Wohnung

Bezahlbar wohnen

von Redaktion 8. September 2021

Am 26. September findet die Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus statt. In den Prenzlauer Berg Nachrichten antworten die Parteien auf eure drängendsten Fragen. Dieses Mal beschäftigen wir uns mit dem Themenkomplex „Wohnen und Bauen“.


Ob Enteignungsbestreben oder Sanierungsbedarf, Neubau oder Vorkaufsrecht: Themen rund um die Frage, wie in Zeiten stetig steigender Mieten Wohnen bezahlbar bleiben soll, bewegt viele Bürger*innen in Prenzlauer Berg. Wir haben diesbezüglich den Parteien auf den Zahn gefühlt.


                          Dies ist ein Text aus unserem Schwerpunkt
Wahljahr 2021


Aber wen soll man in diesem Jahr wählen? Wir hatten euch um eure Fragen an die Kandidat*innen gebeten; diese haben wir im Anschluss an die Parteien geschickt, die aktuell bereits im Abgeordnetenhaus sitzen.

Geantwortet haben die Kandidat*innen für die Wahlkreise 6, 7, 8 und 9 – also jene, die teilweise oder ganz in Prenzlauer Berg liegen. Das sind

  • für die SPD Linda Vierecke (6), Annette Unger (7) Stephanie Wölk (8) und Tino Schopf (9)
  • für Die Linke: Katja Rom (6), Sandra Brunner (7), Janine Walter (8), Michail Nelken (9)
  • für Bündnis 90/Die Grünen: Andreas Otto (6), Julia Schneider (7), Daniela Billig (8), Stefanie Remlinger (9)
  • für die CDU: Stephan Lenz (6), Antje Tölle (7), Mario Röllig (8), David Paul (9)
  • für die FDP: Thomas Enge (6), Julius Grotte (7), Sandra Milkereit (8), Artur Gärtner (9)
  • für die AfD: Tobias Thieme (6), Fred Gornig (7), Melanie König (8), Frank Behnke (9).

Viele Menschen in Prenzlauer Berg haben Angst, aufgrund von Mieterhöhungen oder der Umwandlung in Eigentumswohnungen ihr Zuhause zu verlieren. Wie setzen Sie sich für bezahlbare Mieten ein? 

Die Linke:  Die Linke setzt sich für eine Ausdehnung des sozialen Erhaltungsrechtes (Milieuschutzgebiet) auf weitere Wohnquartiere ein. Dadurch kann der Bezirk unangemessen aufwendigen und teuren Modernisierungen die Genehmigung versagen. Zudem bedarf in Milieuschutzgebieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen der bezirklichen Genehmigung und es gibt ein Vorkaufsrecht für den Bezirk beim Verkaufen von Wohnhäusern durch private Eigentümer. Wir stärken die Mieterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte durch kostenlose Mieterberatungen. Wir beauflagen die landeseigenen Wohnungsunternehmen zu einer sozialen Vermietungs- und Mietenpolitik mit Quoten für Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) bei der Wieder- und Erstvermietung sowie mit einer Begrenzung der Miethöhe auf maximal ein Drittel des verfügbaren Netto-Einkommens des Mieterhaushaltes. Die Linke wird die Ausdehnung und Verstetigung der Wohnungsneubauförderung für neue Sozialwohnung für WBS-Berechtigte betreiben und die Unterstützung und finanzielle Förderung von Genossenschaften bei Neubau und Bestandserwerb ausbauen.

SPD: Wohnen ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Wir wollen das Wohnen auch für Gering- und Normalverdiener wieder bezahlbar ist und Menschen nicht mehr aus ihrem Zuhause verdrängt werden. Um das zu erreichen, braucht es eine Vielzahl an Maßnahmen. Ein wesentlicher Schritt ist, dass die Politik Immobilienspekulanten und Entmietern ihr Geschäftsmodell zunichte macht. Die SPD-Fraktion hat im Bundestag gegen große Widerstände der CDU/CSU-Fraktion mit der Kappung der Kosten für Modernisierungsmaßnahmen von 15 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche auf zwei bzw. drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und dem Baulandmobilisierungsgesetz das Geschäftsmodell der Luxusmodernisierung sowie der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ein Ende gemacht. Auf Grundlage des Baulandmobilisierungsgesetzes hat der Berliner Senat per Rechtsverordnung beschlossen, dass berlinweit die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig ist und damit de facto spekulative Umwandlungen unterbunden.

Für viele Berliner*innen kommt diese Verordnung leider zu spät. Für sie wird es entscheidend sein, dass die kommende Bundesregierung Eigenbedarfskündigungen stark einschränkt, um dieses Einfallstor der Verdrängung zu schließen. Um die rasanten Mietsteigerungen kurzfristig zu unterbinden, braucht es zudem auf Bundesebene eine Mietpreisbegrenzung. Momentan ist der Ausverkauf von Wohnhäusern noch im vollen Gange. Wir werden uns im Abgeordnetenhaus dafür einsetzen, dass das Vorkaufsrecht konsequent zugunsten der landeseigenen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften angewendet werden kann. Denn diese Ausgaben sind eine gute Investition in bezahlbare Mieten und den Erhalt von Nachbarschaften. Des Weiteren fordern wir ein konsequenteres Vorgehen gegen Leerstand, Zweckentfremdung und den Verfall von Wohnraum.

