Akelius

Wenn Handwerker durch die Decke brechen

von Julia Schmitz 24. Januar 2020

Lärm, Dreck und Angst um die Statik: Mieter*innen in der Anton-Saefkow-Straße fordern Stadtrat Kuhn auf, die von Akelius verantwortete Großbaustelle auf ihre Sicherheit prüfen zu lassen.


Dein Vermieter hat vor einem Jahr quasi über Nacht alle Bäume in deinem Hinterhof gefällt, einen riesigen Baukran reingestellt, das Haus eingerüstet, Lastenaufzug vor deinem Fenster, Presslufthämmer im Dachgeschoss bis die Decke einstürzt, giftiger Bauschutt in Haus und Hof. Alle paar Wochen steht deine Wohnung oder dein Keller unter Wasser, Ratten breiten sich aus. Mehrfach musste die Baustelle wegen Sicherheitsmängeln von den Behörden geschlossen werden. Dein Vermieter versteckt sich hinter einem Call-Center und die Politik schaut tatenlos zu,

heißt es in einem Tweet der Akelius-Mieter*innenvernetzung über das Haus im Bötzowkiez.

Sie wurde gegründet, um berlinweit Menschen zusammenzubringen, deren Wohnungen der Akelius Berlin GmbH gehören und die sich gegen Mieterhöhungen und überteuerte Sanierungen wehren. Seit das schwedische Unternehmen 2006 auf dem deutschen Markt auftauchte, kauft es sich quer durch die Stadt, luxussaniert die übernommenen Wohnungen und vermietet sie zu horrenden Preisen – teilweise mit bis zu 24 Euro kalt pro Quadratmeter.

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Akelius

Wohnen zwischen Gerüsten und Schutt / Foto: Julia Schmitz

 

Rund 14.000 Wohnungen besitzt Akelius in Berlin, allein in Prenzlauer Berg enthält das Portfolio des Immobilienriesen 60 Häuser oder ganze Häuserblöcke. Dazu gehören auch die 1930 erbauten Gebäude zwischen Anton-Saefkow-Straße und Margarete-Walter-Straße mit über 300 Wohneinheiten. Seit Anfang 2019 wird der Häuserblock modernisiert und gleicht einer Großbaustelle. In den unteren Wohnungen bildeten sich bereits erste Risse in den Wänden; kürzlich, so berichten die Bewohner*innen weiter, seien sogar Bauarbeiter durch die Decke des Dachgeschosses in eine der darunterliegenden Wohnungen gebrochen.

Neben den sichtbaren Beeinträchtigungen der Wohnqualität durch Kräne und Schuttberge im Innenhof haben die Bewohner*innen weiteren Unmut über die Vermieter angesammelt: Feuchte Wände und Schimmel in den Wohnungen würden mit der Begründung, „das sei in Altbauten nunmal so“, abgewiesen; durch die Entfernung von Hausnummern sei der Wohnkomplex – in dem viele ältere Menschen leben – für Rettungswagen im Notfall nicht auffindbar. Und dann sei da noch die Sache mit den Balkonen: Die werden an die Häuser angebaut, ohne dass die Mieter*innen Mitspracherecht haben, heißt es. Zahlen müssen sie aber dafür – je nach Stockwerk zwischen 25 und 100 Euro pro Monat, zusätzlich zur Miete.

 

Akelius: „Statik nicht beeinträchtigt“

„Grundsätzlich sind wir bemüht, die Unannehmlichkeiten bei Baumaßnahmen für unsere Mieter so gering wie möglich zu halten“, sagt ein Sprecher der Akelius Berlin GmbH auf Nachfrage der Prenzlauer Berg Nachrichten. Auf der Baustelle sei ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator involviert und den Mietern, „sofern vereinzelt Deckenkonstruktionen bei einer Voruntersuchung auffällig waren“, Ausweichmöglichkeiten angeboten worden. Er betont weiter: „Die Behauptung, dass der Ausbau der Dachgeschosse die Statik beeinträchtigt, ist falsch. Wir weisen das mit aller Deutlichkeit zurück.“ Die Arbeiten an dem Gebäudekomplex sollen voraussichtlich im Dezember 2020 abgeschlossen sein.

 

Mieter fordern externe Prüfung

Die Mieter*innen wandten sich nun direkt an Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Bei der jüngsten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) überreichten sie dem Stadtrat eine von 200 Menschen unterzeichnete Unterschriftenliste.

Der Bezirk muss die Baustelle prüfen! Wir brauchen einen unabhängigen Gutachter, der den Umgang mit Gefahrenstoffen und die Statik der Häuser überprüft. Allgemein müssen die Sicherungsmaßnahmen und die Arbeitsbedingungen auf der Baustelle regelmäßig kontrolliert werden,

 

forderte eine Sprecherin der Bewohner*innen das Bezirksamt auf. Kuhn wies darauf hin, dass jeder Bauherr eine zertifizierte Prüfung der Statik nachweisen muss, um vom Bezirk überhaupt eine Baugenehmigung zu erhalten. Er habe die Bauaufsicht aber bereits angewiesen, die Baustelle noch einmal zu kontrollieren und werde eine Untersuchung auf Schadstoffe beantragen. Für die Mieter*innen der Anton-Saefkow-Siedlung ist das ein erster Erfolg.

 

Anm. d. Red.: Bei Redaktionsschluss lag uns noch keine Stellungnahme der Akelius Berlin GmbH vor. Wir haben diese nun im Text ergänzt.

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