Gleimkiez

Prenzlauer Berg Newsletter #05 träumt vom perfekten Kiez

von Julia Schmitz 5. Februar 2022

Warum die Polizei bisher die Fahrradstraße in der Stargarder nicht kontrolliert hat und ab wann man in der Wohnstadt Carl Legien fürs Parken zahlen muss: Das könnt ihr Nachlesen in unserem Newsletter.


Sitzbänke, Pflanzenkübel oder Spiel- und Fahrradstraßen – was gehört für euch zu einem lebenswerten Kiez dazu? Mögt ihr die großstädtische Schnoddrigkeit oder hättet ihr lieber ein bisschen mehr Bullerbü in der Nachbarschaft? Die Bürgerinitiative „Gleimviertel für Alle“ setzt sich seit einiger Zeit unter anderem dafür ein, dass die kleine Sackgasse am Ende der Sonnenburger Straße – dort, wo die häufig fotografierte Fußgängerbrücke über die S-Bahn-Gleise beginnt – zu einem Begegnungsort für Anwohner*innen wird. Und sie haben noch viele weitere Ideen, wie der „perfekte Kiez“ aussehen könnte. Meine Kollegin Sonja hat mit ihnen, natürlich bei einem Spaziergang durch das Gleimviertel, darüber gesprochen für unseren

Text der Woche:

Was sonst noch los war:

  • Mieterprotest: Mieter*innen in der Dunckerstraße befürchten, dass ihnen ein Neubau mit tiefschwarzem Dach jedes Licht nehmen wird. Doch das ist ein Missverständnis.(€)

Kiezfoto

Ich zähl‘ bis drei, dann ist hier Wochenende!
Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

Fahrradstraße: Im Dezember 2021 wurde die Stargarder Straße nach langer Zeit endlich zur Fahrradstraße umgewidmet; seitdem ist sie mit ausreichend großen Hinweisen beschildert, Autos umfahren die Straße und Fahrradfahrer*innen haben viel Platz und freie Fahrt. Stimmt nicht, sagt ihr? Richtig, die Realität sieht völlig anders aus: Die erwähnten Schilder sind eher von kleinerer Statur, so dass sie von Autofahrer*innen leicht übersehen werden können und auch übersehen werden. Der Verkehr hat in den letzten Wochen nicht abgenommen, LKWs wie Privat-PKWs – viele davon definitiv keine Anlieger*innen – zuckeln ungerührt über die Ost-West-Tangente. Eigentlich ein Fall für die Polizei, die hier haufenweise Knöllchen verteilen könnte. Doch die Beamt*innen in Blau waren hier bisher nicht anzutreffen – weil die Fahrradstraße „noch nicht der Anhörung zur Sammelanordnung sowie dem ‚Leitfaden zur Umsetzung von Fahrradstraßen in Berlin‘“ der Senatsverkehrsverwaltung entspricht, heißt es auf unsere Nachfrage. Konkret bedeutet das: Kontrollen werden erst durchgeführt, wenn die Rotmarkierungen in Kreuzungsbereichen und die Markierungen der Fahrradwege auf den Asphalt gemalt wurden – bis dahin gelte die Fahrradstraße noch nicht als rechtssicher. Aber hier beißt sich die Katze in den Schwanz, denn um die benötigten Markierungen auf der Fahrbahn anzubringen, muss die Witterung erstmal trockener sein, sagt das Bezirksamt Pankow. Weil die Posse um die Stargarder Straße nicht ohne Kritik und Spott in den Medien thematisiert wurde, war die Polizei am Mittwoch nun doch vor Ort und führte einen „Präventionseinsatz zur Sensibilisierung der Verkehrsteilnehmer*innen“ durch. Außerdem hat sie mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Rücksprache gehalten und beschlossen, dass die Fahrradstraße auch ohne Markierungen eine Fahrradstraße ist. Bei den Schildern muss der Bezirk aber wohl oder übel nachbessern: die sind eindeutig zu klein, meint die Polizei.