Mittel- bis langfristig führt der Neubau von bezahlbarem Wohnraum für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Darum müssen Neubauvorhaben schneller umgesetzt werden. Dabei braucht das Land Berlin die Unterstützung von gemeinwohlorientierten Akteuren in der Wohnungswirtschaft, wie Wohnungsbaugenossenschaften. Im Abgeordnetenhaus werden wir uns dafür einsetzen, dass das Land Berlin Genossenschaften öffentliche Grundstücke in Erbbaupacht zur Verfügung stellt und bessere Förderkredite mit längeren Tilgungsraten in Aussicht stellt, damit Genossenschaften zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum beitragen können.

Bündnis 90/Die Grünen: Der Mietendeckel ist ein wichtiges und funktionierendes Instrument gewesen, um die Berliner*innen vor überhöhten Mieten zu schützen. Das Verfassungsgericht hat leider entschieden, dass die Bundesländer solche gesetzlichen Regelungen nicht fassen dürfen. Wir setzen uns deshalb für eine Gesetzesänderung auf Bundesebene ein, die uns diese Regelung als Bundesland erlaubt, so dass wir einen Mietendeckel wieder einführen können. Die Umwandlung in Eigentumswohnungen kann gegenwärtig nur in Milieuschutzgebieten verhindert bzw. reglementiert werden. Wir setzen uns deshalb für eine Ausweitung dieser Regelung oder die Erleichterung von Milieuschutzgebieten ein. Das Schlupfloch von Eigentümer*innen für einen Zeitraum nur an die Mieter*innen zu verkaufen, muss auf Bundesebene gestopft werden.

Insgesamt ist es unser Ziel, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert umzubauen, indem wir den Anteil von Wohnungen in der Hand nicht renditeorientierter Akteur*innen weiterhin konsequent erhöhen. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ wollen wir mindestens 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in gemeinwohlorientierte Hand bringen. Die Verpflichtung auf das Gemeinwohl gilt für alle Akteur*innen auf dem Wohnungsmarkt. Fördern wollen wir aber insbesondere diejenigen, die Wohnraum der Spekulation entziehen, bezahlbare Wohnungen für alle gesellschaftlichen Schichten bereitstellen und bei Mietgestaltung und Belegung soziale Kriterien anwenden. Dazu zählen die landeseigenen Wohnungsunternehmen, gemeinwohlorientierte Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen, Stiftungen und Hausprojekte sowie Privatvermietende, die sich wie die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften auf das Gemeinwohl und somit dauerhaft auf leistbare Mieten für alle Schichten verpflichten.

FDP: Die Ursache für hohe Mieten ist die sprichwörtliche Nachfrage Hunderter auf eine Wohnung – ein leider viel zu oft erlebbares unsägliches Bild, eine unwürdige Situation, für Mieter und Vermieter gleichermaßen. Wir wollen die Ursache hierfür ändern, nicht die Symptome, und die Ursache ist das Unterangebot an Wohnungen. Wir wollen alle uns möglichen Hebel in Bewegung setzen, die das Ziel verfolgen, Wohnraum zu schaffen. Hier sind alle gefragt: Öffentliche Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und private Investoren. Nur alle gemeinsam schaffen es, die Vielzahl an Wohnraum zu realisieren, die wir gerade in Pankow brauchen.

Wir wollen die Rahmenbedingungen ändern, um damit wieder das zu schaffen, was wir in den vergangenen Jahren leider verloren haben, nämlich Anreize, bei uns im Kiez und im Bezirk zu bauen und zu investieren. Wir brauchen weniger Bremsen und vielmehr Turbo – bspw. bei der Bearbeitungszeit von Baugenehmigungen. Auch brauchen wir nach dem Scheitern des Mietendeckels dringend eine Fortschreibung des Mietspiegels. Und wir fordern, dass alle neuen und bestehenden Gesetze einer sogenannten Wohnkostenfolgeschätzung, also einem Mieten-TÜV, unterzogen werden. Mit dem Mieten-TÜV wollen wir die Auswirkungen bestimmter Gesetze auf die Mieten prüfen.

CDU: Mit einem neuen Berliner Mietergeld wollen wir gezielt Mieterinnen und Mieter im mittleren Einkommenssegment unterstützen. So wollen wir sicherstellen, dass maximal 30 Prozent des Einkommens für die Miete aufgewendet werden muss. Darüber hinaus setzt sich die Berliner CDU für eine konsequente Stärkung des Mieterschutzes ein. Deshalb fordern wir ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“, um die Wohnungsaufsicht und die Rechtshilfe der Mieter zu stärken. Ein generelles Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen schafft keinen neuen Wohnraum. Wir brauchen eine Evaluierung des Wohnberechtigungsscheins, denn dieses richtige und wichtige Instrument erfüllt derzeit nicht seinen Zweck. Immer wieder nehmen wir wahr, dass Bürger nach heutigem Einkommensstand nicht mehr berechtigt wären, damit Berechtigten Wohnräume entziehen und durch Untervermietungen zusätzliche Einkommen generiert werden.

AfD: Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, müssen nicht nur die Voraussetzungen für bedarfsgerechten Wohnungsneubau, z. B. durch die Ausweisung von Bauland geschaffen, sondern auch die Kosten substanziell gesenkt werden. Die AfD fordert daher die Reduktion der überzogenen Standards und Vorgaben, die Streichung der Energieeinsparverordnung sowie den Brand-, den Wärme- und den Schallschutz auf ein not- wendiges Mindestmaß zurückzufahren. Wir benötigen eine bundesweite Vereinfachung und Vereinheitlichung des Baurechtes und eine Beschleunigung von Verfahren durch Bürokratieabbau und Digitalisierung. Bauen ist die einzige Möglichkeit, auf Dauer bezahlbare Mieten zu ermöglichen.

