Gewerbegebiete sind selten schöne Orte, auch das Areal an der Storkower Straße bildet da keine Ausnahme. Das Bezirksamt Pankow will das nun ändern.
„Das Gesamte Gewerbegebiet erstickt in Müll, illegal abgeladenem Hausrat und dementsprechender Rattenplage. Für Kunden und Besucher dieses Gewerbegebietes ist der Zustand unzumutbar“ schreibt ein Teilnehmer der Bestandsbewertung für das Gewerbegebiet an der Storkower Straße. Im Sommer hatte das Büro für Wirtschaftsförderung Pankow eine öffentliche Umfrage durchgeführt, die sich an Eigentümer, Unternehmer und Anwohner des Bereichs im Norden von Prenzlauer Berg richtete. Diese beklagten nicht nur die zunehmende Vermüllung, sondern auch schlechte Beleuchtung, irreführende Beschilderungen, mangelhafte Erreichbarkeit der Dienstleister und den zunehmenden Missbrauch von Büschen und dunklen Ecken als öffentliche Toiletten.
„Ein kleiner Schatz“
Das 24 Hektar umfassende Gebiet, dass in den 1970er Jahren entstand, soll deshalb weiterentwickelt werden – in Zusammenarbeit mit denen, die dort regelmäßig unterwegs sind. Unter anderem geht es dabei auch um die Frage, wie die vorhandenen Flächen besser genutzt werden können, ohne die angesiedelten Unternehmen zu gefährden, wie sich Straßenführung und Orientierung verbessern lassen und welche Maßnahmen das Sicherheitsgefühl der Besucher erhöhen. Das Bezirksamt hat dafür im Juni 2020 eine Potenzialstudie in Auftrag gegeben; am Montag wurde nun in einem „Gebietsdialog“ mit Stadträten, Polizei und Straßensozialarbeiterinnen über den Status Quo des Areals nördlich und südlich der Storkower Straße diskutiert.
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„Wir besitzen mit dem Gewerbegebiet einen kleinen Schatz, denn in der Innenstadt ist sowas relativ selten“, so Rona Tietje (SPD), Stadträtin für Jugend, Wirtschaft und Soziales. In den letzten Jahren seien trotzdem rund 300 Handwerksbetriebe abgewandert, wegen steigender Mieten und Konkurrenzdruck durch Wohnungsbaugesellschaften, die hier wertvolle Baugrundstücke wittern. Doch eine Wohnnutzung will das Bezirksamt verhindern.
„Das Gebiet ist voll, wir wehren uns, hier noch mehr unterzubringen“, betont Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Eine Ausnahme seien die sozialen Einrichtungen, zu denen unter anderem die Notunterkunft des Strassenfeger e.V. gehört. Platz findet auch das achtstöckige Kongresszentrum, das derzeit auf dem Grundstück Storkower Straße 142-146 entsteht. Im September hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Kuhn eine Rüge erteilt, weil dessen Amt für Stadtentwicklung ihre Forderung nach einem Verkehrsgutachten übergangen und die Baugenehmigung für das Großprojekt erteilt hatte.
Zunehmende Beschwerden
Dass die Fläche, die an das „Blumenviertel“ grenzt, zunehmend zum Problemgebiet wird, bestätigt auch Stadtrat Daniel Krüger (AfD). In den letzten vier Jahren hätten die Beschwerden beim Ordnungsamt stetig zugenommen; von 44 Meldungen im Jahr 2017 zu über 90 Meldungen in diesem Jahr. Nicht immer können Ordnungsamt und BSR eingreifen, da viele Flächen zwar öffentlich zugänglich, aber Privateigentum sind. Selbst wenn man weitere Mülleimer aufstellen würde, sei das Problem nicht gelöst: „Weil sich in dem Gebiet nach 20 Uhr kaum jemand aufhält, wissen wir nicht, wer zum Beispiel den Müll ablädt – hier haben wir mangelnde soziale Kontrolle“, so Krüger.
Also Überwachungskameras und Polizeipatrouillen? Das Bezirksamt geht einen sanfteren Weg. „Wir müssen schauen, wie wir öffentlichen Raum überhaupt gestalten wollen“, sagt Rona Tietje und plädiert unter anderem für eine Erweiterung der Grünflächen, ansprechenden Aufenthaltsmöglichkeiten für tagsüber und einer Erweiterung des gastronomischen Angebots. Die Potentialstudie soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Welche kurz- und langfristigen Maßnahmen danach umgesetzt werden können, soll in Workshops mit den ansässigen Unternehmen erarbeitet werden.
Foto oben: Dienstleister, Handwerksbetriebe und Clubs prägen das Gewerbegebiet nördlich der Storkower Straße / Julia Schmitz