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Politik-Krimi in Pankow

von Christina Heuschen 14. November 2021

Wer kooperiert nun eigentlich mit wem in der Bezirksverordnetenversammlung? Und warum sorgte die Wahl Sören Benns zum Bezirksbürgermeister für Diskussionen? Was diese Woche alles in Prenzlauer Berg passiert ist, erfahrt ihr im Newsletter.


In den vergangenen Wochen hat der Bezirk Pankow in ganz Berlin für Aufregung gesorgt: Erst wurden die Koalitionsverhandlungen zwischen den Grünen, der SPD und den Linken abgebrochen, dann sorgte die Wahl des Bezirksbürgermeisters Sören Benn (Die Linke) für zahlreiche Diskussionen und Zoff zwischen den Parteien. Am Dienstag gab die SPD nun bekannt, dass sie nicht nur mit der Linken eine Zählgemeinschaft gebildet, sondern auch eine Vereinbarung mit der CDU unterschrieben hat. Wie die Diskussionen abgelaufen sind und was in der Vereinbarung steht, erfahrt ihr in unseren

Texten der Woche

Was sonst noch los war

Kiezfoto der Woche

Fahrrad

Auf der Kreuzung an der Eberswalder Straße passieren viele Unfälle – die deutliche Markierung war längst überfällig. / Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

