Kaffeekrieg statt Kaffeeklatsch

von Constanze Nauhaus 27. September 2016

Warum ist das Manolo zu? Wo ist das Impala? Und was will Coffee Fellows hier? David gegen Goliath an der Eberswalder Straße.


Wenn man in Prenzlauer Berg plötzlich nicht mehr an jeder Ecke einen Kaffee bekommt, dann liegt etwas im Argen. Wenn es dann gleich zwei gegenüberliegende Ecken sind, an denen man plötzlich keinen Kaffee mehr bekommt, dann liegt wirklich etwas im Argen. Und wenn diese Ecken auch noch an der Eberswalder Straße liegen – dann ist sie am Dampfen. Die Kaffeetasse. Was tun? Nach Mailand ziehen? Nein, keine Angst, Kaffee gab es, gibt es (aktuell weniger), wird es weiterhin geben. Genauer gesagt ab heute, wenn die neue Coffee Fellows-Filiale auf den zwei Etagen des ehemaligen Klamottenladens Meldestelle eröffnet. Ganz fancy, mit Coworking-Space. Was? Hat uns gerade noch gefehlt? Das dachte sich auch die Berliner Morgenpost, betitelte die Eberswalder im Februar gar als völlig „coffeeshopisiert“. Elf Cafés im Radius von 100 Metern. Und nun also noch ein Big Player. Die Begeisterung am Herzstück der Prenzlauer Berger Infrastruktur hält sich in Grenzen.

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„Die Ketten machen unseren Kiez kaputt!“

 

„Schreiben Sie, wie schrecklich das alles ist!“, seufzt Andrea Wehner aus dem Blumenladen gegenüber. „Die Ketten machen unseren Kiez kaputt, das Individuelle wird zerstört.“ Über 20 Jahre hat sie ihren Laden an dieser Stelle, was nicht alle von sich sagen können. Viel wird gemunkelt an Danziger Straße und Schönhauser Allee, in Pappel- und Kastanienallee. Von geldgierigen Vermietern, Mieterhöhungen um die 120 Prozent, solventen Ketten und verdrängtem Einzelhandel. Und mindestens genauso viel wird geschwiegen. Bei Impala etwa, dem Café am Senefelderplatz, das bis zum Frühjahr einen kleinen Ableger neben der ehemaligen Meldestelle im Haus Danziger Straße 1 betrieb, möchte man sich zu den Vorkommnissen nicht äußern. „Wir geben keine Meinung raus und auch keine Informationen“, so Gisela Sachse von Impala. Zu heikel, diese ganze Geschichte.

 

Auch das Manolo hat aufgegeben

 

Lassen wir sie uns zunächst aus Sicht der Hausverwaltung Jacob erzählen. Sandra Jacob beginnt das Gespräch mit einem bezeichnenden „Ich weiß gar nicht, was davon ich Ihnen jetzt erzählen mag.“ Und erzählt dann doch ein bisschen. „Der Kleidungsladen ist rausgegegangen“, beginnt die Vermieterin. Warum? „Kann ich Ihnen jetzt auch nicht so sagen.“ Jedenfalls habe man die Räume anschließend zur Vermietung angeboten. Die Interessenten: 95% Gastronomie. „Wir haben nach einem Mieter gesucht, der dort zusammen mit dem Impala gut bleiben könnte.“ Die Idee sei sogar gewesen, dass das Impala sich etwas vergrößere, man von den Räumen der ehemaligen Meldestelle etwas abzweige. Man habe „unter Vermietungsdruck“ gestanden. Klar, 445 Quadratmeter Gewerbe, Prenzlauer Berg, da kommt einiges zusammen. Die Entscheidung fiel letztendlich für Coffee Fellows. Café neben Café, really? „Gut, der erste Eindruck ist sicher, das passt ja gar nicht. Aber das Hauptaugenmerk beim Coffee Fellows lag auf dem Coworking-Gedanken“, so Jacob. „Sonst hätten wir nochmal woanders geguckt.“ Es gebe ja auch viele Restaurants, die nebeneinander existieren könnten. Dann aber hätten sich die Impala-Betreiber „umentschieden“. Also aus freien Stücken nach 13 Jahren gekündigt? „Das geht mir zu sehr ins Detail“, weicht Jacob aus. Und ob sie etwas wisse über das Manolo auf der gegenüberliegenden Straßenseite, den Dritten am Kaffeetisch, seit einiger Zeit mit abgeklebten Fenstern und „Wir renovieren für Sie“-Schildern? „Ich hoffe, das hat nicht endgültig zu? Ich fand den Laden sehr schön.“

Das fanden viele, umso überraschender das plötzliche – ja, endgültige! – Ende. Übrigens auch vom benachbarten Hot-Dog-Miniladen. Dass es auch hier unter der Oberfläche brodelt, wird zufällig im Vorbeigehen deutlich. Die Tür ist angelehnt, eine Frau mit kurzen Haaren kommt heraus, hievt Reste brauner Lederbänke auf ihr Fahrrad. Prenzlauer Berg Nachrichten, ob Sie einen Moment habe? „Nein, gar nicht, überhaupt nicht“, wehrt sie ab. „Ich hab auch gar keine Zeit!“. Beim benachbarten Restaurant Filetstück ist man gesprächiger. Mieterhöhungen habe es gegeben, nicht zu knapp, verrät ein Mitarbeiter. Das Filetstück könne sie sich gerade noch leisten. Aber das Manolo? Der Auszug habe vielleicht mehrere Gründe, aber die höhere Miete sei auf jeden Fall einer davon.

 

„Würde ich Ihnen auch wenn ich es wüsste nicht sagen.“

 

Wovon man bei der betreffenden Hausverwaltung nichts wissen will. „Das Manolo hat aus Angst vor der bevorstehenden Konkurrenz durch Coffee Fellows zugemacht“, erzählt die Mitarbeiterin der Hausverwaltung Horstmann am Telefon. Ob es eine Mieterhöhung gegeben habe? Ja, in ortsüblichem Umfang, lautet die Antwort, gefolgt von einem etwas zu hastigen „Die waren da ja schon lange drin!“. Aber der Auszug habe mit der Mieterhöhung nichts zu tun. Die Erhöhung sei aber vor der Kündigung erfolgt? Pause. „Ja.“ Nach der dritten Nachfrage, ob das Manolo nicht vielleicht doch wegen der immensen Miete aufgegeben habe, wird es der Mitarbeiterin zu bunt. „Würde ich Ihnen auch wenn ich es wüsste nicht sagen, geht Sie ja nichts an“, pflaumt sie, lässt ein gezwungenes Lachen folgen. Ob denn Vater oder Sohn Horstmann, ihre Chefs, zu sprechen seien? „Nein, ich glaube nicht. Die haben anderes zu tun.“ Überhaupt sei auch sie grad in einem Termin, ungünstig, auf Wiederhören.

Was bleibt uns also? Viele Fragezeichen, viele Coworking-Spaces, eine große Kaffeekette mehr, zwei individuelle Cafés weniger. Und nicht zuletzt ein kleines ironisches Gimmick vom netten Mitarbeiter des Filetstücks. Der weiß nämlich, wer ins ehemalige Manolo einzieht. War schon da, hat sich vorgestellt, hat bereits mehrere Läden in der Stadt.. Die Spannung steigt auf ein Maximum? Gut, wir verraten es: ein Hühnerhaus. Endlich! Der Ali Baba-Imbiss und der Gemüse Kebab an derselben Ecke werden sich freuen.

 

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