Mauerpark

Kinder oder Klimaschutz

von Julia Schmitz 31. März 2022

Im Mauerpark und an der Werneuchener Wiese sollen etliche Bäume gefällt werden – angeblich für die Sicherheit der Kinder. Spielt der Bezirk hier zwei Themen gegeneinander aus?


Der öffentliche Spielplatz an der Jugendfarm Moritzhof ist einer der quirligsten und beliebtesten Orte Prenzlauer Bergs, bei schönem Wetter tummelt sich hier der Nachwuchs im Sandkasten und an der Kletterwand, Besucher*innen sitzen im Schatten der Bäume. Doch das ist vielleicht demnächst nicht mehr möglich: Das Pankower Straßen- und Grünflächenamt will nämlich sieben Pappeln im nördlichen Teil des Mauerparks fällen – und dass, obwohl diese laut Gutachter*innen völlig gesund sind und eine weitere Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren hätten.

Der Grund für die anvisierte Entfernung der Bäume ist deren eifrige Wurzelbildung, die immer wieder für „Blasen“ im Asphalt und dadurch entstandene Stolperfallen sorgt. Das passt nicht zusammen mit der Errichtung eines Zugangs zum Neubauviertel auf Weddinger Seite und der Erweiterung des Spielplatzes, die im Rahmen der Sanierung des Mauerparks geplant sind und im Herbst 2022 begonnen werden sollen.

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Zwei Varianten möglich

Das Straßen- und Grünflächenamt muss deshalb nun zwischen zwei Varianten auswählen: Der Abholzung der Bäume und der vorgesehenen Umgestaltung des Geländes inklusive Neupflanzung von Säuleneichen – oder dem Erhalt der Pappeln und deren Einzäunung, um Unfälle zu vermeiden. In letzterem Fall sei eine Vergrößerung der Spielplatzfläche und eine sichere Querung allerdings nicht mehr möglich, heißt es seitens der zuständigen Grün Berlin GmbH.

Mauerpark

Streit um sieben Pappeln im Mauerpark / Foto: Julia Schmitz

Hier würden Kinder gegen Klimaschutz ausgespielt, ärgert sich Alexander Puell von den Freunden des Mauerparks. „Ich kann es nicht verstehen, warum gesunde Bäume gefällt werden sollen, während regelmäßig tausende Menschen auf die Straße gehen, um für eine andere Klimapolitik zu demonstrieren“, sagte er am Dienstag in der Sitzung des Ausschusses, der für Klimaschutz, Grünanlagen und Spielplätze zuständig ist. Die Initiative hatte mit Bürger*innen bereits eine Möglichkeit erarbeitet, welche die verschiedenen Interessen berücksichtigt: „Die Pappeln könnten erhalten und der Zugang für die neuen Anwohner*innen im Wedding ein paar Meter weiter südlich angelegt werden.“

Doch die Verantwortlichen winken ab. So gesund seien die Pappeln gar nicht, weshalb die Wurzeln auch durch die Betondecke brechen würden. Ließe man nur zwei von ihnen fällen, würden die verbliebenen Bäume mit starkem Wurzelwuchs reagieren und das Problem bestünde weiter. Mit pflegeleichteren Stieleichen würde das nicht passieren: „Wir werben dafür, nicht an alten Zöpfen zu hängen, sondern nachhaltige Bäume zu pflanzen, die eine hohe Lebensdauer haben“, so ein Sprecher der Grün Berlin. Auch der Zugang zum Park könne nur geringfügig verlegt werden, da sich die Benutzer*innen sonst eigenmächtig Abkürzung suchen würden, die dann vermutlich nicht verkehrssicher seien. In diesem Fall könnte die Grün Berlin, käme es zu Unfällen, haftbar gemacht werden.

 

Wird an der Werneuchener Wiese doch gefällt?

Das Pankower Straßen- und Grünflächenamt scheint in den vergangenen Monaten große Freude am Einsatz von Kettensägen zu haben; erst kürzlich hatte die zuständige Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) den Unmut der Bevölkerung auf sich gezogen, als sie in der Seelower Straße gleich alle zwanzig Straßenbäume entfernen ließ. Und auch im östlichen Prenzlauer Berg gehen Bürger*innen derzeit auf die Barrikaden, um Bäume zu schützen: Auf der Werneucher Wiese an der Kniprodestraße sollen 26 Eschen entfernt werden, um den Weg zu der auf zehn Jahre Nutzung ausgelegten Schuldrehscheibe zu ebnen, die demnächst gebaut wird – auch diese Bäume hätten, laut eines Gutachtens von Mai 2021, noch eine Lebensdauer von 30 Jahren.

Die Diskussion um die Fällung der Bäume ist laut ProKiez Bötzowviertel längst beendet gewesen; das Bezirksamt hatte entschieden, das der Zugang zu den Gebäuden nicht mehr über die stark befahrene Kniprodestraße, sondern über die Margarete-Sommer-Straße erfolgen soll. Der von Bäumen gesäumte Weg müsste dann nicht mehr zwingend planiert werden. „Die Pläne schienen vom Tisch, wurden jetzt aber aus der Schublade hervorgeholt – ohne die Anwohner*innen zu informieren“, schreibt die Initiative in einer Stellungnahme an das Bezirksamt.

 

Mit Bäumen kein offizieller Weg

Doch weil die Schüler*innen aus allen Richtungen des Bezirks kommen, brauche es auch einen Weg entlang der Kniprodestraße, heißt es seitens des Bezirksamtes – auch hier wird das Argument mit der Verkehrssicherheit vorgebracht, die bei einem Trampelpfad nicht gegeben sei. Für einen klassischen Gehweg gelten Regeln, unter anderem muss eine stabile Gehwegdecke errichtet werden, für die tief in den Boden gebohrt wird. „Dort sind aber nunmal die Baumwurzeln.“

Sollen die Bäume erhalten bleiben, wird es also in Zukunft nur Trampelpfade geben; soll es einen offziellen Weg geben, müssen die Bäume weichen. Anders als im Mauerpark muss an der Werneuchener Wiese diesbezüglich schnell eine Entscheidung fallen: Die vom Senat bereitgestellten Fördermittel verfallen sonst.

Titelbild: Julia Schmitz

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