Kleingarten

Die Leiche im Gemüsebeet

von Julia Schmitz 9. August 2022

Erst war sie Kirchenmalerin, dann Juristin. Jetzt schreibt Eva Siegmund humorvolle Krimis, die in einer Pankower Kleingartensiedlung spielen.


Zu unserem Treffen hat sie mir Saatgut mitgebracht: Ein Tütchen Samen für eine besonders schmackhafte Bohnensorte, die sich sehr einfach im heimischen Beet anpflanzen lässt. Denn wie Eva Siegmund sitze auch ich in meiner Freizeit mit Vorliebe im Gemüsebeet meines Kleingartens, zupfe Unkraut und schaue der Roten Bete beim Wachsen zu. Ich schreibe allerdings keine Bücher darüber – Eva Siegmund schon.

Ihr im März unter dem Pseudonym Mona Nikolay erschienener Krimi „Rosenkohl und Tote Bete“ gehört als erster Teil zu einer Reihe, die in einer Schrebergartenkolonie im Norden Pankows spielt. Hier haben Caro und ihr Mann Eike nach langem Warten endlich eine Parzelle ergattert. Doch als sie – mit schicker „Gartenkleidung“ ausgestattet, aber ohne einen Funken Ahnung vom Gärtnern – enthusiastisch das erste Beet umgraben, stoßen sie dort nicht nur auf Blumenzwiebeln. Sondern auch auf eine Leiche.

Es sind die Überreste von Karl Wischnewski, dem besten Freund des Kleingartenvorsitzenden Manfred Nowak. Oder ehemals besten Freund, denn „Kalle“ hatte sich vor ein paar Monaten überraschend mit allen Gartenfreund*innen überworfen und nichts mehr von sich hören lassen. Manfred, der bis zu seiner krankheitsbedingten Frühpensionierung als Polizist tätig war, lässt daraufhin seine Kontakte spielen, um den Fall zu lösen. Dass Caro ihn dabei unterstützen will, lehnt er ab. Doch die hängt sich hartnäckig an seine Fersen.

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„Schön, aber auch schrecklich langweilig“

Eva Siegmund vor ihrer Kleingartenlaube / Foto: privat

Dass Eva Siegmund heute erfolgreich Kriminalromane und Jugendbücher schreibt, war nicht von Anfang an geplant. Zwar hatte die 1983 im Taunus geborene Autorin schon in ihrer Kindheit den Hang, „Phantasie und Wirklichkeit zu verwechseln“ und Geschichten zu schreiben.

Doch nach dem Abitur entschied sie sich erstmal für ein völlig anderes Gebiet: Sie ließ sich zur Kirchenmalerin ausbilden. „Eine schöne und filigrane, aber auch schrecklich langweilige Arbeit“, erzählt sie. Stundenlang mache man die gleichen, sehr kleinen Bewegungen; Radio hören sei in den Kirchen – vor allem in den traditionellen Gotteshäusern Südbayerns, in denen sie lernte – verpönt, man sei also die meiste Zeit alleine in der Stille.

Also war ein Richtungswechsel vonnöten. Aus der bayrischen Provinz zog sie zu ihrem Freund nach Berlin und schrieb sich für ein Jurastudium mit Schwerpunkt Strafrecht ein, arbeitete danach einige Jahre bei einem Verlag in der Rechtsabteilung. „Schreib‘ doch mal einen Roman darüber“, baten Freund*innen immer wieder. Aber das funktionierte erst mit Hunderten Kilometern Abstand und einem anderen Namen: Catalina Ferrera lautet das Pseudonym, welches Eva für ihre Kriminalromane nutzt, die sie in Barcelona angesiedelt hat. Zwischen 2018 und 2021 hat sie insgesamt vier davon veröffentlicht.

 

Erst Barcelona, dann Berlin

Nach ihrer Rückkehr aus Barcelona übernahmen sie und ihr Partner einen Schrebergarten in Pankow und mussten sich fortan mit der exakt vorgegebenen Heckenhöhe und dem richtigen Anbau von Kartoffeln auseinandersetzen. „Kleingärtenkolonien sind wie ein eigener, skurriler Kosmos, in dem Menschen auf engem Raum zusammenleben, die sonst wenig miteinander zu tun hätten“, meint sie.

Denn trotz engem Bewuchs mit Sträuchern und Stauden bleibt den Gartenfreund*innen nur wenig voneinander verborgen. Geschichten lassen sich dort pflücken wie reife Äpfel vom Baum – ein gefundenes Fressen für die Berliner Autorin. Der zweite Band „Amsel, Drossel, tot und starr“ erscheint bereits im Herbst. „Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind natürlich rein zufällig“, sagt Eva Siegmund mit einem Schmunzeln. Oder doch nicht?


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Titelbild: Jonathan Kemper

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