  • Bezirksamt: In der Fröbelstraße schlagen die Wellen weiterhin hoch. Während die CDU noch immer nicht verraten will, ob sie tatsächlich gegen Sören Benn (Die Linke) gestimmt hat – was ihr gutes Recht ist, denn handelt sich um eine geheime Wahl – werfen die Grünen Benn weiterhin vor, sich bewusst zum Spielball der AfD gemacht zu haben. Dessen Partei wiederum verweist auf eine Nebenabrede mit der CDU. Am Sonntag veröffentlichte Benn deshalb ein Statement zur Debatte: „Nebenabreden heißen deshalb so, weil sie zur Veröffentlichung nicht bestimmt sind. Und das ist jetzt tatsächlich auch ein Problem. Denn die öffentliche Debatte fragt nicht danach, ob es reale Abhängigkeitsverhältnisse zur AfD gibt, ob man in irgendeiner Weise auf diese Partei im politischen Alltagsgeschäft angewiesen sei, auch nicht mehr danach, ob es ohne die AfD eine eigene Mehrheit gegeben hätte. Die öffentliche Debatte fordert nun den eindeutigen Nachweis, ob man ausschließen könne, das auch Mandatsträger der AfD im Wahlgang xy für eine Person gestimmt hätten.” Die Fraktion der Grünen jedoch bleibt dabei: Allein die Möglichkeit, dass Stimmen der AfD zum Wahlerfolg geführt haben könnten, bedeute einen „Dammbruch”. In einem Gespräch mit der Linksfraktion und der SPD-Fraktion unterbreiteten sie deshalb am Montag den Vorschlag: Würde Benn zurücktreten, biete man an, sich bei einer erneuten Wahl des Bezirksbürgermeisters zu enthalten: „Damit könnte Sören Benn mit den 23 Stimmen der Zählgemeinschaft von Die Linke/SPD gewählt werden. Die Mehrheit würde dann zweifelsfrei zustande kommen und der Damm wieder geschlossen.” Die Parteien der Zählgemeinschaft lehnten das ab – es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die AfD im Nachgang erneut behaupte, Benn gewählt zu haben. Wie war das noch gleich mit der geheimen Wahl?
  • Bezirksamt II: Zwei Tage nach der Bekanntgabe der Kooperationsvereinbarung zwischen CDU und SPD veröffentlichte die Linkspartei die Vereinbarung der Zählgemeinschaft mit der SPD in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung. Sechs Punkte sind darin ausformuliert, auf die sich die beiden Fraktionen in den kommenden fünf Jahren konzentrieren wollen. Unter anderem soll ermittelt werden, wie viele Wohnungen der Bezirk in den nächsten Jahren überhaupt benötigt und wo diese bebaut werden können; bereits erteilte Bebauungspläne sollen nach Priorität geordnet, der Erhalt von Kleingartenanlagen dabei immer mitgedacht werden. Um das Zweckentfremdungsverbot stärker durchsetzen zu können, sollen neue Personalstellen geschaffen, der Schutz von Mieter*innen erweitert werden. Kulturelle und soziale Einrichtungen, heißt es, müssen vor Gentrifizierung geschützt werden. Auch konkrete Problemstellen in Prenzlauer Berg sind festgeschrieben: „Die Partner*innen streben verbindliche Vereinbarungen zu wichtigen Einzelprojekten an, so zur Zukunft des Praters, des Colosseums, der Kulturbrauerei”, heißt es. Und während der Klimaschutz in der Kooperationsvereinbarung zwischen SPD und CDU nur verklausuliert vorkommt, wird er bei der Zählgemeinschaft hingegen explizit erwähnt: „Wir werden Pankow weiterhin klimagerecht umgestalten und die Mobilitätswende vorantreiben. Wir werden Klimaschutz und Soziales miteinander verbinden”.
  • Kältehilfe: Die Temperaturen sinken. Für wohnungs- und obdachlose Menschen kann das zu einem großen Problem werden und im schlimmsten Fall sogar zum Kältetod führen. Nun hat die Kältehilfe wieder ihren Dienst aufgenommen, wie das Bezirksamt mitteilte. Ab sofort können betroffene Menschen in der Notunterkunft Storkower Straße 133a übernachten. Die Einrichtung ist während der Kältesaison bis Ende März täglich von 19 Uhr abends bis 8 Uhr morgens geöffnet und bietet den Übernachtenden etwas zu essen und die Möglichkeit, sich zu waschen. Weitere Schlafmöglichkeiten stehen von montags 17 Uhr bis dienstags 8 Uhr in der Kirchengemeinde Herz Jesu in der Schönhauser Allee 182 zur Verfügung. Auch hier gibt es eine warme Mahlzeit.
  • Corona: Die Zahl der Corona-Infektionen hat ihren Höchststand erreicht. Laut Bezirksamt hat das Corona-Lagezentrum, das für die Kontaktnachverfolgung von Corona-Positivfällen zuständig ist, seine Arbeitsweise auf Grund der stetig wachsenden Fallzahlen geändert. Eine telefonische Kontaktaufnahme mit positiv Getesteten oder ihren engen Kontaktpersonen könne auf Grund der aktuellen Lage nicht mehr in allen Fällen gewährleistet werden. Jedoch habe die Ermittlung von Fällen, die besonders schutzbedürftige Personengruppen oder Gemeinschaftseinrichtungen betreffen, weiterhin oberste Priorität. In einem Großteil der Fälle erfolge die Kontaktaufnahme nur noch schriftlich. Auch die Bearbeitung gemailter Anfragen erfolge stark verzögert und in der Pankower Corona-Hotline könne es zu langen Wartezeiten kommen.
  • Baumfällungen: Zwei Bäume auf dem Spielplatz in der Malmöer Straße 8 müssen gefällt werden. Laut Straßen- und Grünflächenamt sei dies notwendig, um die Gefährdung von Personen und Sachschäden auszuschließen. Ein Rückschnitt der Bäume sei nicht erfolgreich gewesen.

