Was den Straßenverkehr in Prenzlauer Berg so anstrengend macht

von Sarah Schaefer 4. Juni 2019

„Lebensgefährliche“ Radwege, sinnlos herumstehende Autos und ein raues Klima: In unserer Umfrage wollten wir wissen, wie ihr auf den Straßen in Prenzlauer Berg klar kommt – und was ihr von Fahrradstraßen haltet.


Das größte Problem in Prenzlauer Bergs Straßenverkehr ist nicht das Kopfsteinpflaster, es sind nicht ruckelige Radwege oder knappe Ampelschaltungen. Das größte Problem lässt sich nicht allein durch einen Umbau von Straßen beseitigen oder die Schaffung neuer Parkplätze. Das Problem heißt Rücksichtslosigkeit, und es macht den Straßenverkehr für viele Menschen in Prenzlauer Berg zu einer täglichen Belastungsprobe.

Das zumindest ist das Ergebnis unserer (nicht-repräsentativen) Umfrage, mit der wir herausfinden wollten, wie ihr auf den Straßen im Stadtteil zurecht kommt. Eure Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen: nicht so gut. Besonders häufig bemängelt ihr die aggressive Stimmung und das rücksichtslose Verhalten auf den Straßen.

 

„Mord und Totschlag auf den Radwegen“

 

Dabei betonen viele von euch, dass dies nahezu alle Verkehrsteilnehmer*innen betrifft: angefangen bei Fußgänger*innen, die nicht nach links und rechts schauen, über Fahrradfahrer*innen, die auch auf Bürgersteigen rasend schnell unterwegs sind, bis hin zu Autofahrer*innen, die rote Ampeln ignorieren. Es herrsche

 

Mord und Totschlag auf den Radwegen, respektloses Verhalten vieler Verkehrsteilnehmer.

 

Das Klima zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern ist extrem ruppig.

 

Aber natürlich hängt alles zusammen. Rücksicht zu nehmen ist leichter, wenn auf den Straßen genug Platz für alle da ist. Laut den Ergebnissen unserer Umfrage besteht in dieser Hinsicht vor allem großer Nachholbedarf in Sachen Radwege: Viele von euch beklagen sich über den schlechten Zustand und die geringe Anzahl der Radwege, über gefährliche Kreuzungen und Autos, die in der zweiten Reihe parken.

 

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Schlechter Belag auf Gehwegen und Fahrbahnen, null Wartung oder Reparatur. Die meisten sogenannten ‚Radwege‘ sind lebensgefährlich, in schlechtem Zustand und/oder dienen Autos als Parkplätze.

 

Schmale Radwege, schlechtes Design von Kreuzungen, Tempo 50 und 30 wird oft überschritten und nicht kontrolliert.

 

Zweite-Reihe-Parker, bescheuert konstruierte Radwege (Kastanienallee! Pappelallee!), die Radfahrer und Fußgänger automatisch in Konflikt bringen.

 

Schlechte bis gar keine Fahrradwege, enden oft in Todeszonen, Alternativen meist mit Kopfsteinpflaster.

 

Dass die Radwege in den Antworten eine so große Rolle spielen, überrascht nicht: Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer*innen (fast 68 Prozent) gab an, sich hauptsächlich mit dem Fahrrad in Prenzlauer Berg fortzubewegen (Mehrfachnennungen möglich). Zu Fuß sind fast 52 Prozent unterwegs. Die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen etwa 32 Prozent, nur knapp 16 Prozent nannten das Auto als Fortbewegungsmittel.

Überhaupt, das Auto: Einige finden, dass es viel zu viel Platz auf den Straßen bekommt – besonders dann, wenn es nur herumsteht:

 

Zu den Rushhour-Zeiten zu viel Verkehr auf den Hauptstraßen. Zu viele ungenutzte, dauerparkende Pkw in den Kiezen. Straßen könnten besser genutzt werden!

 

Die wahnsinnig große Fläche, die von fast umsonst parkenden Autos eingenommen wird.

 

Eine Forderung lautet entsprechend:

 

Parkhäuser auf Freiflächen, einhergehend mit einer Verringerung der Parkplätze in den Kiezen.

 

Was sollte sich also ändern? Vor allem fordert ihr mehr und breitere Radwege, die deutlich vom Autoverkehr getrennt sind und einen gut befahrbaren Bodenbelag haben – sichere Radwege eben. Viele wünschen sich mehr Kontrollen von Auto-, aber auch von Radfahrer*innen, manche schlugen vor, höhere Strafen bei Verkehrsverstößen einzuführen und falsch parkende Autos konsequenter abzuschleppen.

 

Breite Zustimmung für Fahrradstraßen

 

Selten genannt wird der Wunsch nach mehr Parkplätzen für Autos. Eine untergeordnete Rolle spielen auch Maßnahmen für Fußgänger*innen: Nur wenige Umfrageteilnehmer*innen nannten mehr Zebrastreifen, breitere Gehwege und eine bessere Ampelschaltung für Fußgänger*innen als wichtige Punkte für einen besseren Straßenverkehr im Stadtteil.

Breite Zustimmung gibt es hingegen für die Fahrradstraße, wie sie das Bezirksamt derzeit für die Stargarder Straße plant:

 

Das sind positive, fröhliche Maßnahmen zur dringend notwendigen Verkehrswende.

 

Generell zu begrüßen. Jede Straße mit weniger Autos macht sie lebenswerter.

 

Sehr gut. Autos sollten in der Innenstadt keinen Vorrang haben

 

Einige betonen jedoch, dass die Einrichtung eine Fahrradstraße noch keine Garantie für angenehmes Radfahren ist:

 

Finde ich gut, müsste aber auch eingehalten beziehungsweise kontrolliert werden. In der Choriner Straße zum Beispiel funktioniert es meiner Meinung nach nicht.

 

Fahrradstraßen müssen so gestaltet werden, dass sie für Autos unattraktiv sind.

 

Manche hingegen halten nichts davon, reine Fahrradstraßen einzurichten:

 

Das löst keine Probleme, sondern verdrängt den Verkehr in andere Nebenstraßen. Warum wird der Platz unter der U-Bahn in der Schönhauser nicht zum Parken freigegeben? Dann könnte der Parkstreifen an der Straße für Fahrräder genutzt werden und der Bürgersteig gehört den Fußgängern. Stargarder zur Einbahnstraße. Eine Fahrbahn für Fahrradfahrer (in beide Richtungen befahrbar), die andere für Autos.

 

Sperrungen für Autos finde ich gut. Von Fahrradstraßen halte ich aber nichts, weil praktisch kein Verkehrsteilnehmer die dort geltenden Regeln kennt. Deshalb sind Fahrradstraßen wirkungslos und kein Gewinn für Fahrradfahrer.

 

Nee, das macht nur den Autofahrern Stress, die haben es auch nicht leicht. Lieber mehr in Parks und Parkraum investieren.

 

Übrigens: Mehr als die Hälfte der Umfrage-Teilnehmer*innen empfindet den Prenzlauer Berger Straßenverkehr als „anstrengend“, über 30 Prozent schätzen ihn gar als „gefährlich“ ein. Immerhin 21 Prozent halten ihn für „in Ordnung“ (Mehrfachnennungen möglich). Zur Auswahl stand auch die Antwort „angenehm“. Zustimmung: 0 Prozent.

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