 

Wer seine Familie vergrößern will, findet oft keine neue Bleibe im Kiez. Was muss getan werden, um die Durchmischung der Nachbarschaften zu erhalten und Verdrängung zu verhindern?

Die Linke: Wer seine Wohnsituation verändern will, unabhängig davon ob sie oder er die Wohnfläche vergrößern oder verkleinern möchte, hat in den Kiezen des Prenzlauer Bergs keine Chance, sich diesen Veränderungswunsch zu erfüllen, wenn nicht ein entsprechend hohes Haushaltseinkommen vorhanden ist. Die soziale Entmischung ist in vielen Kiezen der Gründerzeit schon vollzogen. Nach der sozialen Verdrängung der alteingesessenen Bewohner*innen folgte eine zweite Verdrängungswelle, die die nachgezogenen Mieter*innen mit wenig besseren und auch prekären Haushaltseinkommen traf. Seit einigen Jahren läuft die dritte Verdrängungsweile im Prenzlauer Berg, die jetzt auch die Mieter*innen mit mittleren Haushaltseinkommen zunehmend aus den Kiezen gedrängt. Außer dem Instrument des sozialen Erhaltungsrechts (Milieuschutz) gibt es für die Kommune nur wenige Instrumente, um dieser Dynamik der Kapital- und Bodenverwertung zu begegnen.

Die Linke setzt sich dafür ein, dass der Bezirk der Aufwertung von Grund- und Boden bau- und planungsrechtlich sowie der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen entgegenwirkt und die Zweckentfremdung von Wohnraum konsequent verfolgt. Auf Landesebene wird die Linke ihre politischen Anstrengungen zur Eindämmung des Mietenanstiegs weiter verstärken. Wichtige Instrumente sind dabei u. a. eine Deckelung der Mieten bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen, die massive Ausweitung der öffentlichen Wohnungsbestände durch Neubau, Ankauf von Wohnungen und eine Vergesellschaftung der großen privaten Immobilienkonzerne, der Aufbau eines Wohnungskatasters, das Verfolgen von spekulativem Leerstand und Ferienwohnungen sowie der Aufbau eines Landesamtes für Wohnungswesen, in dem alle Aufgaben, die das Wohnungswesen in der Stadt betreffen, gebündelt und bearbeitet werden.

SPD: Siehe oben.

Bündnis 90/Die Grünen: Der Mietendeckel ist ein Instrument, um die Bestandsmieten bezahlbar zu halten. Um neuen Wohnraum zu bekommen, ist aber Neubau unumgänglich. Um innerhalb der bereits dicht bebauten Kieze die Anzahl der Wohnungen zu erhöhen, müssen wir über Aufstockungen nachdenken. Auf diese Weise wird nicht nur die Wohnungszahl erhöht, sondern auch keine neue Fläche versiegelt. Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz haben. Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über landeseigene Wohnungsunternehmen bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten Eigentümer*innen.

Klar ist: Berlin braucht mehr niedrig preisige Wohnungen. Bei fortdauernd hohem Bevölkerungszuwachs streben wir den Bau von jährlich 20.000 überwiegend sozialverträglichen Wohnungen an. Wir wollen vielfältige und lebendige Quartiere, gut erschlossen für nachhaltige Mobilität, mit guten Schulen und Kitas, Handel und Gewerbe, Spiel, Erholung und viel Grün. Das Bauen muss endlich klimaneutral werden. Neubauten im Hochpreissegment sollen vermieden werden, weil das weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Wir setzen dabei auf intelligente Nachverdichtung und Geschosswohnungen statt auf Eigenheimsiedlungen. Zur Förderung des gemeinwohlorientierten Neubaus wollen wir einen dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Förderung des sozialen Wohnungsbaus ermöglicht.

FDP: Tatsächlich steht für viele Familien nicht (mehr) die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern die Vereinbarkeit von Familie und Wohnen an erster Stelle. Durch geänderte familiäre Konstellationen wie Nachwuchs, Familiengründung, Trennung oder Patchwork ändern sich auch die Notwendigkeiten und Ansprüche an den Wohnraum. Zudem zeigte die Pandemie auf, wie wichtig es ist, dass man seine Wohnung möglichst auch mal flexibel nutzen kann zum Arbeiten. Die Verdrängung ist in erster Linie mit einem reichhaltigen Angebot an verschiedenen Wohnungen zu verhindern – mittels Potenzialkataster bspw. identifizieren wir Flächen mit Potenzial.

Priorität haben dabei für uns jene Standorte, bei denen eine Überbauung von Verkehrsflächen zur Erweiterung von bestehenden Betrieben oder Wohnvierteln mit funktionierenden urbanen Strukturen beiträgt. Darüber hinaus fordern wir schnellstens die Einführung eines Baulückenkatasters, um eine systematische Erfassung von Baulücken zu gewährleisten, die dann der Stadtplanung zugeführt werden kann. Unser Sofortprogramm „10.000 Dächer für Berlin“, das einen unkomplizierten Dachausbau und die Sonder-AfA für Mietwohnungsbau auch für Dachausbauten ermöglicht, zielt ebenfalls genau in diese Richtung ab.