Kriminelles & Unschönes

  • Unfall: Ein vermutlich stark alkoholisierter Mann ist am Dienstagnachmittag in Prenzlauer Berg von einem Auto überrollt und lebensgefährlich verletzt worden. Laut Angaben von Zeug*innen habe der 36-jährige Fußgänger gegen 17.30 Uhr torkelnd die Fahrbahn der Storkower Straße betreten und sich dort auf den Boden gelegt. Kurz darauf habe der Fahrer eines Renaults den Mann überrollt, teilte die Polizei mit. Alarmierte Rettungskräfte reanimierten den 36-Jährigen und brachten ihn in ein Krankenhaus, wo er notoperiert wurde. Die Ermittlungen zum Unfallhergang dauern an.
  • Überfall: In Prenzlauer Berg ist ein 56-jähriger Mann schwer verletzt worden. Als der Mann vergangenen Freitag nachts gegen 2.30 Uhr den Hausflur eines Mehrfamilienhauses in der Kastanienallee betrat, sollen ihn zwei Männer im Treppenhaus angegriffen haben, teilte die Polizei mit. Die mutmaßlichen Täter sollen dem 56-jährigen Mann zunächst Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, dann mit einem harten Gegenstand auf den Kopf geschlagen, ihn mit einer Schusswaffe bedroht und seine Kleidung durchsucht haben. Als Zeug*innen darauf aufmerksam wurden, flohen die beiden Tatverdächtigen mit einem Fahrrad und zu Fuß. Der angegriffene Mann kam mit dem Verdacht auf einen Schädelbruch und weiteren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus.
  • Zeugin gesucht: Auf der Danziger Straße soll ein Autofahrer so dicht an einem Kradfahrer vorbeigefahren sein, dass dieser stürzte und sich schwer verletzte. Der Unfall ereignete sich am Sonntag, 31. Oktober, gegen 19.15 Uhr kurz vor der Kreuzung Greifswalder Straße. Eine Radfahrerin soll dies gesehen haben. Die Polizei bittet die Zeugin, die zum Unfallzeitpunkt hinter dem Kradfahrer gefahren sein soll, sich bei der Kriminalpolizei der Polizeidirektion 1 melden.

Tipps & Termine

  • Bis 17.11.: Das „Soundwatch – Music Film Festival Berlin“ zeigt bis Mittwoch zahlreiche Filme über verschiedenste Musikrichtungen – von der Rockgruppe Fanny über die Pionierinnen der elektronischen Musik bis hin zur Soulmusik. Auch im Kino Lichtblick laufen zahlreiche Filme.
  • Dauerhaft: Auf den ersten Blick würden die meisten Menschen in Campingstühlen, Streichholzschachteln oder Reiseplakaten einfach nur Gegenstände sehen. Ein genauerer Blick zeigt aber, dass hinter diesen Dingen Geschichten und Erinnerungen stecken können. Das Museum für Utopie und Alltag hat nun ein interaktives Onlinearchiv zur Alltagskultur der DDR geschaffen, in dem genau solche Dinge zum Ausstellungsstück werden. Auf der Plattform sollen persönliche Erzählungen, Kommentare und Fotografien zu verschiedenen Objekten gesammelt werden. Damit möchte das Museum nicht nur einen Ort der kollektiven Erinnerung schaffen, sondern auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart fördern. Alle Interessierten können am Projekt teilnehmen.

Das habt ihr vielleicht verpasst

Zitat der Woche

„Ich denke es besteht Einvernehmen darüber, dass auch hier die Belange des Klimaschutzes zu berücksichtigen sind, auch wenn das nicht ganz explizit drinsteht“,

antwortete Rona Tietje (SPD) auf unsere Nachfrage,warum die Themen Klima und Umwelt nicht in der Vereinbarung zwischen SPD und CDU vorkämen und ob es daran läge, dass letztere vor zwei Jahren gegen die Ausrufung des Klimanotstandes gestimmt hätten.

Ob die Zusammenarbeit zwischen Linke, SPD und CDU – einer ungewöhnlichen rot-rot-schwarzen Kombi – funktionieren wird, das wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Jetzt wünsche ich euch aber erst einmal ein schönes Wochenende!

Eure Christina Heuschen
und die ganze Redaktion


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Titelfoto: Julia Schmitz

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