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Prenzlauer Berg Newsletter #33 hat dringende Bedürfnisse

von Christina Heuschen 18. September 2022

Warum sind Fußgänger*innen oft machtlos? Wieso stellen die öffentlichen Toiletten in Prenzlauer Berg ein Problem dar? Und wie geht es weiter im Kampf um die Eschen in der Kniprodestraße? Die Nachrichten der Woche könnt ihr im Newsletter nachlesen.


Was haben Gehwege und Toiletten gemeinsam? Auf den ersten Blick vielleicht nicht sehr viel, schaut man genauer hin, zeigt sich, dass sie das Miteinander in Prenzlauer Berg beeinflussen. Wer im Stadtteil auf dem Gehweg unterwegs ist, kommt regelmäßig mit Fahrrädern und E-Rollern in Kontakt oder muss aufpassen, nicht über eine der zahlreichen Unebenheiten auf dem Boden zu stolpern. Auch Menschen, die eine öffentliche Toilette suchen, stehen häufig vor einem Problem. Im Bezirk gibt es davon nämlich nicht sehr viele – und die meisten sind kostenpflichtig. Wir haben uns im Rahmen unseres Schwerpunktes zum Thema Mobilität für euch die Situation in Prenzlauer Berg genauer angeschaut in den

Texten der Woche

  • Zu Fuß unterwegs: Sie sind die größte Gruppe im Straßenverkehr und doch oftmals machtlos: Die Fußgänger*innen in Berlin. Roland Stimpel, Landessprecher des Fuss e.V., über Zebrastreifen, Fahrradstraßen und das Versäumnis der Verkehrsministerin.
  • Toilettensuche: Wohin, wenn die Blase drückt? Öffentliche Toiletten sind in Prenzlauer Berg Mangelware – vor allem für Frauen. Bezirk und Senat machen jetzt erste Schritte, um das zu ändern.

Was sonst noch los war

Kiezfoto der Woche

Wie können wir Lokaljournalismus besser machen? Vergangene Woche war die Prenzlette für einen Workshop an der Ostsee – bei diesem zauberhaften Haus. / Foto: Julia Schmitz

 