Parkraumbewirtschaftung: In ganz Prenzlauer Berg muss man bezahlen, wenn man sein Auto parken möchte. In ganz Prenzlauer Berg? Die Straßen in der Wohnstadt Carl Legien kommen bisher noch ohne Parkautomaten aus. Das ändert sich demnächst: Nach jahrelanger Diskussion darüber, ob die Ticketkästen in einer denkmalgeschützten Siedlung aufgestellt werden dürfen, wird auch in dem Gebiet westlich der Greifswalder Straße ab dem 4. April die Parkraumbewirtschaftung eingeführt – die Automaten stehen dann allerdings in dem Bereich, der nicht unter Denkmalschutz steht. Wer in dieser Zone wohnt (es ist die Nummer 46), kann seit dem 1. Februar für 20,40 Euro einen Bewohnerparkausweis beantragen. Julia Schneider, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, begrüßt diese Maßnahme: „20,40 € für das Anwohnerparken decken zwar bei weitem nicht die durch die Instandhaltung von Parkplätzen entstehenden Kosten – dennoch ist die Ausweisung der Parkraumbewirtschaftungszone ein wichtiger Schritt, der für mehr Sicherheit und weniger Parksuchverkehr sorgt.“

Dialogdisplays: „Sie fahren zu schnell!“ Wenn am Straßenrand rot blinkend dieser Satz auf einem so genannten „Dialogdisplay“ auftaucht, sollte man wohl einen Gang runter schalten. Dass diese interaktiven Schilder tatsächlich zu einem Rückgang der Durchschnittsgeschwindigkeit führen, ja sogar zu einer „Harmonisierung des Geschwindigkeitsniveaus“, hat der Berliner Senat mittels Untersuchungen in der Stadt herausgefunden. Gefragt hatte der Abgeordnete und ehemalige Bezirksverordnete Johannes Kraft (CDU), der die Pankower CDU bei dem Anliegen unterstützt, mehr Dialogdisplays in Pankow zu installieren – vor allem in kritischen Bereichen vor Schulen und Kitas, in denen eine überhöhte Geschwindigkeit zu einer großen Gefahr führen kann. „Bereits 2018 haben wir in der BVV für mehrere Standorte vor Pankower Schulen und Kitas Dialogdisplays beantragt. Dass das in der letzten Wahlperiode nicht mehr umgesetzt wurde, können wir nicht verstehen“, sagt Fraktionsvorsitzende Denise Bittner. Bei der Frage, an welchen Standorten die Displays besonders gebraucht werden, will die Fraktion auch die Pankower*innen fragen. Vorschläge werden gerne per Mail entgegen genommen.

Colosseum: Quo vadis, Colosseum? Im vergangenen Herbst hatten ehemalige Mitarbeiter*innen eine Genossenschaft gegründet, um das Kino an der Schönhauser Allee zu retten. Doch jetzt wurde die Immobilie offenbar an einen Hamburger Investor verkauft und bei den Unterstützer*innen herrscht Zerknirschung: „Verwundert und besorgt haben wir die Berichterstattung in den letzten Tagen über das Kino Colosseum wahrgenommen. Im Tagesspiegel hieß es, dass der Verkauf des Kinos an den privaten Investor kurz bevorstehe und dass jetzt auch die Kultur im Haus gerettet sei. Happy End für das Kino? Von wegen! Ein tragfähiges kulturelles Nutzungskonzept von Values für das Colosseum kennen wir nicht“, schreibt Genossenschaftsvorstand Michel Rieck. Der Investor, heißt es, will auf dem Areal ein Büro- und Tagungskomplex bauen; der historische Kinosaal solle jedoch erhalten bleiben. „Das ist jedoch kein Zugeständnis an die Kultur, sondern eine zwingende Vorgabe des Denkmalschutzes“, sind die Genossenschaftler*innen überzeugt.

