Colosseum

„Kreativitäts-Hub“ auf der Schönhauser

von Julia Schmitz 7. Juni 2022

Vergangene Woche stellte die Values Real Estate ihr Konzept für die Zukunft des ehemaligen Kinos Colosseum vor. Das lässt allerdings einige Fragen offen.


Eigentlich können es die Investoren nur falsch machen. Dreht sich das Gespräch um das Kino Colosseum an der Ecke Schönhauser Allee und Gleimstraße, geht bei vielen Menschen der Puls sofort in die Höhe. Zu leichtfertig, meinen manche, habe der Bezirk das Gebäude verspielt, in dem seit fast hundert Jahren Filme gezeigt wurden. 2020 hatte die Erbengemeinschaft den Spielbetrieb mit dem ersten Corona-Lockdown einstellen müssen, danach aber nicht mehr aufgenommen.

Kurz darauf war bekannt geworden, dass das Bezirksamt einen Bauvorbescheid für das Gelände bewilligt hatte, ohne zu überprüfen, was sich hinter der Hausnummer Schönhauser Allee 123 befindet. Dem damals zuständigen Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) brachte das eine Rüge durch die Bezirksverordnetenversammlung ein, zahlreiche Anwohner*innen und Kinofans aus der Stadt gingen auf die Straße, um gegen die Schließung zu protestieren.

Für eine Weile stand die Möglichkeit im Raum, der Bezirk könne mit Unterstützung des Senats das Grundstück selbst erwerben. Mitarbeiter*innen und Politiker*innen gründeten eine Genossenschaft, um das Kino in seiner bisherigen Form zu retten. Doch für einen Ankauf fehlten die Mittel – und die Values Real Estate nutzte die Situation. Das Immobilienunternehmen, welches unter anderem dafür verantwortlich zeichnet, dass das Altenheim am Hackeschen Markt einem Apple Store weichen musste, hat einiges vor mit dem Haus in Prenzlauer Berg.

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Schwerpunkt Filmfestivals

Geschäftsführer Thorsten Bischoff, der vergangene Woche in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Kultur und Stadtentwicklung das Konzept vorstellte, blieb in seinen Ausführungen allerdings eher grob. Der denkmalgeschützte Saal mit den rund 550 Sitzen solle erhalten bleiben – muss er auch – und wieder für den Kinobetrieb genutzt werden, sagte er. Allerdings liegt der Schwerpunkt in Zukunft offenbar auf Filmfestivals wie der Berlinale oder Interfilm sowie der Vermietung für private Zwecke und Gruppenveranstaltungen. Der reguläre Kinobetrieb wird auf ein ausgewähltes Arthouse-Programm reduziert. Außerdem soll der hintere Bereich des Gebäudes an zahlungskräftige Unternehmen vermietet und das Gebäude so in einen „Kreativitäts-Hub“ umgewandelt werden.

In dem glasüberdachten Atrium soll eine „Plaza“ mit Café und Sitzmöglichkeiten entstehen, auf der sich die Wege aller Nutzer*innen kreuzen. Bereits im September dieses Jahres, so Bischoff, beginne die zweijährige Interimsnutzung durch die Games Week; in ungefähr einem Jahr sollen dann die langfristigen Baumaßnahmen beginnen, die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

 

Von den Bezirksverordneten kommt Kritik

Die Bezirksverordneten reagierten mit einer Mischung aus vorsichtiger Kritik bis hin zu offenem Spott: „25 Minuten Inhaltsleere“, twitterte die Pankower SPD-Fraktion im Anschluss an die Sitzung. Und stellten die Frage: „Besteht auf Seiten der Eigentümer die Bereitschaft, auf Einnahmen zu verzichten, um auch lokal verankerte Kreative, Unternehmen und Inititativen eine Anmietung der Räumlichkeiten zu moderaten Preisen zu ermöglichen?“

Und auch der Verein Rettet das Colosseum zeigte sich empört: „Wir sind uns sicher, dass das angestrebte Projekt durchaus zukunftsfähig ist. Die Frage ist allerdings für wen. Die Values Real Estate wird die Fläche und das Gebäude gewinnbringend für die eigenen Interessen gestalten. Die Bürger*innen hingegen werden davon nichts oder nur wenig haben“, sagte der Vorsitzende Michel Rieck.

 

Titelbild: Julia Schmitz

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1 Kommentar

PE2 19. Juni 2022 at 13:24

Eine Rüge für Vollpfosten, lächerlich! Würde man für den Schaden in Haftung genommen werden, den man verschuldet, hätte die Arbeitsverweigerung vielleicht nicht stattgefunden….

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