Aus dem Bezirk

  • Baumfällungen: Dass das Bezirksamt 26 Eschen an einem Weg entlang der Kniprodestraße fällen will, um dort einen neuen Weg betonieren zu können, hat mittlerweile überregionale Kreise gezogen; sogar das Satire-Magazin Extra3 des NDR griff das Thema vor Kurzem in einem Video auf. Die Bürgerinitiative ProKiez Bötzowviertel will sich mit der Entscheidung der Bezirksverordneten nicht zufrieden geben und wirft den Politiker*innen gleich mehrere Punkte vor: Diese missachteten das Berliner Mobilitätsgesetz, das besage, dass bei Maßnahmen im öffentlichen Straßenland der „Erhalt und die Ausweitung des Bestandes von Bäumen, Sträuchern, Grün- und Blühstreifen sowie nicht versiegelter Flächen“ vorsehe. Außerdem liege in dem von der EU kofinanzierten Förderungsprogramm, aus dessen Mitteln auch die Umbaumaßnahme an der Kniprodestraße finanziert werde, ein Schwerpunkt auf Klimaschutz und Klimaanpassung. Dieser werde bei einer Fällung von mehr als zwei Dutzend größtenteils gesunden Bäumen übergangen, heißt es. Noch im August 2021 hatte das Bezirksamt versichert, dass lediglich ein Baum gefällt werden müsse; im Frühjahr 2022 war die Zahl plötzlich auf 26 angewachsen und umfasste damit alle Eschen an der Allee. Nachdem Anwohner*innen mit an die Bäume geklebten Zettel gegen die Fällung protestierten, mussten sie sogar ein Verwarngeld von 50 Euro zahlen. Begründung: Der Tesafilm habe zur „Beschädigung der geschützten Bäume“ geführt. Ein Einwohnerantrag soll die Verantwortlichen nun doch noch umstimmen, mehr als 1.400 Unterschriften kamen dafür zusammen, 1.000 mussten es mindestens sein.
  • Neubau: Die „Pyramiden von Prenzlauer Berg“ wird es wohl vorerst nicht geben: Das ambitionierte Neubauprojekt auf dem Gelände des Alten Schlachthof an der Grenze zu Friedrichshain entspricht nicht dem aktuellen Planungsrecht, zitiert der Tagesspiegel Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD). Christoph Meyer, Eigentümer der ARGO Properties N.V., hatte vor kurzem zusammen mit Architekt Christian Langhof die Pläne für das Grundstück auf der Eldenaer Straße 42-44 im bezirklichen Ausschuss für Stadtentwicklung präsentiert. Auf der vollständig versiegelten Fläche mit einer Größe von 11.700 Quadratmetern wollten sie zwei pyramidenförmige Gebäude bauen, deren Terrassen, Dächer und Fassaden auf einer Fläche von über 9.000 Quadratmetern fast vollständig begrünt sind. „Allein dieses Grün wird für die Nachbarschaften einen nachhaltig kühlenden Effekt bringen”, so Architekt Langhof. In den beiden Häusern sollten Gewerbe, Kultur und soziale Angebote wie Kindertagesstätten und Arztpraxen Platz finden; mittels Photovoltaik, Geothermie und Windenergie sollten 35 Prozent des benötigten Stroms, 37 Prozent der Wärme und 35 Prozent der Energie für Kühlung erzeugt werden. Stadträtin Tietje zeigte sich von den Plänen zwar beeindruckt, sah aber vor allem die Hürden, die für ein solches Vorhaben zu umgehen seien. Pankow hat bereits jetzt mit der Umsetzung von anderen Bebauungsplänen zu kämpfen, vor allem der Personalmangel spielt diesbezüglich eine Rolle. Auch der Denkmalschutz könnte dem Vorhaben einen Riegel vorschieben: Auf dem Gelände am Alten Schlachthofs befinden sich zwei Hammelställe und eine Verwaltungsvilla, die erhalten werden müssen.
  • Späti: Er ist Supermarkt, Treffpunkt, Bäckerei, Drogerie und Poststelle in einem: Der Spätkauf ist fester Bestandteil der Berliner Kiezkultur und versorgt die Menschen in der Umgebung. Nun widmete der Abgeordnete Roman-Francesco Rogat (FDP) ihm sogar eine Schriftliche Anfrage. Rogat wollte vom Senat wissen, wann dieser plane, Spätverkaufsstellen gewerberechtlich zu definieren und diese in das Berliner Ladenöffnungsgesetz (BerLadÖffG) aufzunehmen. Doch für Spätis gelten die Ausnahmen nicht ohne Weiteres: „Der typische Berliner ‚Späti‘, der die Umgebung allgemein und unspezifisch versorgt, unterfällt nicht der Ausnahmeregelung des §4 BerlLadÖffG“, erklärt Alexander Fischer von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Warensortiment der Spätis ausschließlich in einen der gesetzlichen Ausnahmetatbestände fiele – dazu zählen beispielsweise Verkaufsstellen, die ausschließlich Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften oder Back- und Konditorwaren anbieten. Spätis jedoch verkaufen meist Getränke und Tabakwaren, gelegentlich aber auch Zeitschriften und Lebensmittel sowie Dinge des täglichen Bedarfs – wie in einem gewöhnlichen Supermarkt. Öffnen dürfen die meisten Besitzer*innen ihre Geschäfte laut Gesetz am Sonntag daher nicht. Dennoch gehen einige das Risiko ein. In den letzten fünf Jahren wurden im Bezirk Pankow insgesamt 593 Bußgeldbescheide, weil gegen das Ladenöffnungsgesetz verstoßen wurde.
  • Gewürdigt: Jahrzehntelang hat Michael Unger sich für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen eingesetzt. Nun wurde die Ikone der ostdeutschen Schwulenbewegung für seinen Einsatz mit der Pankower Bezirksmedaille 2022 geehrt. 20 Jahre lang hatte Unger als Geschäftsführer den Berliner Sonntagsclub, einen bekannten Veranstaltungs-, Informations- und Beratungszentrum für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* in der Greifenhagener Straße Ecke Erich-Weinert-Straße in Prenzlauer Berg geleitet. Er war es auch, der half, den Berliner Christopher Street Day zu einer der bekanntesten Großveranstaltungen Berlins zu machen. Auch die erste „Internationale Queer-Konferenz” in der Stadt organisierte er mit. Bezirksbürgermeister Sören Benn und der Bezirksverordnetenvorsteher Oliver Jütting überreichten ihm dafür auf dem Jahresempfang des Bezirksamtes und der Bezirksverordnetenversammlung Pankow die Medaille. Wir gratulieren herzlich!
  • Verdreckt: Die amtlichen Lebensmittekontrollen in Pankow haben in den Restaurants des Bezirks schwere bis schwerwiegende Hygienemängel nachgewiesen, zahlreiche Restaurants erhielten gerade einmal ein „ausreichend“ oder wurden sogar mit „nicht ausreichend“ bewertet. Aber welche Konsequenz hat das für die Betriebe? Die Verordnete Stephanie Wölk (SPD) fragte beim Bezirksamt nach. Demnach erhalten Betriebe Auflagen, wenn Verstöße festgestellt werden und entsprechende Auflagen mit Terminsetzungen, bis wann Mängel abgestellt sein müssen. „In besonders schweren Fällen wird eine Betriebsschließung oder Teilschließung (Beschränkung des Angebots) im Sofortvollzug angeordnet und erst nach Abstellung der Mängel und Nachkontrolle durch die Veterinär- und Lebensmittelüberwachung darf der Betrieb wieder öffnen“, erklärt die Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki. Gleichzeitig würden je nach festgestelltem Verstoß Straf- oder Bußgeldverfahren gegen die Verantwortlichen eröffnet und durchgeführt. Das Pankower Smiley-System solle zudem Verbraucher*innen Hygienemängel offen legen.
  • Mobil: Unter dem Motto „Pankow in Bewegung“ finden bis zum 22. September 2022 an vielen Orten im Bezirk kostenfreie Veranstaltungen, lokale Bewegungsfeste und Aktionen für alle Altersgruppen statt. „Wenn wir uns mehr mit dem Fahrrad oder zu Fuß fortbewegen, dann ist das gut für unsere Gesundheit, die Umwelt und das Stadtklima – es macht unsere Kieze lebenswerter“, sagt die Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit Cordelia Koch (Grüne). Die Veranstaltungen werden im Rahmen der kommunalen Gesundheitsförderung in Kooperation mit Initiativen, Vereinen und Stadtteilzentren organisiert und finden während der Europäischen Mobilitätswoche statt.