Pankower Tor: Pankow hat einen Masterplan – und zwar für das Gebiet zwischen Mühlenstraße und Prenzlauer Promenade, auf dem das neue Stadtgebiet „Pankower Tor“ entstehen soll. Am kommenden Mittwoch, 9. Februar, lädt die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zu einem virtuellen Bürgerforum; mit dabei sind Vertreter*innen des Bezirksamts Pankow, des Senats und der Krieger Handel SE zusammen mit dem Planungsteam. Der Masterplan ist Grundlage für den Entwurf des Bebauungsplans, der demnächst erarbeitet wird. Beginn ist um 18 Uhr auf der Projektseite des Pankower Tors, eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.

Baumfällung: Weil sie nicht mehr ausreichend stand- und verkehrssicher sind, müssen in der Seelower Straße ab dem 14. Februar insgesamt 21 Weiden gefällt werden. Die wirken zwar äußerlich gesund, seien aber durch Fäule an Stamm und Schnittstellen stark beschädigt, teilt das Straßen- und Grünflächenamt mit. Die Bäume werden aber nicht ersatzlos gefällt. „Die nach den unvermeidbaren Fällungen entstehenden Lücken werden wir neu bepflanzen und dabei auf Baumsorten setzen, die nach dem aktuellen Stand der Forschung möglichst gut an die stadtklimatischen Bedingungen angepasst sind“, sagt die für das SGA zuständige Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU). Im Frühjahr sollen acht Feldahorne und sieben Stieleichen gepflanzt werden, im Herbst folgen fünf Amberbäume. Eine Übersicht über Bäume, die in nächster Zeit in Pankow gefällt werden müssen, gibt es übrigens hier.

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Tipps & Termine

  • 5.2.: Durch Zufall lernten sich die amerikanische Singer-Songwriterin Mckinley Black und der russische Straßenmusiker Vladimir Spiridonov kennen – und beschlossen, gemeinsam Musik zu machen. Die „Soulmates“ treten am Sonnabend in der Wabe auf. Beginn ist um 20 Uhr, Tickets kosten 15 Euro im Vorverkauf und 18 Euro an der Abendkasse.
  • 5.2.: Auch im Panda Theater in der Kulturbrauerei gibt es am Sonnabend Musik und zwar von Anna, Lauriane und Juliette, die sich unter dem Namen „Babayki“ zusammengeschlossen haben. Sie singen osteuropäische Folklore-Lieder aus verschiedenen Jahrzehnten. Beginn ist um 20 Uhr, der Eintritt kostet 10 Euro im Vorverkauf un 15 Euro an der Abendkasse.
  • 6.2.: Wie wäre es mal wieder mit dem Besuch einer Lesebühne? Bei der Reformbühne im BAIZ tragen Heiko Werning, Spider, Susanne Riedel, Frank Sorge, Ahne und Gott Texte vor, als Gast ist Richard Blaha zuhgegen. Musik gibt es auch, die kommt von Doc Schoko. Beginn ist um 19 Uhr, eine Anmeldung ist nötig, das Spektakel wird aber auch im Livestream übertragen.

Das habt ihr vielleicht verpasst

  • Handwerk: Seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitet Fred Jacob in einer Ladenwerkstatt in der Winsstraße. Er ist einer der letzten Korbmacher Berlins. Von einem, der immer wieder aufsteht.

Zitat der Woche

Man spricht immer von einer Anonymität der Großstadt und fragt sich: Wieso muss das so sein? Hier wohnen ja ganz viele Leute, die absolut bereit sind mit anderen in Kontakt zu treten

sagt Sabine von der Initiative „Gleimviertel für Alle“.

Manchmal, gebe ich zu, mag ich die Anonymität von Berlin gerne – weil ich weiß, dass ich sie jederzeit beenden kann. Denn Großstadt hin oder her: Letztendlich besteht Prenzlauer Berg aus vielen verschiedenen Kiezen, die alle wie kleine Dörfer sind.

Ich gehe deshalb heute auf einen Plausch in meinem Lieblingscafé vorbei und wünsche euch allen ein geruhsames Wochenende!

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion


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