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Prenzlauer Berg: Umziehen unmöglich

von Kristina Auer 4. November 2018

Menschen, die in ihren Wohnungen fest sitzen, Riesen-Rummel um einen Stadtrat mit 2-Zimmer-Wohnung, und am Ende die Erkenntnis: Selbst für Topverdiener ist Mieten in Prenzlauer Berg inzwischen ein Problem. Das war die Woche in Prenzlauer Berg.


Liebe Mitglieder!

Paul wohnt in einer Wohnung am Arnimplatz: 90 Quadratmeter, 3 Zimmer, 780 Euro warm. Früher wohnte er hier mit seiner Freundin, dann trennte sich das Paar – sie zog aus. Jetzt ist die Wohnung für Paul eigentlich zu groß. „Ich würde mich gern verkleinern, aber dann müsste ich mehr zahlen“, sagt Paul.

In Prenzlauer Berg ist Paul bei weitem kein Einzelfall. „Lock-In-Effekt“ heißt das Phänomen, bei dem Menschen in einer Wohnung festsitzen, die nicht mehr zu ihren Lebensumständen passt – weil Umziehen unmöglich geworden ist. Wir widmen dem Problem unser:

Thema der Woche: Lock-In-Effekt in Prenzlauer Berg

  • Zu fünft in der 2,5-Zimmer-Wohnung: Kennt Ihr das: Ihr würdet gerne umziehen, aber das geht nicht? Per Umfrage haben wir Euch nach Euren Erfahrungen gefragt. Eure Geschichten haben uns trotz hoher Erwartungen verblüfft.
  • Verdrängung in die eigene Wohnung: Wer in Prenzlauer Berg eine bezahlbare Wohnung hat, der bleibt. Die absurden Wohnverhältnisse in einem Stadtteil, in dem Umziehen wegen Mietsteigerungen unmöglich geworden ist.
  • Zu Hause ist es zu eng – und jetzt? Im Umgang mit dem knappen Wohnraum in Prenzlauer Berg überlegen sich Mieterinnen und Mieter diese Strategien.

Und was war sonst los in Prenzlauer Berg?

  • Stolz und Selbstironie: Von wegen trübsinnig: Die Jüdischen Kulturtage haben Konzerte, Lesungen und Comedy im Programm! Prenzlauer Berg ist für die Veranstalter ein „Mikrokosmos der Akzeptanz“.

Bild der Woche:

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Archäologische Funde aus der Steinzeit der Digitalisierung in der Kastanienallee

Kurz & Knapp

  • Bilinguale Märchentage: In insgesamt zwölf Sprachen werden bei den bilingualen Märchentage von 8. bis 25. November Geschichten erzählt. Zum Programm geht’s hier.
  • Sprechstundenausfall im Jugendamt: Im Bereich Beistandschaft/Beurkundungen fallen von 12. bis 16. November die Sprechstunden aus. Grund: Eine neue Mindestunterhaltsverordnung und ein neues IT-Verfahren
  • Gewerbeamt geschlossen: Im Pankower Gewerbeamt wird gebaut, deswegen fallen am 5., 6. und 8. November die Sprechstunden aus.
  • Instabile Pappeln: Auf dem Falkplatz musste eine Pappel gefällt werden. Der Grund: Probleme mit der Standsicherheit, weil die Restwandstärke zu gering war. Die Pappeln in der Jablonskistraße haben dasselbe Problem, allerdings reicht dort Rückschnitt aus, um die instabile Lage in den Griff zu kriegen.

Unsere Fundstücke für Prenzlauer Berg:

  • Rock’n’Roll: Die Karriere der Berliner Band Kadavar begann in Prenzlauer Berg – der damalige Bassist Philipp Lippitz hatte hier eine Kneipe. Inzwischen sind die Rockmusiker nach Neukölln weitergezogen, berichtet der Tagesspiegel.
  • Zivilcourage: Als im April ein junger Mann mit einer Kippa in Prenzlauer Berg angegriffen und beschimpft wurde, schritt Janina Levy als einzige ein. Für ihre Zivilcourage wurde sie jetzt mit einem Preis geehrt. Sie finde ihr Handeln nicht mutig, sondern menschlich, hat sie rbb24 erzählt. Der Angreifer hat unterdessen seine Berufung zurückgenommen und das verhängte Urteil nachträglich akzeptiert, berichtet der Spiegel.
  • Mauerpark-Lärm: Die Berliner Zeitung führt die Debatte um Mauerpark-Anwohner fort, die sich von Musik und dem dortigen Trubel gestört fühlen. Für regelmäßige Kontrollen fehlen dem Ordnungsamt die Mitarbeiter.
  • Bürgermeister gegen Kinderhasser:  Zum Thema Mauerpark haben sich die Kollegen von der Morgenpost auch mit Bürgermeister Sören Benn (Linke) unterhalten. Demzufolge zeigt der Konflikt, dass die Stadt immer voller und die Interessenskonflikte immer größer werden. Zum Thema Kinder hat er einen klaren Standpunkt: Wen sie nerven, der soll wegziehen.
Screenshot Nachbarschaftsgruppe Wohnen

Die beste Facebook-Gruppe aller Zeiten ist die Prenzlauer Berg Nachbarschaft – beitreten, Nachbarn kennenlernen, Bescheid wissen!

