt und öffentliche Ordnung Daniel Krüger verlauten, dass die Sprechzeiten des Pankower Gewerbeamtes in der Fröbelstraße 17, Haus 6, 10405 Berlin, am 6., 7. und 9. November aus krankheitsbedingten Gründen nicht stattfinden können.
  • Achtung, Clown: Zwar nicht Prenzlauer Berg, aber alarmierend: Wie die Berliner Zeitung berichtet, soll vergangene Woche in Weißensee ein Mann mit Clownsmaske versucht haben, eine Zehnjährige in sein Auto zu locken. Sie rannte davon, die Mutter erstattete Anzeige. Nun sollen vor Ort verstärkt Streifenwagen fahren.

 

*** Aus der Redaktion ***

Und, war hier nun früher alles besser? Schlechter? Oder vielleicht schlesser? Um jetzt weder in nostalgische Lamoryanz noch in pseudofreshen verbalen Aktionismus zu verfallen, haben wir einfach mal eine Umfrage erstellt:
War hier früher alles schlesser?
Und: Was soll sich ändern, was soll bleiben, wie es ist? Das könnt nur Ihr wissen, die Prenzlauer Berger – egal, ob Ihr seit zwei, zwanzig oder fünzig Jahren hier lebt. Aus Euren Antworten werden wir die drei Themen basteln, die von Euch als wirklich heißer Stoff gehandelt werden. Und nur Ihr, unsere Abonennten, dürft anschließend darüber abstimmen, was wir letztendlich recherchieren.
Also: Bitte hier entlang zur Umfrage.

*** Den Blick in die PBN-Redaktion bekommt nur Ihr, unsere Abonnenten ***

 

Unsere Fundstücke für Prenzlauer Berg:

  • Die Straße der geplatzten Kiezträume nennt sie der Berliner Kurier: „Die guten Zeiten der Kastanienallee sind vorbei“, schreibt Stefan Strauß. Wo früher das einheimische Leben tobte, bleibe heute die Kundschaft aus. Viele alteingesessene Läden würden nach und nach schließen.
  • Mit Kiezen ist es wohl ein wenig wie mit dem eigenen, ganz objektiv immer allersüßesten Kind der Welt: „Jeder wohnt immer im besten aller Kieze“, schreibt Lisa Steiner in der Berliner Zeitung. Und klagt über die anstrengenden Aspekte des Hyperlokalpatriotismus und des Umstands, in einem „vorbelasteten“ Kiez zu wohnen. (Welchem? Jenauestens.)
  • Nun ist unser aller Mutti schon wieder im Bundestag und mittlerweile dermaßen eins mit ihrem Amt, dass wir manchmal vergessen: Auch die Bundeskanzlerin hat mal klein angefangen. Genauer: In der Marienburger Straße. Im Deutschlandfunk erinnert sich der frühere DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke an den Herbst ’89, als Angela Merkel in das Büros des „Demokratischen Aufbruchs“ kam uns fragte, ob sie „hier irgendwie mitmachen“ könne.
  • „Vom Post-Punk-Derwisch und Kreuzberger Vorzeigejunkie über den Autor großer Liebeslieder und versauter Romane bis zum fast religiös verehrten Schmerzensmann“, fasst die Morgenpost die Karriere Nick Caves zusammen. Und freut sich über dessen „absurd gutes“ Konzert in der Max-Schmeling-Halle.

Kriminelles und Unschönes aus dem Kiez:

  • Aus der Reihe „Einbruch – wie man garantiert auffliegt„: Nachdem eine Frau am Mittwochnachmittag in ihrer Wohnung in der Choriner Straße einen Einbruch feststellte, kombinierte sie schnell: Der Mann, der ihr kurz zuvor im Hausflur “ mit technischen Geräten im Arm“ entgegen kam, könnte das nicht… Und so war es. Mit Hilfe von Passanten konnte sie den Mann noch in der Choriner Straße einholen und in polizeiliche Obhut geben. Die Olsenbande war schon immer schlauer und hielt stets das passende Fluchtfahrzeug bereit. Egon, wat haste uns nich allet jelernt!
  • 6795 Knöllchen verteilte die Polizei bei ihrer Verkehrsaktion gegen Falschparker mit BVG und Ordnungsamt in der vergangenen Woche. Ob dadurch jetzt weniger motorisierte Kloppis den Radweg auf der Schönhauser als den geeignetsten aller Parkplätze erachten? Wir lassen uns überraschen.

