Prenzlauer Berg Newsletter #23 findet Normalität

von Julia Schmitz 20. Juni 2022

Wird die Haltestelle Milastraße unter den U-Bahn-Bogen verlegt und wohin sind die Parkplätze auf dem Mittelstreifen der Grellstraße verschwunden? Dies und mehr gibt’s im Newsletter zum Nachlesen.


Fast vier Monate sind vergangen, seit Russland am Morgen des 24. Februars seine Truppen im Nachbarland Ukraine einmarschieren ließ – und Hundertausende ihr wichtigstes Hab und Gut packten, um das Kriegsgebiet zu verlassen. Iryna war eine davon: mit ihren beiden Kindern Oleksandra und Heorhii versteckte sie sich zunächst in ihrer Datsche in der Nähe von Kyiv, bevor sie nach Berlin flohen. Wie es ihnen jetzt geht, was ihnen an Berlin gefällt und wie sie ein Stückchen Normalität gefunden haben, darüber haben sie mit meiner Kollegin Sonja Koller gesprochen für unseren

Text der Woche

  • Ukraine: Tausende Menschen sind seit dem Einmarsch Russlands aus der Ukraine nach Berlin geflohen. Wie geht es ihnen heute? Eine Familie aus Kyiv erzählt.

Kiezfoto der Woche

Die Kunst ist super! – Gesehen im Atelierhaus Milchhof während der artspring
Foto: Julia Schmitz


Direkt aus der BVV

Am Mittwochabend fand die letzte Bezirksverordnetenversammlung vor der Sommerpause statt – und die Lokalpolitiker*innen gaben noch einmal alles in Sachen Diskussion. Die maximale Sitzungsdauer von vier Stunden? Komplett ausgereizt. Dafür wurden etliche Anträge und Beschlüsse überraschend einstimmt oder mit großer Mehrheit verabschiedet. Wie immer kamen darin vor allem zwei Themen vor: Fahrräder und Bäume. Die SPD hatte beantragt, Radwege künftig nicht durch Poller, sondern ausschließlich durch abgeschrägte Bordsteinkanten abzutrennen; so, wie es auch auf dem 720 Meter langen Abschnitt auf der Schönhauser Allee geplant ist.

Auch Linke und Grüne haben ein Herz für Räder – sie wollen, dass Pankow dem „Projekt Radwege“ des Berliner Senats beitritt und so unter anderem den Ausbau des Fahrradstreifens auf der Kniprode– und der Mühlenstraße vorantreibt. Kurzen Prozess fordert hingegen die CDU mit „Schrotträdern“: Pankow soll dafür sorgen, dass diese schneller aus dem Stadtbild entfernt werden. Und unser Freund, der Baum? Der muss vor allem häufiger gegossen werden. Auf Antrag der CDU wird der Bezirk demnächst der Initiative #BerlinerBäumeWässerer beitreten, Neukölln, Mitte und Reinickendorf haben das bereits getan.

Doch die BVV Pankow wäre nicht die BVV Pankow, wenn sich die Verordneten nicht streiten würden. Anlass dazu gab erneut das Grundstück auf der Lilli-Henoch-Straße (wir berichteten), für das vor kurzem die Veränderungssperre aufgehoben wurde. Gleich drei Anträge hatten die Fraktionen eingereicht; während das Anliegen der SPD, die Gespräche zwischen Eigentümer Christian Gérôme und dem Bezirksamt transparent zu halten, gleich beschlossen wurde, verschob man die beiden anderen zunächst zur weiteren Diskussion in die Ausschüsse. Auch diese drehen sich darum, dass auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs zeitnah eine Oberschule sowie Wohnungen errichtet werden.

Ohne große Diskussion hingegen wurde die mündliche Anfrage der AfD-Fraktion vom Tisch gekehrt: Warum auf dem Mittelstreifen der Grellstraße mit der Einführung der Parkraumbewirtschaftung 70 Parkplätze weggefallen seien, wollte sie wissen. Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) antwortete mit einem Schmunzeln: „Sind sie nicht – es waren nämlich gar keine Parkplätze!“ Das Ordnungsamt habe in den letzten Monaten einfach zu selten die Verstöße gegen die Parkordnung überprüft. Es kann so einfach sein, oder?


