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Pankow im Rampenlicht

von Julia Schmitz 7. November 2021

Lauschige Literaturgespräche und eine lokalpolitische Schlammschlacht: Was in dieser Woche in Prenzlauer Berg passiert ist, gibt’s im Newsletter zum Nachlesen.


Eigentlich war die Sache eindeutig: Bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) holten Die Grünen in Pankow mit Abstand die meisten Stimmen – sie bekamen von den Bürger*innen also grünes Licht, um Spitzenkandidatin Dr. Cordelia Koch zur nächsten Bezirksbürgermeisterin zu machen. Doch um im Bezirksparlament bei Abstimmungen die einfache Mehrheit zu erreichen, müsste sich die Partei trotzdem einen Koalitionspartner suchen; auf Bezirksebene nennt man das „Zählgemeinschaft“.

In der vergangenen Legislaturperiode hatte es die mit SPD und Linke gegeben, doch beide Parteien zogen sich vergangene Woche überraschend aus den Verhandlungen zurück: Die Differenzen seien zu groß und die Probleme, die es dank Grünen-Stadtrat Vollrad Kuhn in den vergangenen Jahren gegeben habe, seien stets von Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) ausgebügelt worden – weshalb man diesen erneut wählen wolle. Doch FDP und CDU hatten bereits im Vorfeld bei dem Thema abgewunken, die AfD enthielt sich eines Kommentars. Selten wurde eine Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung mit so viel Spannung erwartet! Wir waren natürlich für euch in der Fröbelstraße dabei für unseren

Text der Woche

Was sonst noch los war

  • Leute im Kiez: Im Winskiez hat Verleger Peter Graf einen kleinen Buchladen eröffnet – mit besonderem Schwerpunkt. Ein Besuch vor Ort.

Kiezfoto der Woche

Kiezfoto

Kleine Erinnerung…
Gesehen auf der Schönhauser Allee / Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

  • Gewerbegebiet: Gewerbegebiete sind in den meisten Fällen keine Orte mit besonderem Charme – auch das Areal an der Storkower Straße macht da keine Ausnahme. Das Bezirksamt Pankow möchte das ändern und hatte bereits im vergangenen Jahr, wie wir berichteten, mit den ansässigen Firmen und Projekten über den Verbesserungsbedarf gesprochen; die unterschiedlichen Wünsche flossen dann unter anderem in eine Potenzialstudie ein, deren Ergebnisse nun vom Pankower Büro für Wirtschaftsförderung veröffentlicht wurde. Die zeigen unter anderem, dass bei den vorhandenen Gewerbeflächen noch viel Luft nach oben ist, da etliche ansässige Firmen einstöckige Bauten nutzen; weile sich viele davon in Privatbesitz befinden, ist ein übergreifender Bebauungsplan aber erstmal nicht möglich. Zu den weitere Prioritäten für die Entwicklung rund um die Storkower Straße zählen unter anderem die Begrünung von Fassaden und Dächern, die erhöhte Sicherheit für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sowie eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – z.B. durch eine Grünverbindung zwischen Volkspark Prenzlauer Berg und Volkspark Friedrichshain.
  • Thälmann I: Eigentlich möchte das Straßen- und Grünflächenamt im Ernst-Thälmann-Parks nur eine Pflanzenkläranlage installieren. Doch in den vergangenen Tagen kam es immer wieder und trotz Bauzaun zu Vandalismus: Pflanzen wurden herausgerissen, Baumaterial verteilt und Zäune umgerissen. Das Bezirksamt Pankow sieht sich aus diesem Grund nun genötigt, eine Videoüberwachung auf der Baustelle zu installieren – „Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden selbstverständlich eingehalten, heißt es seitens des Amtes. Die Pflanzenkläranlage wird übrigens eingebaut, um das Grundwasser zu filtern; das ist noch immer durch das städtische Gaswerk belastet, welches einst auf dem Areal stand und 1984 gesprengt wurde.
  • Thälmann II: Und noch wegen einer anderen Sache steht der Park immer wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Für den Erweitungerungsbau der Grundschule am Planetarium soll ein Teil der öffentlichen Wege durch den Park weichen, auch müssen etwa 20 Bäume gefällt werden. Die Bürgerinitiative, die das verhindern will, sieht sich von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hintergangen und hat nun einen „Brandbrief an die zuständige Senatsverwaltung und das Bezirksamt Pankow formuliert. Bereits 2013 habe man darauf hingewiesen, dass sich das Areal des ehemaligen Gaswerks nicht für eine Bebauung – auch, weil der Boden kontaminiert sei. Ebenfalls fürchtet man eine Überlastung des Parks durch Fahrradfahrer*innen, die die geplante Radschnelltrasse hinter dem Schulbau nutzen werden. Der Anwohnerantrag „Thälmannpark erhalten – nicht halbieren!  war von den Bezirksverordneten im September mehrheitlich abgelehnt worden, nachdem es im Ausschuss für Schule, Sport und Gesundheit zu einem Streit zwischen den Antragsteller*innen und den Verordneten gekommen war. Die Initiative will die Ablehnung nicht akzeptieren: „Wir beklagen die ignorante Haltung zu unserem Einwohnerantrag mit insgesamt fast 2500 Unterschriften von empörten Bürgern und Besuchern, die wir natürlich zu Protestaktionen aufrufen werden. Wir erwarten die Rücknahme der Parkteilung! , heißt es in dem Schreiben.
  • Thälmann III: Tatsächlich gibt es noch eine weitere Meldung aus dem Thälmann-Areal, diesmal geht es aber um das wuchtige Monument des Namensgebers: Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob, wann und wie die meterhohe Büste von Ernst Thälmann eine Kommentierung bekommt – bisher steht sie nämlich einfach ohne jegliche Erklärung mit erhobener Faust am Rand der Greifswalder Straße. Während die Informationstafeln mit der historisch-kritischen Einordnung aufgrund eines Streits innerhalb der mit der Formulierung beauftragten Kommission wahrscheinlich erst Ende des Jahres aufgebaut werden können, wird die vom Bezirksamt ausgelobte künstlerische Kommentierung demnächst offiziell eingeweiht: Unter dem Titel „VOM SOCKEL DENKEN hat sich Betina Kuntzsch in zehn Kurzfilmen mit den verschiedenen Perspektiven auf Ernst Thälmann – und den „anachronistischen Koloss aus 50 Tonnen Bronze“ auseinandergesetzt; die Filme werden ab dem 18. November per Smartphone vor Ort über einen Code abrufbar sein. Den Trailer findet ihr hier.


