Sommerferien

Urlaub in der eigenen Stadt

von Redaktion 11. Juli 2022

Juchhuu, die Ferien haben begonnen und in Prenzlauer Berg findet man endlich wieder einen Parkplatz! Wir verabschieden uns mit 15 Tipps für den Sommer in eine kleine Pause.


Ein Tag in Tempelhof

Für einen Sommertag am Hafen genügt eine Fahrt mit der U6 zur Ullsteinstraße. Hier steht das geschichtsträchtige Ullsteinhaus. Der eindrucksvolle Bau im Stil des Backsteinexpressionismus beherbergte Ende der 20er Jahre die Druckerei des Ullsteinverlages. Noch heute schmückt eine Eule die Fassade. Ihr zu Füßen lässt sich entspannt ein Feriengetränk süffeln. Wer richtiges Urlaubsfeeling möchte, besucht Martis Fischrestaurant auf einem Schiff, das im Hafen ankert. Zwischen Rettungsringen und Piratenfiguren verzehrt man Fischgerichte oder üppige mediterrane Vorspeisenplatten. Dazu ein leichtes Schaukeln der Wellen, wer braucht da noch Mittelmeer? Zum Schlendern nach dem Essen lädt die denkmalgeschützte Monopol-Siedlung um die Ecke ein, die einst für die Arbeiter*innen einer Branntweinfabrik in den 1920ern erbaut wurde, nachdem die Regierung sich das Monopol auf dessen Herstellung gesichert hatte. (Katharina)

Ullsteinhaus: Ullsteinstraße 114-142
Martis Fischrestaurant: Tempelhofer Damm 227
Monopol-Siedlung: Monopolstraße, 12109 Berlin

 

Literarischer Kiezspaziergang oder Audiowalk

Ihr möchtet weitere Ecken der Stadt kennenlernen, wollt dabei ein wenig Abwechslung? Ein literarischer Spaziergang oder ein Audiowalk präsentieren bekannte Ecken in einem anderen Licht. So stellen die Autor*innen der Stadt der Anthologie der Nachbarschaften verschiedene Kieze in ihren Texten vor. Während Lea Streisand etwas über das Bötzowviertel erzählt, präsentiert David Wagner das Viertel rund um den Gesundbrunnen. Wer nicht lesen möchte, der schnappt sich einfach Kopfhörer und Handy und lädt einen Audiowalk herunter oder nutzt eine der bereitgestellten Apps. Die Kiezpoeten liefern euch für Touren durch Mitte, Wedding oder Spandau ein wenig Poetry Slam, mit den Audiowalks der Berlinischen Galerie erfahrt ihr bei einem Spaziergang etwas über die Berliner Architektur der 1980er Jahre und Querstadtein gibt Menschen das Wort, die auf den Straßen rund um den Bahnhof Zoo und den Kurfürstendamm leben. Sie geben Einblicke in ihren Alltag, erzählen von ihren Nöten und Träumen für die Zukunft. (Christina)

 

Durch Moorwiesen in Lübars wandern

Eine knappe Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Prenzlauer Berg entfernt liegt ein Stadtteil, der wie aus der Zeit herausgefallen scheint: Alt-Lübars. Kopfsteinpflaster, Pferdehöfe und eine kleine Kirche prägen das älteste Dorf Berlins, das 1230 gegründet wurde und seitdem eingebettet in weite Felder liegt. Hier beginnt auch der sieben Kilometer lange Rundwanderweg durch die Eichwerder Moorwiesen, der unter anderem am Köppchensee vorbeiführt. Früher wurde hier Torf gestochen, heute ist der Ort Heimat für zahlreiche tierische und pflanzliche Arten. Im Anschluss wartet ein Kaltgetränk im Alten Dorfkrug auf euch, der praktischerweise direkt neben der Bushaltestelle liegt. (Julia)

 

Ins angenehm klimatisierte Kino gehen

Die meisten kennen das Lied „Sind so kleine Hände/ winzge Finger dran. / Darf man nie drauf schlagen / die zerbrechen dann.“ Es ist von der Liedermacherin Bettina Wegner, die eher nicht dem großen Publikum bekannt ist und selten öffentlich in Erscheinung tritt. Nun aber gibt es einen Dokumentarfilm von Lutz Pehnert, der schlicht „Bettina“ heißt. Dass der Film zum Lachen ist, oft auch nachdenklich und melancholisch macht, liegt natürlich an Bettina Wegner selbst, die oft rauchend auf der Couch sitzt und mit einer unvergleichlichen Reibeisen-Stimme und einer berlinernden Schnoddrigkeit schlagkräftig und pointiert Sätze von großer, humorvoller Nüchternheit spricht: über ihre Beziehungen mit Thomas Brasch oder Oskar Lafontaine, über das Ringen mit der DDR, aber auch über das Leben nach der Wende (Sie lebe heute „drüben“, sagt sie immer noch). Und so sieht man eben einen Film, der zeigt, dass das Leben in DDR weitaus differenzierter war und Menschen widersprüchlich sind. Geht ins Kino – wenn es zu heiß sein sollte oder der Sommer kühl und regnerisch wird. (Peter)

 

Anderen beim Arbeiten zuschauen

Drei Staffeln lang konnte man die dänische Politikerin Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) auf ARTE dabei beobachten, wie sie sich in zähen Koalitionsvehandlungen dank ungeahnter Verbindungen die Macht sicherte. Hinzu kamen persönliche Schicksalsschläge, wie Scheidung und Brustkrebs. Selten durchleuchtete eine Serie den politischen Betrieb mit einer derartigen Ernsthaftigkeit wie „Borgen – gefährliche Seilschaften“. Nach einer zehnjährigen Pause läuft die vierte Staffel jetzt auf Netflix. Also: Krawatte umbinden, Wein eingießen, auf den ergonomischen Bürostuhl setzen und einschalten! (Katharina)

