Modernisierungswut in der Grellstraße

von Anja Mia Neumann 18. Oktober 2018

Laut und kämpferisch gibt sich Roger Bach in der Diskussion mit der Deutsche Wohnen. Die wird in der Grellstraße und der Prenzlauer Allee sanieren. 2019 soll es losgehen.


Der Streit zwischen Mietern von Grellstraße (8, 9a-e, 10a-h, 11a-b, 12 und 15) und Prenzlauer Allee (86a-f) und der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen geht in die nächste Runde. Seit kürzlich die Modernisierungsankündigungen kamen, ist klar: Zwei Neubauten sollen innerhalb des Wohnblocks entstehen, dazu Fassadendämmung und Sanierungen der Gebäude aus den 1930er-Jahren. Start 2019.

Dass in dem Block etwas passieren muss, ist unübersehbar: Putz blättert von den Häuserwänden, Kabel hängen aus den Decken der Hausflure, in den Wohnungen gibt es Ofenheizungen. Auch der Sprecher der Mieterinitiative Roger Bach sagt: „Zu DDR-Zeiten sah die Siedlung besser aus als heute.“

 

„Wie zu Zilles Zeiten“

Verhindern will Bach aber, dass die Fassaden teuer gedämmt werden und im Innenhof Luxus-Neubauten entstehen. „Die Neubauten nehmen den jetzigen Mietern die Luft zum Atmen – das wäre wie zu Zilles Zeiten“, meint er. Für einen Neubau soll ein kleiner Spielplatz im Hof weichen. Für den zweiten an der Grellstraße 12 müssen die Mieter auf Fenster verzichten, die sie nachträglich eingebaut haben.

Direkt an das Haus Grellstraße 12 soll ein Neubau gebaut werden.

 

Am Dienstag war Bach bei der Deutsche Wohnen zum Gespräch eingeladen und verbucht das schon als Erfolg: „Einigen konnten wir uns nicht. Aber wir haben erreicht, dass sie mit uns sprechen und uns die Deutsche Wohnen als Gegner akzeptiert.“ Für Bach ist es ein Kampf: David gegen Goliath.

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DW-Sprecherin Manuela Damianakis hatte schon zu Beginn der Planungen klar gestellt: „Alle Mieter sollen in ihren Wohnungen bleiben können, wenn sie das möchten.“ Weder Luxussanierungen noch Verdrängung der alten Mieter solle es geben.

Im Innenhof soll ein Spielplatz einem zweiten Neubau weichen. An der Fassade steht „DW NÖ“.

 

Pankows Bezirksamt bleibt realistisch. „Aus Erfahrung ist zu erwarten, dass die angekündigten Modernisierungsumlagen recht hoch ausfallen werden“, heißt es in einer Drucksache unterzeichnet von Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke) und dem Stadtrat für Stadtentwicklung Vollrad Kuhn (Grüne). „Durch die mieterbezogenen Regelungen des Vertrages zwischen dem Bezirksamt und der Deutsche Wohnen werden diese Umlagen jedoch wesentlich geringer abgerechnet werden, da die jeweilige Einkommenssituation bei der Begrenzung der Modernisierungsumlage berücksichtigt wird.“

 

Eine Miete von 509 Euro statt 304 Euro

Gemeint ist: Die Modernisierungsumlagen sind gedeckelt, so dass die Miete nur bis zu 30 Prozent des Nettoeinkommens der jeweiligen Mieter betragen darf. Bach rechnet vor: Laut Modernisierungsankündigung muss seine Mutter, die in dem Block wohnt, künftig 200 Euro mehr pro Monat zahlen, 509 Euro statt 304 Euro.

Die Mieterberatung Prenzlauer Berg GmbH hatte nach Bekanntwerden der Pläne eine Mietersprechstunde eingerichtet – innerhalb eines Jahres kamen 22 Härtefälle zusammen. Weitere Mieter sollten sich melden, teilt das Bezirksamt mit.

Quelle: Bezirk Pankow

 

Ein neues Planungsbüro fing noch mal von vorne an

Rund lief es für die Deutsche Wohnen im ersten Jahr der Modernisierungspläne nicht. Zwischenzeitlich musste ein anderes Planungsbüro beauftragt werden. Da das neue Büro eine eigene Bestandsaufnahme durchführen wollte, öffneten alle Mieter im Frühling 2018 noch einmal ihre Wohnungen zu einer Begehung. Statt bisher drei sind jetzt nur noch zwei Bauabschnitte vorgesehen.

Bevor die ersten Bagger kommen, dringt Bach aber noch auf eine Mieterversammlung – zusammen mit der Deutsche Wohnen.

 

 

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