Kriminelles und Unschönes aus dem Kiez:

Diese Berliner Themen sind wichtig für uns:

  • Knöllchen: Falschparker füllen die Bezirkskassen, schreibt die Berliner Zeitung. In Pankow flossen zuletzt über 3,7 Millionen Euro aus Strafzetteln in den Haushalt.
  • Mieterinitiativen wollen Enteignung: „Wir wollen denen Angst machen, die den Mietern Angst machen“: rbb24 berichtet über eine radikale Forderung von Berliner Mieterinitiativen.
  • Stadt der Querdenker: Berlin gibt vielen Oppositionellen, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden, einen Zufluchtsort. Der Tagesspiegel berichtet über ihre Arbeit im Exil.

Prenzlette auf Instagram:

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Termine und Tipps:
  • Samstag, 3. November: „Die Chorpoeten“ sind ein Crossover-Projekt von Berliner Singer/Songwritern und Chormusikern. Vom intimen Kleinod bis zur großen Hymne wurden die Werke der Solo-Künstler für Chor umarrangiert. Das Ergebnis ist um 20 Uhr in der WABE in der Danziger Straße zu hören.
  • Dienstag, 6. November : Nicht mehr ganz in Prenzlauer Berg, aber um so wichtiger: Bei der Benefizlesung in der Zionskirche lesen Berliner Autorinnen und Autoren aus ihren Büchern. Der Erlös geht an die Seenotretter von Sea-Watch.
  • Donnerstag, 8. November: Das Soundwatch-Festival steht im Zeichen des Musikfilms – wie der Name schon sagt wird im wahrsten Sinne des Wortes Klang angeschaut. Die meisten Filme laufen im Lichtblick-Kino in der Kastanien-Allee.

Das habt ihr vielleicht verpasst: 

  • Das Café Niesen ist zu: Nur wer sich früh und lautstark wehrt, hat in Prenzlauer Berg noch eine Chance gegen Vertreibung.
  • Sechs Jahrzehnte in Prenzlauer Berg: Als er in seine Wohnung zog, kostete die Miete 60 Ost-Mark und Kohlenhändler prägten den Bezirk. Besuch bei Ernst Kühn, dem ältesten und längsten Mieter in seinem Haus im Gleimviertel.
  • Ausweichschule auf der Wiese: Nach tiefem Dornröschenschlaf soll plötzlich alles ganz schnell gehen auf der Werneucher Wiese: Volleyballfelder weg, Ausweichschule hin.

Zitat der Woche:

„Man ist Politiker auf Zeit. Und von 8000 € bleibt auch nicht so viel übrig.“

Dieser Satz des Friedrichshain-Kreuzberger Stadtrats Florian Schmidt (Grüne) hat auf Twitter einen regelrechten Shitstorm ausgelöst, nachzulesen zum Beispiel hier. Schmidt wohnt mit zwei Kindern und Frau in einer Zweizimmerwohnung – für unseren Schwerpunkt zum „Lock-In-Effekt“ hat unsere Redakteurin Sarah Schaefer mit ihm gesprochen. Von einem Vertreter der FDP (sonst eher nicht die Partei der kleinen Leute) hagelte es Kritik: Wer als Stadtrat 8000 Euro im Monat verdiene, könne sich nicht beschweren, dass er keine Wohnung findet. Realitätsverlust, Elfenbeinturm, Heuchelei wetterten die Twitter-Nutzer. Ein besonnener Leser rechnete nach und stellte fest: Es bleibt tatsächlich nicht allzu viel übrig! Am Ende steht allein die Erkenntnis: Selbst für Gutverdiener ist Mieten in Prenzlauer Berg inzwischen ein Problem.

Mit dieser Erkenntnis entlasse ich Euch ins Wochenende und baue schon mal an der nächsten Zwischenebene in meinem Wohnzimmer…

Ein unbeengtes Wochenende wünscht Euch

Eure Kristina Auer und die ganze Redaktion

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