Tipps & Termine

  • Digital: Wie sah Berlin eigentlich in den 60er, 70er und 80er Jahren aus? Die neue Folge der Doku „Berlin wie es einmal war“ des rbb nimmt Zuschauer*innen mit auf eine Zeitreise und zeigt Aufnahmen aus den alten Stadtbezirken Prenzlauer Berg und Pankow – von der Schönhauser Allee, dem Zeiss-Großplanetarium oder dem Wochenmarkt in Pankow.

Das habt ihr vielleicht verpasst

  • Verkehrswende: Erst Fahrradstraße, dann Flaniermeile mit ganz viel Platz für Fußgänger*innen: So stellt sich die Fraktion der Pankower Grünen die Stargarder Straße der Zukunft vor.
  • Lokalpolitik: Die Bezirksverordnetenversammlung ist aus der Sommerpause zurück. Worüber hat sie diskutiert, was hat sie beschlossen? Wir haben die Zusammenfassung.

Zitat der Woche

„Man kann den Prenzlauer Berg natürlich nicht mit Heiligensee oder Zehlendorf vergleichen, aber gerade in der Innenstadt ballen sich die Probleme, weil die Stadt immer voller wird und damit auch immer enger. In Prenzlauer Berg leben viele Zugehörige der beiden Gruppen, die den höchsten Anteil der Fußgänger ausmachen: Schulkinder und Ältere“,
sagt Roland Stimpel. Da in Berlin mehr Wege zu Fuß als mit allen anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt würden, sei eine Lobby für diese Verkehrsteilnehmer*innen notwendig.

Auch in der kommenden Woche berichte ich euch über alle relevanten Neuigkeiten aus Prenzlauer Berg. Bis dahin wünsche ich euch eine schöne Woche!

Eure Christina Heuschen


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Foto: Brian Merrill/Pixabay

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