CDU: Maßnahmen wie der Mietendeckel erschweren es im Ergebnis Familien, in größere Wohnungen umzuziehen. Durch eine Behinderung des Wohnungsmarktes werden Wohnungswechsel erschwert. Im Ergebnis unterbleiben häufig auch sinnvolle Änderungen. Der Wechsel von einer nicht (mehr) benötigten größeren in eine kleinere Wohnung unterbleibt oft, da freie Wohnungen nicht zur Verfügung stehen. Für Familien mit erhöhtem Raumbedarf stehen so kaum freie Wohnungen zur Verfügung.

Wir setzen uns berlinweit für den Bau von mindestens 300.000 neuen Wohnungen in allen Preissegmenten bis 2035 ein. Die Bedarfe junger Familien müssen dabei besondere Berücksichtigung finden. Die Zahl der Wohnungen in Hand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ist zu erhöhen, um deren Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu erhöhen. Auch müssen wir die Ausrichtung der Milieuschutzgebiete kritisch unter die Lupe nehmen, denn Eigentümern ist es seit Jahren grundsätzlich nicht gestattet, Wohnungen zusammenzulegen. Das ist nicht nur ein Eingriff in die persönliche Freiheit, sondern auch vielmehr ein Treiber von Gentrifizierung. Wohneigentümer, die einen größeren Platzbedarf, bspw. durch Kinderzuwachs, haben, können so nicht in ihren angestammten Kiezen verbleiben.

AfD: Ja, die Verdrängung findet statt, gut situierte Grünen- und Linke-Wähler zieht es seit Jahren in den Prenzl-Berg, weil es „hip“ scheint, dort zu wohnen. Diese verdrängen die weniger Betuchten und zerstören den ehemaligen Arbeiterbezirk. Umso zynischer, dass dieselben Leute jetzt bedauernd feststellen, dass eben dieses passiert.

 

Was tun Sie dafür, dass der Bezirk auch in Zukunft das Vorkaufsrecht nutzen kann/wird?

Die Linke: Der Bezirk Pankow war bei der Ausübung des Vorkaufsrechts bislang noch sehr zurückhaltend. Das muss sich ändern. Im Bezirk Pankow will die Linke das Prüfverfahren zur Ausübung des Vorkaufsrechts straffen sowie das Zusammenwirken der Behörden und die Zusammenarbeit mit potenziellen Dritterwerbern verbessern. Das Prüfverfahren wollen wir von Beginn an für die Mieter*innen und die Bezirksverordneten transparent gestalten. Auf der Landesebene will die Linke dafür Sorge tragen, dass mehr finanzielle Mittel (Zuschüsse und Darlehen) für die Förderung des Ankaufs im Falle der Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrechtes bereitgestellt werden. Ferner sind die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften zu gewinnen, um als Dritterwerber in einem Landespool zur Verfügung zu stehen.

SPD: Für die Nutzung des Vorkaufsrechts ist zuerst (neben den finanziellen Mitteln) der politische (Gestaltungs-)Wille des jeweils zuständigen Stadtrats / der jeweils zuständigen Stadträtin relevant. Für uns als Sozialdemokrat*innen ist die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts ein gestaltendes Mittel, um die von Ihnen oben gestellten Fragen beantworten zu können. Zudem werden wir im Abgeordnetenhaus und in der SPD-Fraktion für eine Aufstockung des Fördermitteltopfes für Genossenschaften stimmen. Denn dies ist eine gute Investition öffentlicher Mittel in die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum und den Erhalt von Nachbarschaften.

Bündnis 90/Die Grünen: Das Vorkaufsrecht ist ein wichtiges Instrument der Sicherung von Wohnraum vor Miethaien. Wir setzen uns dafür ein, dass der Haushaltstitel im Landeshaushalt aus dem der Vorkauf bezahlt wird, bedarfsgerecht ausgestattet wird. Außerdem müssen Bezirk und Land verstärkt das Vorkaufsrecht auch für Genossenschaften ausüben.

FDP: Das bezirkliche Vorkaufsrecht in seiner heutigen Anwendung lehnen wir ab. Der Bezirk muss sich darauf konzentrieren, zusätzlichen Wohn- und Gewerberaum zu ermöglichen, statt Bestandsgebäude erwerben zu lassen. Durch den teuren Rückkauf in den landeseigenen Bestand wird viel Geld ausgegeben, dafür jedoch nicht eine neue Wohnung oder Gewerbeflächen geschaffen. Der Mangel an Wohnraum wird so nicht beseitigt – das Gegenteil ist der Fall. Wir fordern eine klare Haltung und ein Bekenntnis zum Wohnungsbau von allen: den Privaten wie Öffentlichen, den Etablierten wie neuen Akteuren, den Bürgerinnen und Bürgern. Sie alle sind gleichermaßen wichtig und gefordert, für ein gemeinsames zielorientiertes Planen und Bauen.

CDU: Das bezirkliche Vorkaufsrecht ist unserer Ansicht nach kein geeignetes Instrument, um den angespannten Wohnungsmarkt in Berlin nachhaltig zu entlasten. Zu sehr hohen Kosten werden hier einzelne, teils stark sanierungsbedürftige Immobilien erworben. Das ist Klientelpolitik für Einzelne auf dem Rücken Aller. Die finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand und damit die Steuerzahler sind hoch. Gleichzeitig wird so kein neuer Wohnraum geschaffen. Zudem führt die Ausübung des Vorkaufsrechts oftmals zu einer schädlichen Polarisierung zwischen Investoren und Politik. Wir fordern demgegenüber ein Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen mit allen Beteiligten der Wohnungswirtschaft, um Probleme gemeinsam anzugehen.

