Mein Freund der Baum?

von Redaktion 14. Februar 2022

Die für das Grünflächenamt von Pankow zuständige Stadträtin feiert auf Twitter die Pflanzung eines Baumes – und lässt gleichzeitig an anderer Stelle 21 Weiden fällen. Das stößt auf Protest.


Vermutlich könnten wir fast jede Woche einen neuen Text über Bäume in Prenzlauer Berg schreiben: Aus unterschiedlichen Gründen müssen regelmäßig einige von ihnen gefällt werden, ab und zu werden auch welche nachgepflanzt. Aber bitte nur von offizieller Seite, sonst gibt es Ärger mit dem Bezirksamt – wie Mieter*innen in der Wohnstadt Carl Legien kürzlich feststellen mussten. Weil in der Heinrich-Mann-Straße im Dezember ein Baum von Unbekannten entfernt wurde, pflanzte die für das Straßen- und Grünflächenamt zuständige Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) vergangene Woche publikumsträchtig an gleicher Stelle einen neuen Baum.

Und wird im selben Moment für ihren Umgang mit dem Stadtgrün scharf angegriffen. Wie wir vergangene Woche im Newsletter berichteten, sollen in der Seelower Straße nämlich gleich 21 Weiden gefällt werden, weil sie eine Gefahr für den Verkehr darstellen. „Obwohl sie äußerlich noch sehr gesund wirken, sind die Bäume durch Fäule an Schnittstellen, Stämmen und Stammfüßen stark geschädigt. Da es kein Heilmittel und keine Bekämpfungsmöglichkeit gegen diese Fäulnis gibt, bringt sie die Weiden unaufhaltsam zum Absterben“, teilte das Bezirksamt mit. Eine Fällung der Bäume sei deshalb unumgänglich. In der Baumfällliste, die das Straßen- und Grünflächenamt regelmäßig veröffentlicht, ist hingegen noch von zehn Bäumen die Rede.

 

„Nicht nachvollziehbar“

Der Abgeordnete Andreas Otto (Bündnis 90/Die Grünen) betrachtet die Gründe als vorgeschoben: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass 21 Bäume auf einen Schlag nicht mehr standsicher sein sollen. Ich fordere, dass ein unabhängiger, vereidigter Sachverständiger die Bäume begutachtet und dass diese Gutachten unverzüglich veröffentlicht werden. Vorher dürfen keine Bäume gefällt werden, die noch standsicher sind.“

Sein Parteikollege Axel Lüssow, Bezirksverordneter in Pankow, sieht das genauso. Die zuständige Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) unterlaufe mit ihrer Entscheidung den Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), die genau dieses Gutachten fordere, sagt er. Bereits in der Vergangenheit habe das Pankower Grünflächenamt Fällabsichten zurückstellen müssen, weil fachliche Zweifel an amtsinternen nichtöffentlichen Gutachten nicht vereidigter Sachverständiger im Raum gestanden hätten.

 

Vollständige Nachpflanzung erst im Herbst

Für Andreas Otto war noch ein weiterer Faktor entscheidend für seine Kritik: Die geplanten Ersatzpflanzungen. „Pflegeintensive schattenspendende Bäume zu fällen und durch pflegearme ‚Bonsai‘ zu ersetzen, widerspricht allen Bemühungen, den Bezirk an die Folgen des Klimawandels anzupassen.” Die Ersatzbäume müssten jedoch durch ihre Schattenwirkung dazu beitragen, dass künftige Hitzesommer für die Anwohner*innen erträglich bleiben. Die vom Bezirk zukünftig vorgesehenen schmalkronigen Baumarten leisten diesen Beitrag nicht, sagt Otto.

Zunächst werden insgesamt 15 Feldahorne und Stieleichen nachgepflanzt; die restlichen Bäume – hitzebeständige Amberbäume – können aufgrund mangelnder Verfügbarkeit erst im Herbst geliefert werden. Der Protest gegen die Fällung der 21 Weiden kommt allerdings zu spät: Die Bäume mussten an diesem Montag bereits dran glauben.

 

Titelbild: Gefällte Bäume in der Seelower Straße / Foto: Julia Schmitz


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