Wenn Tiere andere Tiere verdrängen

von Julia Schmitz 27. September 2022

Nutrias, Böhmischer Riesenknöterich und Riesenbärenklau kommen ursprünglich aus anderen Breitengraden, haben sich aber längst in Pankow ausgebreitet. Die CDU wollte wissen, was das für die Flora und Fauna im Bezirk bedeutet.


Wer in diesen Tagen an Feldrändern, Brachen oder Bahndämmen entlanggeht, sieht es oft golden leuchten: Die Kanadische Goldrute mag trockene Böden und ist ein Treffpunkt für Insekten, die hier ihren Nektar sammeln. Aber sie zählt auch zu den Neophyten: Eine Pflanze, die ursprünglich nicht aus unseren Breitengraden stammt und wahrscheinlich im 17. Jahrhundert nach Europa kam – wo sie sich seitdem beständig ausgebreitet und andere Arten verdrängt hat.

Invasive Arten in Flora und Fauna gibt es in Deutschland einige. Das Bundesamt für Naturschutz listet 168 Tier- und Pflanzenarten auf, die nachweislich negative Auswirkungen auf ihr Umfeld haben. Viele davon kommen auch in Pankow vor, denn im Bezirk gibt es viele Parks, mehrere Naturschutzgebiete, Seen und Wälder. Der Bezirksverordnete David Paul (CDU) stellte deshalb eine Kleine Anfrage, welche Neophyten es hier gibt und was das Bezirksamt tut, um sie einzudämmen. Kann man die Natur in ihre Schranken weisen?

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Populationen kontrollieren

Kurz gesagt: So einfach ist das nicht. In Pankow gibt es vor allem Nutrias, Bisamratten und Waschbären, antwortet Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU). Hinzu kommen invasive Fischarten wie Blaubandbärbling und Sonnenbarsch und Pflanzenarten wie Riesen-Bärenklau, Böhmischer Riesenknöterich, Spätblühende Traubenkirsche, Götterbaum und die erwähnte Goldrute.

„Das Straßen- und Grünflächenamt entfernt Riesen-Bärenklau beim Auftreten in Grünanlagen sofort bei Bekanntwerden“, so Anders-Granitzki. Die Pflanze kann bis zu drei Meter hoch wachsen und bei Berührung zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen auf der Haut führen. Für Tiere gibt es durch das Bundesamt für Naturschutz vorgegeben Maßnahmenkataloge; die besagen zum Beispiel, dass die Population von nicht heimischen Fischen kontrolliert und deren Verbreitung eingedämmt werden muss – notfalls durch zeitweise Trockenlegung der Gewässer.

Der Riesen-Bärenklau kann bei Kontakt mit der Haut zu schmerzhaften Quaddeln führen / Foto: Wikimedia Commons

 

Waschbären bedrohen Amphibien

Waschbären, die vor allem in den Außenbezirken vorkommen, hält das Umwelt- und Naturschutzamt mit Überkletterschutzmanschetten an Horst- und Höhlenbäumen zumindest teilweise in Schach. „Der Waschbär als räuberisches invasives Neozoon hat vor allem Auswirkungen auf die einheimische Avifauna und Amphibien. Er bedroht den Bruterfolg zahlreicher Vogelarten und muss als relevante Bedrohung für ohnehin zurückgehende Amphibienbestände angesehen werden“, so Anders-Granitzki. Flächendeckendere Maßnahmen seien hingegen nicht möglich, da die Jagd von Waschbären in Berlin verboten ist.

Die Biodiversität im Bezirk ist vielfältig, aber auch in dieser Vielfalt bedroht. Anders-Granitzki: „Das ‚Wasserdefizit‘ ist besonders für die Amphibienpopulationen ein Problem und damit für die biologische Vielfalt in Pankow. Die genannten Lebensräume werden zukünftig im Fokus des Biodiversitäts- und Schutzgebietsmanagements stehen, da sie besonders gefährdete Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Auch der allgemein festgestellte starke Rückgang der Insekten ist Anlass für die besondere Beachtung dieser Tiergruppe bei Schutzmaßnahmen.“

Noch sei das Wissen über die verschiedenen Arten in Pankow verbesserungsdürftig; für ein gezieltes Biodiversitätsmanagement mangele es aktuell aber an Fachpersonal.

 

Foto: Andreas Schantl / Unsplash

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