AfD: Das Vorkaufsrecht ist ein Placebo. Wir sind dagegen, denn es schafft keinen dringend benötigten, zusätzlichen Mietraum.

 

Prenzlauer Berg wächst beständig, neue Wohnungen müssen gebaut werden – welche Rolle spielt für Sie der soziale Wohnungsbau?

Die Linke: Für die Linke spielt der Neubau von Sozialwohnungen eine wichtige Rolle für eine nachhaltige soziale Wohnraumversorgung. Wegen des Mangels an Flächen, der begrenzten, aber erforderlichen Haushaltsmittel und auch wegen des Defizits bei der Bau- und Planungskapazität hat der Neubau von Sozialwohnungen bislang nur in kleineren Schritten zu einer Angebotserweiterung geführt. Aus Sicht der Linken muss der Bestand an preiswerten Wohnungen so weit wie möglich geschützt und erhalten werden. In Prenzlauer Berg sind die Baupotenzialflächen für sozialen Wohnungsbau besonders knapp. Zudem sind die Erfordernisse der Grün- und Freiflächenversorgung, des Klimaschutzes und des Schutzes der städtischen Pflanzen- und Tierwelt zu beachten.

Es kommt stets auf das richtige Maß, auf ein rationales Abwägen von Verlust und Chance an. Die größte Wohnungsbaufläche in Prenzlauer Berg befindet sich an der Michelangelostraße. Durch das seit über fünf Jahren anhaltende Engagement der Anwohner*innen wurde die ursprünglich maßlose Bebauungsplanung auf ein vernünftiges Maß reduziert. Allerdings wird vermutlich auch in den kommenden fünf bis zehn Jahren absehbar dort keine einzige Wohnung entstehen, weil die übergeordnete Verkehrsplanung durch grün geführte Senatsverkehrsverwaltung nicht in Angriff genommen wurde.

SPD: Der Bau von bezahlbaren Wohnungen muss bei jedem größeren Wohnungsbauprojekt im Vordergrund stehen.

Bündnis 90/Die Grünen: Der soziale Wohnungsbau spielt für uns eine große Rolle. Bei größeren Bauprojekten sind wir für die Quote von 30 Prozent bezahlbaren Wohnraums bzw. Sozialwohnungen bzw. 50 Prozent bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Wir wollen den großen Mangel an Sozialwohnungen zügig abbauen und dafür alle notwendigen Maßnahmen ergreifen. Ein wichtiger Schlüssel dafür sind die landeseigenen Flächen und landeseigene Wohnungsunternehmen. Dazu wollen wir über die bisherigen Quoten für den Anteil geförderter Wohnungen dort, wo es an preiswertem Wohnraum mangelt, deutlich hinausgehen. Zusätzlich erhöhen wir das zweite Fördersegment – für eine soziale Mischung in den Quartieren. Die Genossenschaftsförderung – für Neubauten wie Bestandsankauf – wollen wir deutlich erhöhen. Wir sorgen für faire Förderkonditionen und öffnen die Förderung auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.

FDP: Unser Bezirk ist lebenswert und besitzt noch viele Flächen mit Entwicklungspotenzial. Wir wollen diese Entwicklung gemeinsam mit den Pankowerinnen und Pankowern gestalten. Nur mit weiterem Wohnraum werden die Angebotsmieten so vielfältig wie die Nachfrage. Damit der Bau von zusätzlichen Wohnungen und Gewerbeeinheiten nicht zulasten der hier bereits Lebenden geht, sind die erforderliche Verkehrsinfrastruktur und die sozialen Einrichtungen direkt mit einzuplanen. Vielerorts besteht zudem die einmalige Chance, verschiedene visionäre Stadt(teil)quartiere mit Modellcharakter zu schaffen und gleichzeitig dem Anspruch auf Vereinbarkeit von hohem Anspruch in der Gestaltung, Ökologie und dem Verkehr gerecht zu werden.

CDU: Freie Flächen für den Wohnungsneubau sind in Prenzlauer Berg leider rar – doch ganz allgemein fordern wir als CDU Berlin eine Weiterentwicklung des „Berliner Modells“ der kooperativen Baulandentwicklung zu einem „Berliner Quartiersmodell“, wo 25 Prozent der Mietwohnungen für max. 6,50 Euro/m2 vermietet werden dürfen, 30 Prozent als Eigentum und je 15 Prozent für Gewerbe und Büros. Sozialer Wohnungsbau muss mitgedacht werden.

AfD: Der bisherige soziale Wohnungsbau ist gescheitert, er kann nur einen Bruchteil der Berechtigten erreichen. Er führt zu Fehlbelegungen und verursacht hohe Kosten für den Steuerzahler. Es ist besser, einkommens- schwache Mieter vermehrt mit Wohngeld zu unterstützen, wodurch eine soziale Durchmischung gewährleistet wird. Reicht das Wohngeld nicht aus, um sich eine Wohnung zu sichern, ist den Bürgern zusätzlich ein kommunales Wohngeld zu zahlen.

 

Die Wohnqualität lässt oft zu wünschen übrig, vor allem in den Anlagen der Wohnungsbaugesellschaften. Wieso wird dort nicht häufiger saniert?