 

Mit der BVG-Fähre über den Müggelsee schippern

„Pack‘ die Badehose ein, nimm‘ dein kleines Schwesterlein und dann nischt wie raus zum“ … Müggelsee! Dort dreht nämlich, neben verschiedenen Fahrgastschiffen, auch die BVG-Fähre (Linie F23) ihre Runden. Für den Schnäppchenpreis von 3 Euro – für alle, die kein 9-Euro-Ticket haben – geht es vom Müggelwerderweg in Rahnsdorf zum Müggelhort, über die Müggelspree vorbei an Neu Helgoland und dann zur Station Kruggasse. Dort wartet die Müggelseefischerei mit geräuchertem Aal und Schillerlocke auf euch. Wer muss da noch ans Meer fahren? Zurück geht’s auf dem gleichen Wasserweg oder per Tram und S-Bahn. (Julia)

 

Kultursommer erleben

Lesungen im Strandbad, Theater auf der Straße oder ein Konzert im Park: Was wäre ein Berliner Sommer ohne Kunst und Kultur im Freien? Bis September bietet der „Kultursommer“ kostenlose Open-Air-Veranstaltungen in der ganzen Stadt. Dabei sind nicht nur die bekannten Kulturinstitutionen vertreten,sondern auch die freie Kulturszene. Wie wäre es mit einer Mischung aus Performance, Konzert und Live-Visuals im Garten des Oyoun, einer Daumenkinographie im Ballhaus Wedding oder Ödipus auf einem Parkdeck? (Christina)

 

Zeit zum Lesen

Endlich den Stapel Bücher lesen, der sich im Laufe der letzten Monate angesammelt hat. Eines, das dabei sein sollte:
 „Meine Schwester“ von Bettina Flitner. Bettina Flitner ist eigentlich Filmemacherin und Fotografin. Aber nun hat sie ein großartiges Buch geschrieben: Vor ein paar Jahren rief der Mann ihrer Schwester an und sagt: „Sie hat es getan.“ Jahrzehnte vorher rief der Vater an und sagt: „Sie hat es getan.“ Mutter und Schwester haben sich umgebracht. Ja, es hört sich nach schwerer Lesekost an. Aber es liest sich nicht schwer – im doppelten Sinne nicht schwer. Sie erzählt diese anekdotenreiche Familiengeschichte mit mitreißendem Schwung, mit Witz, Komik und einer Schnörkellosigkeit, die einen nicht als emotionales Wrack zurücklässt. (Peter)

Bettina Flitner: Meine Schwester, Kiepenheuer&Witsch, 320 Seiten, 22 Euro

 

Schattenspiele mit Bruno Schulz

„Im Juli pflegte mein Vater ins Bad zu fahren und mich zusammen mit meiner Mutter und meinem Bruder den weißglühenden und berauschenden Sommertagen auszuliefern. Trunken vom Licht blätterten wir in dem riesigen Ferienbuch, dessen Seiten leuchtend flammten und auf ihrem Grund das bis zur Besinnungslosigkeit süße Fruchtfleisch goldener Birnen bargen.“ So beginnt das erste Kapitel mit dem Titel „August“ des Erzählbandes „Die Zimtläden“ von Bruno Schulz. Der polnische Autor und Künstler, der 1942 von einem SS-Mitglied erschossen wurde, lebte im Galizien der Jahrhundertwende und schildert in den Geschichten seine Kindheit im Schtetl. Dabei stößt er auf versteckte Plätzen, kabbalistische Erscheinungen und klassische Mythen, die sich in Alltags-Magie kleiden und eine wundersame Authentizität erzeugen. Man möchte mit ihm gehen und die Zimtläden suchen, Kirschen zum Platzen bringen und das Geheimnis der Schneiderpuppen ergründen. (Katharina)

Bruno Schulz: Die Zimtläden, aus dem Polnischen übersetzt von Doreen Daume, Hanser Verlag, 232 Seiten, 25 Euro

 

Geschichten vorlesen lassen

Als Buchhändlertochter, Literaturwissenschaftlerin und Kulturjournalistin ist es irgendwie logisch: Bücher spielen eine immens wichtige Rolle in meinem Leben. Ich lese im Bett, am Küchentisch, in der Bahn oder in der Badewanne – und lasse mir außerdem besonders gerne vorlesen! Zum Glück finden auch im Sommer zahlreiche Literaturevents in der Stadt statt. Isabelle Graw diskutiert mit Helene Hegemann über ihr gesellschaftskritisches Buch Vom Nutzen der Freunschaft (12.7., 19 Uhr, Literaturhaus Berlin). Lucy Fricke liest aus ihrem neuen Roman Die Diplomatin und Andreas Stichmann aus Eine Liebe in Pjönjang (14.7., 19.30 Uhr im Literarischen Colloqium am Wannsee). Tom Schmieder nimmt uns in Als wir einmal fast erfolgreich waren ins Westberlin des Jahres 1979 mit (15.7., 20.30 Uhr, Z Bar). (Julia)

 

Nichtstun

Warum eigentlich immer etwas tun? Warum immer unterwegs sein, Bücher lesen oder Serien gucken? Das schwierigste Tun ist das, das man nicht sieht: das Nachdenken. Also, wie wäre es, die Stille zu suchen, einfach irgendwo zu liegen oder zu sitzen, in den Himmel zu gucken oder Menschen zu beobachten? Auf welche Gedanken kommt man da? Und müssen überhaupt Gedanken kommen? Probiere es, es tut gut. (Peter)

 

Nun lüften wir unsere Strohhüte: Habt einen schönen Sommer! Wir sind am 25. Juli wieder für euch da.

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