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Tipps & Termine

  • 5.11.: Renate Jessel gestaltete viele Kinder- und Jugendbücher für den Kinderbuchverlag der DDR, blieb als Malerin aber unbekannt. Die Galerie F92 im Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz zeigt nun ihre von märchenhaften Wesen bevölkerten Aquarelle. Ebenfalls zu sehen sind Arbeiten ihrer Tochter Maria Jessel. Beginn der Vernissage ist um 19 Uhr.
  • 6.-18.11.: 1.700 jüdisches Leben in Deutschland werden in diesem Jahr gefeiert – ein Jubiläum, das sich auch die Jüdischen Kulturtage auf die Fahnen geschrieben haben. Zwölf Tage lang wird die ganze Bandbreite jüdischer Kultur – sowohl aus der Vergangenheit als auch aus der Gegenwart – beleuchtet. Den Auftakt macht das Galakonzert in der Synagoge Rykestraße, bei dem Giora Feidman, dem Jerusalem Duo, Andrej Hermlin & Band und Dudu Fisher auftreten. Beginn ist um 20 Uhr, Tickets kosten 35 Euro.
  • 11.11.: Die Buchhandlung Uslar & Rai kann nach der coronabedingten Pause endlich wieder zum Debütant*innenball einladen: Am Donnerstag lesen Simone Weinmann, Khuê Phạm, Sophia Fritz, Timon Karl Kaleyta und Caroline Rosales aus ihren Erstlingswerken. Beginn ist um 19.30 Uhr, der Eintritt kostet 12 Euro – Tickets sind ab sofort im Laden oder telefonisch verfügbar.

Das habt ihr vielleicht verpasst

Zitat der Woche

„Mein Name ist Sören Benn. Ich stehe für Vielfalt und Solidarität. Für ein faires, demokratisches und solidarisches Pankow“

sagte der ehemalige und seit heute wieder amtierende Bezirksbürgermeister von Pankow in einer kurzen Rede vor seiner Wahl. Ob das die eine Person überzeugt hat, die für die Mehrheit der Stimmen gebraucht wurde?

Dass Lokalpolitik und Demokratie spannender als ein Sonntagabendkrimi sein können, wurde mir in dieser Woche wieder einmal bewusst – weshalb ich schon jetzt gespannt bin, über welche Themen in den kommenden BVV-Sitzungen diskutiert wird. Jetzt mache ich aber erstmal Feierabend und wünsche euch ein schönes Wochenende!

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion


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