Die Linke: Der Modernisierungsstandard der Wohnungen im Prenzlauer Berg hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verbessert. Das ging allerdings mit einem starken Anstieg der Wohnungsmieten einher. Im letzten Jahrzehnt wurden viele Wohnungen in den Gründerzeitvierteln in einen gehobenen Ausstattungsstandard versetzt und durch private Eigentümer verkauft. Substandardwohnungen sind inzwischen die absolute Ausnahme. Die privaten Wohnungsbaugesellschaften wie die Deutsche Wohnen, Akelius oder Vonovia, die im Besitz von Wohnsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus aus den 20er und 30er Jahren sowie der Nachkriegszeit sind, haben inzwischen auch diese weitgehend auf einen zeitgemäßen Ausstattungsstandard gehoben.

Das taten und tun auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Diese gehen dabei schrittweise und maßvoll vor. Sie sind bemüht, die Mietsteigerungen in Grenzen zu halten. Eine Modernisierung der Wohnungen über einen durchschnittlichen zeitgemäßen Standard hinaus, liegt nicht im Interesse der Mieter*innen mit geringeren und mittleren Haushaltseinkommen und entspräche auch nicht dem sozialen Versorgungsauftrag der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft. Dennoch bestehender Instandhaltungsstau und Modernisierungsrückstände werden in den kommenden Jahren schrittweise behoben.

SPD: Pauschal kann man dies aus unserer Ansicht nicht sagen. Denn die Wohnungsbaugesellschaften sanieren nach und nach ihre Bestände. Gerne können Sie uns konkrete Beispiele nennen.

Bündnis 90/Die Grünen: Der Neubau steht bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften derzeit im Vordergrund bei Investitionen. Dadurch ist teilweise die Modernisierungstätigkeit etwas hinterher. Insbesondere die energetische Sanierung wollen wir aus Klimagründen ausbauen. Dazu heißt es im Wahlprogramm: „Um die Klimaziele Berlins zu erreichen, müssen wir noch deutlich stärker die energetische Modernisierung von Gebäuden voranbringen und die Sanierungsquote erheblich steigern, um so auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen.“ Weil Modernisierung auch eine soziale Frage sein kann, wollen wir die entsprechenden Förderprogramme ausbauen. Die normale Instandsetzung und Pflege der Gebäude wird durch die Miete finanziert und muss regelmäßig stattfinden.

FDP: Auch die Wohnungsbaugesellschaften handeln und agieren in unserer Marktwirtschaft. Wenn die erheblichen Kosten von Sanierungsmaßnahmen nicht auf die Bewohner umgelegt werden können, dann hat die Eigentümerin oder der Eigentümer zur Durchführung dieser oder anderer Maßnahmen keinen Anreiz. Auf Betreiben des rot-rot-grünen Senats werden bei Wohnimmobilientransaktionen in Milieuschutzgebieten Abwendungsvereinbarungen erzwungen, da andernfalls der Bezirk mit der Ausübung seines Vorkaufsrechts droht. In diesen Abwendungsvereinbarungen werden dem Käufer des Wohnhauses zahlreiche bauliche Maßnahmen wie der Einbau eines Aufzugs oder energetische Sanierungsmaßnahmen, also auch klimaschützende Maßnahmen, regelrecht untersagt. Mit Signalen wie diesen, Milieuschutz, Mietpreisbremsen bis hin zu Deckeln bleiben dringend notwendige Investitionen aus und Bausubstanz verkommt. Wir setzen uns daher ein, Wohnraum zu schaffen, durch Schaffung entsprechender Anreize und Möglichkeiten, schneller und günstiger in besserer Qualität zu bauen.

CDU: In Zeiten hoher Bau- und Materialkosten ist eine sehr hohe Wohnqualität leider nicht flächendeckend zeitgleich mit niedrigen Mieten zu erreichen – hier gilt es für die Wohnungen in öffentlicher Hand Abwägungen vorzunehmen. Der verfassungswidrige Mietendeckel hat zudem den Markt verunsichert und zu Einstellungen von Instandsetzungs- und Investitionsmaßnahmen geführt. Ein bundesweiter Mietendeckel würde diesen Zustand wiederherstellen, so dass wir auch diesen ablehnen. Es braucht Rechtssicherheit in der Wohnungswirtschaft. Wir setzen uns für mehr Neubau ein: Den Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wollen wir deutlich ausweiten auf 400.000 Wohnungen bis 2025. Gleichzeitig müssen Mittel für die notwendigen Sanierungen der Bestandsbauten bereitgestellt werden.

AfD: Weil niedrige Mieten und teure Sanierung nicht zusammenpassen.

 

Wie wollen Sie sicherstellen, dass Infrastruktur wie Schulen, Kitas, aber auch ÖPNV, Parks etc. mit dem Bevölkerungswachstum mithalten?

Die Linke: Eine nachhaltige und soziale Stadtentwicklung bedarf aus Sicht der Linken einer integrierten städtebaulichen Entwicklung der Wohngebiete und Ortsteile. Dabei muss die Gestaltung des Wohnumfeldes und der sozialen, grünen und Verkehrsinfrastruktur mit der wachsenden Zahl der Einwohner*innen Schritt halten und synchron entwickelt werden. Dazu wird die Linke die Entwicklung von integrierten Stadtteilentwicklungskonzepten (ISEK) und von Bereichsentwicklungsplänen (BEP) für alle Wohnquartiere und Ortsteile forcieren. Neben den ISEK für die Stadtumbaugebiete Südlicher Prenzlauer Berg und Großsiedlung Greifswalder Straße gilt es, derartige Konzepte auch für den nördlichen Teil des Prenzlauer Bergs und weitere Ortsteile des Bezirks Pankow zu entwickeln. Diese integrierten Bereichs- bzw. Gebietsentwicklungsplanungen wird die Linke in Pankow in den kommenden Jahren mit einer breiten Bürger*innenbeteiligung weiter voranbringen.

