Wohnen

Mietmasche möbliertes Wohnen

von Julia Schmitz 4. Oktober 2023

In der Paul-Robeson-Straße hat ein französisches Unternehmen ehemalige Hotelzimmer zu Mini-Apartments umgebaut und vermietet sie zu Wucherpreisen. Ist das legal?


Die Zeiten haben sich geändert. Für viele junge Menschen ist es heute nicht mehr das Ziel, möglichst schnell ein Einfamilienhaus mit Garten und Garage zu erwerben und dort bis zum Lebensende zu wohnen. Sie wollen flexibel sein, ortsungebunden arbeiten und in der Mittagspause die Welt entdecken. Für diese „Digitalen Nomaden“ steht häufig auch ein Aufenthalt in Berlin auf der Wunschliste. Zusätzlich holen internationale Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen immer wieder für lediglich ein paar Monate in die Stadt. Weil Hotelaufenthalte auf Dauer ins Geld gehen, präferieren viele eine festere Bleibe.

Doch der Wohnungsmarkt in der Hauptstadt hat sich in den vergangenen Jahren dermaßen angespannt, dass die Suche nach einer geeigneten Wohnung viel Ausdauer und Geduld erfordert – vor allem in beliebten Stadtteilen wie Prenzlauer Berg. Will man die überhaupt investieren, wenn man sowieso nur für ein paar Monate in der Stadt bleibt und nicht viel mehr als einen Koffer mit Kleidung und den Laptop dabei hat?

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Zweckentfremdung verboten

Findige Berliner*innen hatten schnell das Potenzial von Kurzzeitvermietungen ihrer Wohnungen erkannt. Bis der Senat diesen 2014 mit der Einführung des Zweckentfremdungsverbotes einen Riegel vorschob und es 2018 noch einmal verschärfte: Wer seine eigene Wohnung als Ferienwohnung anbieten möchte, muss zunächst eine Genehmigung beantragen; Zweitwohnungen dürfen höchsten 90 Tage im Jahr an Tourist*innen vermietet, längerer Leerstand von Wohnungen muss gemeldet werden. So soll verhindert werden, dass vor allem in den beliebten Innenstadtlagen der dauerhafte Wohnraum noch knapper wird.

Anders gestaltet sich die Sache bei möblierten Wohnungen: Hier braucht es keine Genehmigung, da Vermietende und Mieter*in für gewöhnlich ein Vertrag über eine zwar längere, aber trotzdem befristete Dauer abschließen. Fast jede zweite Wohnung in Berlin wird mittlerweile als möbliert inseriert, hat das Portal Immoscout errechnet. Damit können Vermieter*innen die Mietpreisbremse umgehen, weil sie einen Zuschlag für die genutzten Möbel berechnen dürfen – und verlangen als Folge oft Summen in astronomische Höhen.

 

Wuchermieten im Arnimkiez

So auch in der Paul-Robeson-Straße Ecke Schönhauser Allee, schreibt uns eine Leserin. Dort hat das französische Unternehmen Colonies ein ehemaliges Hotel gekauft und die einzelnen Zimmer zu Mini-Apartments umfunktioniert. Auf den angegebenen 27 Quadratmetern Fläche der „Studios“ im Erdgeschoss befinden sich Küchenzeile, Tisch und Bad; das Bett steht auf einer eingezogenen Ebene unter der Decke, die scheinbar als zusätzliche Quadratmeter gilt. Der Preis für diese temporäre Behausung im Arnimkiez: 1.720 Euro monatlich.

„Nur die Elite verdient dreimal so viel, wie ihre Miete beträgt“, heißt es vollmundig im Manifest des Unternehmens, deshalb wolle man das Mieten vereinfachen; außerdem habe sich die Vorstellung von Wohnen verändert und sei flexibler geworden. Ein Konzept, das in Städten wie Paris oder London, wo man für Wohnungen noch immer einen Wochenpreis bezahlt, funktioniert. Aber auch in Berlin? Selbst wenn man von dem so in der Paul-Robeson-Straße entstandenen Quadratmeterpreis von knapp 64 Euro die inkludierten Kosten für Nebenkosten, Internet und wöchentlicher Reinigung abzieht, entsteht eine deftige Summe. Viele Menschen können sich das nicht leisten.

Ein schneller Vergleich mit dem Berliner Mietspiegel ergibt, dass ortsübliche Mieten im nördlichen Prenzlauer Berg für diese Größe bei unter 300 Euro liegen. Das stimmt zwar höchstwahrscheinlich nur noch für all diejenigen, die seit mindestens 15 bis 20 Jahren in ihren vier Wänden wohnen – doch rechtfertigt es deshalb nicht den fünffachen Mietpreis.

 

Bundestag berät über neues Gesetz

Dem Bezirk sind in diesem Fall die Hände gebunden, das Thema liegt im Aufgabenbereich der Bundesregierung. Während Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) noch im Juni dieses Jahres keinen Regulierungsbedarf bei möblierten Wohnungen sah, verabschiedete der Bundesrat kurz darauf einen Gesetzesentwurf „zur Stärkung des Mieterschutzes bei der
Vermietung von möbliertem Wohnraum“.

Darin steht unter anderem, dass der sogenannte „Möblierungszuschlag“ – also eben jene Summe, die jeden Monat für die Nutzung der bereitgestellten Möbel auf die eigentliche Miete addiert wird – neben der Nettokaltmiete in Zukunft gesondert ausgewiesen werden muss. Außerdem solle es eine Obergrenze dafür geben.

Damit ließen sich die Kaltmieten der Wohnungsangebote wieder vergleichen, Mietwucher wäre leichter zu erkennen. Bereits jetzt ist gesetzlich geregelt, dass in Gegenden mit angespanntem Mietmarkt – und dazu zählt Prenzlauer Berg – der Mietpreis die ortsübliche Miete höchstens um zehn Prozent übersteigen darf.

Die Abstimmung über den Gesetzesentwurf steht noch aus. Bis dahin erfreuen sich die Apartments in der Paul-Robeson-Straße regen Zulaufs: Aktuell sind alle verfügbaren Studios ausgebucht.

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