Diese Berliner Themen sind wichtig für uns:

  • Großer Aufreger in der vergangenen Woche: Die Obdachlosen. Immer mehr von ihnen campieren in der Stadt. Die Verdrängung der Wohnungslosen aus dem Tiergarten hat das Problem allerdings nicht gelöst, sondern nur in andere Bezirke verschoben. Und nun? Fordern immer mehr Bezirkspolitiker eine berlinweite Strategie, schreibt der Berliner Kurier.
  • Zwar noch nicht wohnungslos, aber fast: Auch viele Berliner Studis können sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten, berichtet die taz. Aber: Es kommen zunehmend auch jene, die sie sich leisten können. Und so drohe eine soziale Spaltung innerhalb der Studentenschaft.
  • Die bräuchten allerdings wirklich keine Höhlendecke mehr über dem Kopf: tote Tiere. Da sich aber immer mehr Menschen mit denen ungern einkleiden, poppen überall in der Stadt vegane Modeläden aus dem Kopfsteinpflaster. Die Morgenpost berichtet über den Vegan-Boom außerhalb des Kühlregals.

 

Herbst in Prenzlauer Berg:

Ja, so sonnig-sportlich kann der Kiezherbst daherkommen – hier vorm Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Dank an unseren Leser – wir vermuten, das Foto ist mindestens beim Joggen entstanden. Wenn auch Ihr sportlich in der Hood unterwegs seid, postet Eure Schnappschüsse gern in unserer neuen Facebook-Gruppe.

Termine und Tipps:

  • Sonnabend, 28. Oktober: Die Brotfabrik Weißensee lädt zur „Langen Nacht der poetischen Prosa„. Ab 19:30 Uhr zeigen 20 Autor*innen, dass nicht nur Lyrik poetisch sein, sondern auch Prosa mit „Alternativen zum Romanstandard“ aufwarten kann. Die Einnahmen werden gänzlich der Gemeinschaftsunterkunft in der Treskowstraße 15-16 in Berlin-Heinersdorf zugute kommen.
  • Donnerstag, 2. November: Im Dock11 wird um 19 Uhr das Tanzstück „Movement Episodes“ uraufgeführt, das die Arbeit dreier Choreographen in drei Kurzstücken vereint. Weitere Vorstellungen: 3. und 4. November um 19 Uhr sowie am 5. November um 18 Uhr

Das habt Ihr vielleicht verpasst:

  • Einer der Ersten geht: Ende des Monats schließt Dominikus Murr sein Geschäft in der Danziger Straße 55. Das Haus wurde im Sommer verkauft. Weil eine baldige Mieterhöhung wahrscheinlich ist, sucht sich Murr lieber einen neuen Laden.
  • Autofreie Eberswalder Straße? Schon jetzt kämpfen vor allem an Sonntagen Fußgänger, Radler und Autofahrer um ihren Platz vor dem Mauerpark. Die Bauarbeiten für den Stauraumkanal werden die Situation noch verschärfen. Bezirkspolitiker fordern mehr Verkehrssicherheit.

Unser Zitat der Woche:

  • „Die allermeisten Altbaufassaden haben überhaupt keine Schäden.“

Das sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Äußerst interessantes Statement angesichts von modernisierungswilligen Eigentümern in Auftrag gegebener Gutachten, die der Bezirk wegen Personalnotstand nicht prüft, sondern abnickt.

So, und jetzt schnell ab ins wohlverdiente Wochenende – wir hoffen, es wird auch für Euch ein Langes! Allen Halloween-Freunden wünschen wir viel Spaß beim alljährlichen Kunstblut-Schminken – und allen anderen ihre Ruhe. Was auch immer auf Euch zutrifft: Habt es gut!

Eure Constanze Nauhaus & die ganze Redaktion

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