SPD: Bei der Realisierung von größeren Wohnungsbauprojekten muss die soziale, kulturelle und verkehrliche Infrastruktur stets mitgeplant und mitentwickelt werden. Hierfür muss sichergestellt werden, dass (vor allem in der Verwaltung) eine aktuelle Datengrundlage vorliegt, um sozialraumnah eine Infrastruktur entsprechend den Bedarfen der Bevölkerung realisieren zu können.

Bündnis 90/Die Grünen: Wohnungsbau muss immer auch mit dem Ausbau der Infrastruktur einhergehen. Dazu müssen in Bebauungsplänen und in städtebaulichen Verträgen die Flächen dafür und die Umsetzung verbindlich festgelegt werden. Uns ist sehr schmerzlich bewusst, wie schlimm die Situation für die Familien ist, die oft monatelang nach einem Kitaplatz suchen müssen, und wie ebenso schlimm und eigentlich unzumutbar die Situation bei der Suche nach Oberschulplätzen ist. Wir Bündnisgrüne haben die Schulbauoffensive maßgeblich mit erkämpft. Leider mussten wir rund sieben Jahre, noch aus der Opposition heraus, Überzeugungsarbeit leisten, bevor der Senat einlenkte – Zeit, die uns jetzt fehlt. Wir arbeiten unablässig daran, die Schulbauoffensive weiter zu beschleunigen und sowohl für den Kita- und Schulbau sowie die Schulsanierung die notwendigen zusätzlichen Mittel bereit zu stellen. Ein Erfolg ist in diesem Zusammenhang, dass Pankow als einziger Bezirk in der aktuellen Investitionsplanung nicht Opfer von Kürzungen beim Drehscheiben-Ausbau und den Sanierungsvorhaben geworden ist. Aktuell arbeiten wir u.a. daran, noch vor Ende der Wahlperiode die Bauvorhaben Grundschule am Wasserturm, die Drehscheibe im Eschengraben, den Neubau ehemalige Elisabeth-Christinen-Grundschule und die Drehscheibe auf der Werneuchener Wiese durch den Hauptausschuss und damit auf den Weg zu bringen.

FDP: Stadtentwicklung in unserem Sinne bedeutet nicht, nur die Interessen einzelner wahrzunehmen, sondern möglichst aller Menschen: allen, die hier leben wollen, arbeiten, Kinder großziehen, Ideen entwickeln, ausgehen, sich treffen, engagieren und vieles mehr. Fast ein Fünftel der Pankowerinnen und Pankower sind Kinder und Jugendliche, nicht umsonst haben wir hier die höchste Spielplatzdichte der Stadt, über 25 Prozent der Fläche sind zudem Wälder, Wasser- und Erholungsflächen. Pankow ist lebenswert und besitzt noch viele Flächen mit Entwicklungspotenzial. Nur mit weiterem Wohnraum werden die Angebotsmieten so vielfältig wie die Nachfrage. Damit der Bau von zusätzlichen Wohnungen und Gewerbeeinheiten nicht zulasten der hier bereits Lebenden geht, sind die erforderliche Verkehrsinfrastruktur und die sozialen Einrichtungen direkt mit einzuplanen. Vielerorts besteht zudem die einmalige Chance, verschiedene visionäre Stadt(teil)quartiere mit Modellcharakter zu schaffen und gleichzeitig dem Anspruch auf Vereinbarkeit von hohem Anspruch in der Gestaltung, Ökologie und dem Verkehr gerecht zu werden.

CDU: Gerade in unserem Bezirk Pankow sehen wir immer wieder, dass Planungen für teils massive Neubaugebiete vorgenommen werden, ohne dass die Infrastruktur dafür ausgelegt oder mitgedacht wird. Deshalb bekennen wir uns dazu, dass bei allen Neubauvorhaben auch die notwendige Infrastruktur wie Schulen, Spielplätze, ÖPNV usw. mitgedacht werden. Nachverdichtung findet dort Grenzen, wo die Infrastruktur bereits maximal ausgelastet ist. Zudem muss die Schaffung neuen Wohnraums im Einklang mit den Interessen der Bewohner vor Ort erfolgen.

AfD: Wir fordern einen bedarfsgerechten Ausbau des Kita-Angebots mit flexibilisierten Betreuungszeiten sowie eine stärkere Förderung von Tagesmüttern und Betriebskindergärten. Der Bezirk Pankow muss den Schulbau ausweiten und beschleunigen, um den Schulkollaps in Pankow noch abzuwenden. Um den ÖPNV zu verbessern bedarf es sofortiger Planungen zum bedarfsorientierten Kapazitätsausbau des gesamten ÖPNV auf Basis aktueller Bevölkerungsentwicklungszahlen, belastbarer Bevölkerungsprognosen unabhängiger Institute, Verkehrszählungen und der Auswertung von Mobil-Daten der Smartphone- Hersteller, Car- und Bike-Sharing-Anbieter.

 

Wie stehen Sie zum Volksentscheid der Vergesellschaftung von Mietshäusern?

