In den kommenden Monaten läuft die Sozialbindung für knapp 1.300 Wohnungen in Pankow aus, Prenzlauer Berg ist besonders betroffen.
Wird Prenzlauer Berg in Zukunft endgültig nur noch denen vorbehalten sein, die sich sehr hohe Mieten leisten können? Im laufenden und kommenden Jahr fällt die Sozialbindung für knapp 1.300 Wohnungen in Pankow weg – und die Gefahr für Eigenbedarfskündigungen steigt. Im selben Kiez eine neue, bezahlbare Wohnung zu finden, gleicht in den meisten Fällen der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Fällt die Sozialbindung, haben zahlreiche Menschen keine Chance.
Dass dies einmal geschehen würde, war bekannt. 1993/94 rief der Berliner Senat das Gesamtberliner Stadterneuerungsprogramm ins Leben, das sich vor allem an die Gründerzeitviertel in Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg richtete. Insgesamt 22 Gegenden wurden im Zuge dessen zu Sanierungsgebieten erklärt; in Prenzlauer Berg waren das die Kieze rund um Helmholtzplatz, Kollwitzplatz, Teutoburger Platz, die Winsstraße und die Bötzowstraße.
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Sozialbindung zeitlich begrenzt
In Zusammenarbeit mit der Investitionsbank Berlin (IBB) erhielten Hauseigentümer*innen Darlehen mit niedrigen Zinsen sowie Zuschüsse, um die teilweise extrem maroden Gebäude zu sanieren. Um die Mieter*innen zu schützen, galten bestimmte Regeln, unter anderem waren keine Eigenbedarfskündigungen erlaubt. Die Mieten wurden auf einen bestimmten Betrag gedeckelt, Mietsteigerungen durch die IBB ausgeglichen.
Doch die sogenannte Sozialbindung war von Anfang an limitiert, auf einen Zeitraum von 15 bis 30 Jahre. Bereits in den vergangenen Jahren war diese für 500 bis 1.000 Wohneinheiten pro Jahr ausgelaufen, sagt Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD). Aktuell unterliegen noch 2.960 Wohnungen dieser Förderung – doch rund 800 verlieren sie noch dieses Jahr, 2024 werden es ca. 500 sein. Besonders betroffen ist dabei der Helmholtzkiez: Allein im „LSD-Viertel“ zwischen Lychener Straße, Schliemannstraße und Dunckerstraße fallen 32 Häuser darunter, wie eine Übersichtskarte der Initiative Mieter*innen-Gewerkschaft zeigt.
Dem Bezirk Pankow sind in dieser Hinsicht die Hände gebunden. „Die Einflussmöglichkeiten des Bezirkes sind da leider sehr begrenzt, deswegen macht mir die Entwicklung große Sorge. Der Bezirk kann dann nur steuernd Einfluss auf Baumaßnahmen nehmen, z. B. durch Erlass von Erhaltungssatzungen. Von dieser Möglichkeit machen wir bereits Gebrauch, wo immer es geht“, sagt Tietje und bezieht sich damit unter anderem auf die Milieuschutzgebiete, von denen es in Prenzlauer Berg zehn gibt.
Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sei bereits stark eingeschränkt. „Gerade vor dem Hintergrund des Auslaufens von immer mehr Belegungsbindungen halte ich aber flankierende Maßnahmen von bundespolitischer Ebene für dringend erforderlich und setze mich im Rahmen meiner Möglichkeiten auch dafür ein. Denkbar wären hier eine Schärfung der Mietpreisbremse oder ggf. ein befristetes Mietenmoratorium.“
Vernetzung im Kiez
Um sich zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen, lädt die Mieter*innengewerkschaft, die sich für „kollektive Mietrechte und selbstbestimmtes Wohnen“ einsetzt, jeden letzten Donnerstag im Monat zum Kieztreffen Pankow ein; so auch am 30. März ab 18 Uhr am Platzhaus auf dem Teutoburger Platz. Die Mieter*innen der Lychener Straße 50 – einem der betroffenen Häuser – treffen sich außerdem jeden 1. Sonntag im Monat zum W/Mutaustausch vor dem Haus, die nächste Zusammenkunft findet am 2. April ab 15 Uhr statt.
„Vielleicht fällt beim Austausch auch ein Stück ‚Verdrängungskuchen, eine Eigenbedarfsschmalzschrippe oder eine Tasse Mietwahnsinsskaffee‘ für Kiezbewohner*innen und Hausgemeinschaften ab, die ins Gespräch kommen und sich über die Lage informieren“, schreiben sie in einem Aufruf.
Titelbild: Der Helmholtzkiez ist besonders betroffen / Foto: Julia Schmitz