Aus dem Bezirk

Milastraße: Die Situation an der Haltestelle Milastraße ist alles andere als optimal: Wollen Fahrgäste in die Tram M1 einsteigen, müssen sie darauf vertrauen, dass die Autofahrer*innen auf der rechten Fahrspur anhalten; eine Ampel gibt es dort nicht, lediglich eine Markierung auf der Fahrbahn weist darauf hin, dass hier Menschen die Straße kreuzen. Auch der barrierefreie Einstieg in die Straßenbahn ist bisher nicht möglich. Der Bezirk sieht deshalb seit längerem Handlungsbedarf, doch die Haltestelle liegt im Zuständigkeitsbereich der BVG. Wie schaut es aktuell aus mit dem Umbau aus, wollte deshalb der Abgeordnete Felix Reifschneider (FDP) von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz wissen. Kurz gesagt: Es dauert noch eine Weile. Zwar ist die BVG schon mit den Vorplanungen beschäftigt und will demnächst mit den konkreten Entwurfsplanungen beginnen, doch die Fertigstellung der barrierefreien Haltestelle ist erst für frühestens 2025 gedacht. Das hängt auch mit dem voraussichtlich gleichzeitigen Abriss und Neubau der Brücke an den Schönhauser Alle Arcaden zusammen. Entschieden ist auch noch nicht, wie die Haltestelle in Zukunft aussehen soll: Entweder bleiben diese jeweils in Fahrtrichtung am Straßenrand oder werden zu einer gemeinsamen Haltestelle unter das U-Bahn-Viadukt verlegt.

Sommerferien: Lagerfeuer, Kiefernduft, Salz auf der Haut oder Sand in den Schuhen: Die Schulferien stehen vor der Tür und das Jugendamt Pankow organisiert auch in diesem Jahr wieder verschiedene Ferienreisen. Kinder zwischen 7 und 17 Jahren können sich noch bis zum 30. Juni anmelden, dann geht es unter anderem nach Schweden, an die Feldberger Seen, ins Vogtland oder nach Cuxhaven. Einige der Angebote sind bereits ausgebucht, aber es gibt eine Warteliste.

Förderung: Die zwölf Berliner Bezirke haben sich zusammengetan und gemeinsam ein Förderprogramm für Kinder-, Jugend- und Puppentheater entwickelt: Dies soll vor allem das Angebot von Theaterangeboten in unterversorgten Gebieten sichern. Aber auch Einzelkünstler*innen und Ensembles ohne feste Spielstätte können ihre Anträge einreichen: Für Projektförderungen von bis zu 10.000 Euro müssen diese bis zum 1. Juli vorliegen, für Aufführungsprämien zwischen 400 und 1.400 Euro pro Aufführung bis zum 1. August. Voraussetzung ist, dass die Projekte zwischen dem 1. September und dem 31. Dezember 2022 durchgeführt werden.

Obdachlosenzählung: Eigentlich hätte am 22. Juni die Zeit der Solidarität stattfinden sollen, bei der Freiwillige zählen, wie viele Menschen in Berlin auf der Straße leben. Doch nun musste der Fachverband der Nachbarschaftsarbeit die Aktion schweren Herzens absagen: Zwar hatten sich rund 1.200 Menschen gemeldet, doch damit die Ergebnisse sinnvoll mit der Zählung von 2020 verglichen werden kann, müssten mindestens doppelt so viele mitmachen, heißt es. Für den Rückgang der Anmeldungen gibt es laut Verband einen guten Grund: „Seit mehreren Monaten konzentrieren sich freiwillig Engagierte in besonderer Weise auf die Hilfe und Unterstützung der in Folge des Ukraine-Kriegs geflüchteten Menschen. Tag und Nacht sind somit tausende Freiwillige im Einsatz, etwa am Hauptbahnhof, am ZOB und am Südkreuz.“ Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Zählung soll im Januar 2023 stattfinden.