Die Linke: Die Linke unterstützt den Volksentscheid zur Vergesellschaftung von großen finanzmarktgesteuerten Immobilienkonzernen. Deren Geschäftsmodell ist auf die Profitmaximierung ausgerichtet und nicht auf eine soziale und ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung von Wohnhäusern. Der Umgang mit diesen großen und oftmals konzentrierten Wohnungsbeständen ist von großer Wirkung auf den Gesamtberliner Mietwohnungsmarkt. Deshalb sind von der Art und Weise ihrer Bewirtschaftung die allgemeinen Zukunftsinteressen des Landes Berlin berührt. Die Bewirtschaftung dieser strategisch bedeutsamen Wohnungsbestände sollte deshalb auch von den Interessen des Gemeinwesen Berlin bestimmt sein und nicht vom privaten Profitinteresse der internationalen Großaktionäre dieser Unternehmen. Genossenschaften sind beim Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Immobilienbestände nicht betroffen.

SPD: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist dramatisch, für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen ist es eine unzumutbare Herausforderung eine bezahlbare Wohnung zu finden, die Verdrängung aus dem Zuhause droht bei jedem Hausverkauf und der Umzug in eine größere oder kleinere Wohnung im Viertel ist längst nicht mehr ohne starke Mietzuwächse möglich. Der Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen ist eine verständliche Reaktion auf die unzumutbare Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt und Ausdruck der Wut und Verzweiflung der Berliner*innen. Die Entscheidung über die Vergesellschaftung von Mietshäusern liegt nun bei den Berliner*innen. Wir respektieren deren Entscheidung zum Volksentscheid. Sollten die Berliner*innen mehrheitlich für die Vergesellschaftung von Mietshäusern stimmen, sehen wir es als Mitglieder des Abgeordnetenhauses als unseren Auftrag an, diese Entscheidung rechtssicher umzusetzen.

Die Zielstellung der Vergesellschaftung von großen Wohnungsbauunternehmen, wie der DW, führt nicht zur Realisierung von dringend benötigtem neuem Wohnraum in unserer Stadt oder in unserem Bezirk, findet Annette Unger. Außerdem führe die Vergesellschaftung im Ergebnis zu einer finanziellen Belastung der Bevölkerung, da dies auch finanziert werden müsse. Hier gebe es unterschiedliche Finanzierungsmodelle, die allerdings aufgrund der derzeitigen Finanzlage zu einer Belastung führen könnten. Mit den Mitteln, die eingesetzt werden müssen, sollten ihrer Ansicht nach eher Instrumente wie das Vorkaufsrecht oder Neubau finanziert werden. Dies ermögliche mehr Menschen das Wohnen in bezahlbarem Wohnraum. Insoweit sehe sie den Volksentscheid kritisch; setze sich allerdings dafür mit ganzer Kraft ein, dass mehr bezahlbarer Wohnraum in unserer Stadt entstehe.

Bündnis 90/Die Grünen: Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens. Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen. Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen zu können.

Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt mit diesem Schritt entschärfen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht, müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative Obergrenzen sehen wir kritisch. Da der Artikel 15 im Grundgesetz noch nie praktisch angewandt wurde, ist es umso wichtiger, eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Gesetzes zeitnah zu erarbeiten.

FDP: Wir haben großes Verständis für die Ängste und Sorgen der Mieterinnen und Mieter in unserer Stadt und unserem Bezirk. Allerdings ist die Debatte über eine Vergesellschaftung von Mietshäusern der gefährliche Versuch, das Versagen in der Vergangenheit vermeintlich zu korrigieren und von all den großen Fehlern abzulenken, die sich nunmehr im so angespannten Wohnungsmarkt widerspiegeln. Vergesellschaftungen zerstören nicht nur das Vertrauen in den Rechtsstaat, sie passen schlicht nicht in unser Wirtschaftssystem und in unsere Gesellschaftsordnung. Der Senat verlangsamt und verhindert das Bauen an allen Ecken und Enden. Wir wollen eine Baupolitik, die schnell und kostengünstig den Wohnungsmarkt entlastet: eine Offensive für schnelleres und günstiges Bauen.

CDU: Jegliche Form von Enteignung bzw. zwangsweiser Vergesellschaftung von Wohnraum lehnen wir entschieden ab! Neben grundsätzlichen Erwägungen sprechen auch die enormen Entschädigungskosten von schätzungsweise 36 Mrd. Euro dagegen – Geld das Berlin an anderer Stelle dringend benötigt. Durch die Vergesellschaftung von Wohnraum wird im Übrigen keine einzige neue Wohnung geschaffen. Darüber hinaus ist fraglich, ob betroffene Mieter überhaupt profitieren würden, denn aufgrund der Entschädigungskosten könnte Berlin es sich nicht leisten, die Mieten auch noch zu senken. Auch darf die Signalwirkung für den Wirtschaftsstandort Berlin nicht unterschätzt werden. Enteignung/ Vergesellschaftung ist der Einstieg in eine andere Gesellschaftsordnung. Das Versprechen, nur eine Enteignung bringe billige Mieten, ist purer Populismus. Wir wollen nicht Eigentümer/Vermieter gegen Mieter ausspielen, sondern gemeinsam eine gute Lösung finden. Ansonsten droht eine weitere Spaltung der Stadtgesellschaft.

AfD: Der Volksentscheid ist abzulehnen, wir sind entschieden gegen eine DDR 2.0! Stattdessen sind Häuser zu bauen und bürokratische Hürden abzubauen.


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Titelbild: Kristina Auer

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