Mauerpark

Schluss mit Schlamm

von Julia Schmitz 18. März 2021

Auf der einen Seite frischer Rollrasen, auf der anderen Seite Dreck, Pfützen und Abfall: Spätestens mit der Erweiterung wurde deutlich, dass auch die alte Fläche des Mauerparks dringend überarbeitet werden muss. Was ist geplant?


„Wird der Mauerpark weiter seine international bekannte Stellung als Symbol des Falls des Eisernen Vorhanges behalten, oder eher ein Vorgarten werden?“ – „Was haben Sie sich für den größten Schandfleck des Mauerparks, den Gleimtunnel, vorgenommen?“ – „Wie soll Nachhaltigkeit mit den enormen Menschenmassen an Sonntagen kompatibel sein?“ – „Der Mauerpark ist kein Park wie jeder andere – er muss Ort des Zusammenkommens, Ort des freien Denkens und der Kultur bleiben!“

Bei Diskussionen über den Mauerpark laufen die Gemüter in Windeseile heiß. Die einen bangen um einen vielgeliebten kulturellen Freiraum, die anderen beschweren sich über den zunehmenden Lärm und die überquellenden Mülleimer. Wohl kein Ort in Prenzlauer bietet so viel Potenzial – vor allem für Konflikte. Seit der Park im vergangenen Juni auf die doppelte Fläche angewachsen ist und im neuen Bereich mit sattgrünem Rollrasen, einem nigelnagelneuen Spielplatz und frisch gepflanzten Bäumen glänzt, wurde der „alte“ Teil des ehemaligen Grenzstreifens zur räudigen Fläche aus Trampelpfaden, Schlammpfützen und Unkraut.

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Dem Begriff „Wiese“ gerecht werden

Dagegen will die Grün Berlin Stiftung, die neben dem Straßen- und Grünflächenamt für die Pflege des Areals zuständig ist, gemeinsam mit dem Bezirk Pankow nun angehen: In einer öffentlichen Informationsveranstaltung stellten die Verantwortlichen am Mittwoch die ersten groben Pläne für die Umgestaltung vor, die unter dem Arbeitstitel „Qualifizierung alter Mauerpark“ läuft. Die Ergebnisse stammen unter anderem aus einer Bürgerbeteiligung Anfang 2019. Priorität haben dabei zum einen die Wiederherstellung der großen Liegewiese in einen Zustand, der dem Begriff „Wiese“ auch gerecht wird, sowie die Sanierung des Sonnenhügels; hier sollen Hecken und Bäume gepflanzt und, ebenso wie auf der Wiese, eine regelmäßige Bewässerung gewährleistet werden.

Überdies ist geplant, die Trampelpfade, die auf den Hügel hinaufführen, zu befestigen und barrierefrei zu gestalten, auch eine zusätzliche Beleuchtung am Eingang Bernauer Straße ist im Gespräch. Und was ist mit den Musiker*innen, die vor allem am Sonntag den Park in eine Open-Air-Bühne verwandeln und damit in der Vergangenheit schon mehrmals für handfesten Streit unter den Anwohner*innen gesorgt haben? Ein Thema, das während der Infoveranstaltung immer wieder in den Kommentaren aufgegriffen, aber von den Organisator*innen geschickt umgangen wurde.

Mauerpark

Der Park leidet unter „Übernutzung“ – hier ein Bild aus der Zeit vor der Pandemie / Foto: Julia Schmitz

 

Früher Todesstreifen, heute Spielplatz

Doch die Neugestaltung des Mauerparks erstreckt sich nicht allein auf den vorderen Teil in Höhe des Amphitheaters, auch der Bereich von Birkenwäldchen und Jugendfarm Moritzhof sowie der Falkplatz sollen schöner werden. Verschwinden sollen unter anderem die Pfützen, die den Spaziergang zu den Tieren zu einem nassen Hindernisparcours machen sowie der Wildwuchs aus Hecken am Falkplatz. Nur versetzt wird hingegen der Regenbogenspielplatz, und zwar, wenn es nach der Grün Berlin Stiftung geht, um ein paar Meter nach Osten an den Rand des Falkplatz – genau auf den Flecken Erde, auf dem zu DDR-Zeiten ein Grenzturm stand. Wo früher Soldaten sicherstellten, dass niemand unbefugt über die Mauer kletterte, sollen später Kinder über das bunt bemalte Klettergerüst hüpfen.

Die Freunde des Mauerparks e.V. befürworten generell, dass es eine Bürger*innenbeteiligung gibt, sehen einige Punkte aber kritisch:

Viele von den Vorschlägen möchten wir nicht mittragen. Den geplanten Kahlschlag der Hecken am Falkplatz zum Beispiel können wir nicht gutheißen. Die Heckenbereiche sind für die Flora und Fauna essenziell und benötigen deutlich mehr Rücksichtnahme. In Zeiten von Klimakrise und Artensterben wäre es ein großer Fehler, so unsensibel gegen die Natur in der Stadt vorzugehen

sagt Vorsitzender Alexander Puell. Auch die vorgesehene Glättung des Kopfsteinpflasters auf der Schwedter Straße, die im Zuge der Barrierefreiheit erfolgen soll, hat seiner Meinung nach nicht nur Vorteile: Sie könnte dazu führen, dass Radfahrer mit erhöhter Geschwindigkeit durch den Park fahren und Fußgänger*innen gefährden. „Das Kopfsteinpflaster ist außerdem ein historisches Element im Mauerpark, das erhalten werden muss“, so Puell.

 

Bürger*innen dürfen mitreden

Es sind zahlreiche Ideen, die die beauftragte Henningsen Landschaftsarchitekten Part GmbH mit der Grün Berlin Stiftung entwickelt hat. Welche davon letztendlich wie umgesetzt werden, wird jedoch nicht hinter verschlossenen Türen, sondern mit den Anwohner*innen und Nutzer*innen des Mauerparks diskutiert: Am 13. April findet ein erster digitaler Workshop statt, weitere Workshops sind für Mai und Juni geplant. Ab 2022 beginnt dann die konkrete, schrittweise Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen; die benötigten 5,15 Millionen Euro werden durch das Programm „Zukunft Stadtgrün“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen finanziert.

Für Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) ist schon jetzt klar, was dabei am wichtigsten ist: „Der Mauerpark war schon immer ein Projekt der Bevölkerung. Deshalb wünsche ich mir, dass er nicht zuerst als Grünanlage entwickelt wird, sondern als der Freiraum, der er immer war.“

 

Titelbild: Sophie Regel

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