Fette Fete: Zwei Jahre lang konnte die Fête de la Musique nur eingeschränkt stattfinden, in diesem Sommer darf wieder ausgiebig und mit Publikum musiziert werden: Am 21. Juni wird die ganze Stadt zur Bühne – natürlich auch Prenzlauer Berg. In den Bornholmer Gärten und dem neu entstandenen Schleifengarten greifen ab 16 Uhr verschiedene Künstler*innen zur Klampfe, darunter die ukrainische Sängerin Daria Davydova und die Indiepop-Band Fluglotse. Auf dem Pfefferberg lässt sich das Quartett Karl-Heinz Johnson ab 17 Uhr musikalisch von den 60er bis 90er Jahren inspirieren, während um 18.30 Uhr die Zentralkapelle Berlin im Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg in der Fehrbelliner Straße in die Instrumente bläst. Und um 21 Uhr tanzen sich The Hidden Keys im Kunstgemüse-Garten durch eine Mischung aus Blues, Funk und Rock. Das vollständige Programm gibt es hier.

SteadyButton Prenzlauer Berg Nachrichten

Kriminelles & Unschönes

  • Körperverletzung: Die Polizei bittet um Mithilfe bei der Aufklärung einer Tat, die sich in der Nacht von Silvester auf Neujahr zugetragen hat: Gegen 2.25 Uhr sollen zwei unbekannte Männer an der Tramhaltestelle Björnsonstraße zwei Zeugen nach einem Wortgefecht mit einer Flasche angegriffen und einem der Beiden ein Messer an den Hals gehalten haben. Als sich ein 31-Jähriger einschaltete, schlugen ihm die Tatverdächtigen gegen den Kopf und bissen ihm in die Hand. Der Mann flüchtete, ebenso wie die beiden Angreifer. Die Polizei sucht nun Zeug*innen des Vorfalls.

Tipps & Termine

  • 17.-19.6.: Im Rahmen des Theaterfilm-Festivals zeigt das Ballhaus Ost in der Pappelallee Filme, die eigentlich auch Theater sind. Oder andersrum? Viele Arbeiten wurden während des Lockdowns gefilmt und umfassen Performance, Tanz, Dokumentarisches und Musik. Tickets gibt’s ab 16,50 Euro pro Tag und das volle Programm könnt ihr hier nachlesen.
  • 18.6.: Musik, Tanz und Getränke gibt es anlässlich des Weltflüchtlingstag am Samstag unter dem Titel Renne!Run!Cours!Bireve!“ in der Kulturmarkthalle, die Auftritte kommen von der Harake Dance Company und Salam e.V.  Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.
  • 22.6.: Warum hat der Westen den Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht kommen sehen? Welche Auswirkungen wird der Krieg auf die Zivilgesellschaft haben? Diesen und weiteren Fragen widmet sich das Sonderheft „Nachdenken über die Ukraine“ der Neuen Rundschau. Es wird am Mittwoch im Georg Büchner Buchladen in der Wörther Straße vorgestellt; Beginn ist um 20 Uhr, es wird um Spenden für die Nothilfe Ukraine gebeten.

Das habt ihr vielleicht verpasst

 

Zitat der Woche

„Wir spüren keinen Unterschied in der Mentalität zwischen Deutschen und Ukrainern. Die Menschen helfen proaktiv, alle Konflikte zu glätten. Sie geben sich viel Mühe, Verständnis zu zeigen und wirklich entgegenkommend zu sein.“

sagt Iryna. Sie ist mit ihren Kindern aus Kyiv geflüchtet und hat nun eine Wohnung in Prenzlauer Berg gefunden.

Dies waren die Nachrichten aus Prenzlauer Berg in dieser Woche. Habt ihr Tipps und Themen, die wir in nächster Zeit unbedingt aufgreifen sollten? Dann freuen wir uns sehr über eine E-Mail! Und wir lesen uns, wenn ihr möchtet, nächste Woche an dieser Stelle wieder.

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion


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