Piraten nehmen Kurs auf BVV und Abgeordnetenhaus

von Juliane Schader 24. Januar 2011

Christopher Lauer tritt im Süden von Prenzlauer Berg für die Piratenpartei bei der Abgeordnetenhauswahl an. Seine Lokalkompetenz ist noch ausbaufähig.

Eines hat Christopher Lauer sicher nicht, und das ist Angst. Ein großes Rührei mit Schinken bestellt er sich zum Frühstück morgens um 13 Uhr in Zeiten des Dioxinskandals. „Ich weiß, es entspricht dem Klischee, aber wir haben das ganze Wochenende über getagt, da musste ich heute mal ausschlafen“, sagt der 26-Jährige. Im September tritt er als Direktkandidat der Piratenpartei zur Abgeordnetenhauswahl an. Den wild gestikulierenden Politiker gibt der Student der Kultur und Technik schon heute.

„Eine Partei braucht Verwurzelung, sonst hat sie keinen Bestand“, sagt er. Die Verortung im Bezirk komme aber erst mit dem Wahlkampf, und der habe noch nicht begonnen. „Wir sind gerade in einer Phase, wo wir die Probleme des Kiezes identifizieren müssen.“ – „Wir sind in der Lage, zuzuhören und entsprechend zu handeln.“ – „Wir wollen die betroffenen Bürger niedrigschwellig in Entscheidungen mit einbringen.“ 

Viele schöne Worte. Doch wie steht er zum Umbau der Kastanienallee? „Ich habe mich erst kurz damit befasst, und möchte nun bald ein Blog aufmachen, um dort alle Meinungen abzufragen.“ Wie lauten konkrete Wahlkampfziele? „Ein Programm für Pankow müssen wir erst noch schreiben.“ Welches lokal relevante Thema beschäftigt ihn selbst am meisten? „Gentrifizierung finde ich spannend.“

 

2005 zog Lauer in die Husemannstraße – und landete ungewollt im In-Kiez

 

Mit seinem hellen Sakko über dem Karo-Pullover und der dunklen Brille sieht Lauer aus wie ein Politiker. Er spricht wie ein Politiker. Nur wenn es um lokale politische Themen geht, fehlt es an Wissen. Ob Kastanienallee, Haushaltslage oder Bevölkerungsstruktur, seine Kenntnisse sind rudimentär. Als er 2005 in die Husemannstraße zog, habe er nicht gewusst, dass das ein In-Kiez ist, sagt er. Das ist schlecht für jemanden, der ins Abgeordnetenhaus einziehen will und dessen Partei sich große Hoffnungen auf ein paar Sitze in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) macht.

Gut ist aber, dass er das offen zugibt.

„Wir wollen rein in die Parlamente und die Strukturen von innen kennen- und verstehen lernen“, meint er. Dazu baue man gerade im Internet ein Liquid-Democracy-Tool auf, das es ermögliche, Wünsche und Bedürfnisse der Bürger direkt abzufragen. Man wolle die moderne Informationstechnologie nutzen, um Demokratie zu revolutionieren und Bürgerbeteiligung auf eine neue Ebene zu heben. „Mit konkreten Themen muss ich mich jetzt erst auseinandersetzen“, sagt Lauer. Bislang könne er nur grobe Rahmenbedingungen anbieten, und die lauteten: Universelle Transparenz und Bürgerbeteiligung.

 

Im Wahlkreis 8 kandidiert er gegen Volker Ratzmann

 

Knapp neun Monate bleiben ihm noch, um sich doch noch etwas genauer mit seinem Kiez auseinanderzusetzen. Dann wird er im Wahlkreis 8 rund um Kastanienallee, Kollwitzplatz und Winskiez gegen den Grünenpolitiker Volker Ratzmann antreten. Dieser hat bei den vergangenen Abgeordnetenhauswahlen mit knapp 35 Prozent den Wahlkreis für sich entschieden und wird auch in diesem Jahr wieder antreten. Auch in den anderen Wahlkreisen in Prenzlauer Berg werden sich Piraten als Direktkandidaten zu Wahl stellen. Dass nur einer von ihnen direkten ins Abgeordnetenhaus einzieht, mag aber selbst Lauer nicht wirklich glauben.

Realistischer sei da schon das Überspringen der Drei-Prozent-Hürde, um in die BVV zu gelangen, meint er. „Bei der Bundestagswahl sind wir in Pankow auf vier Prozent aller Stimmen gekommen. Das könnten wir also schaffen.“ Er selbst stehe auf Platz 6 der Liste. „Falls das nicht reicht, wird ja in fünf Jahren wieder gewählt.“

Aber Lauer, der selbst erst 2009 der Piratenpartei beitrat, sieht seine Zukunft nicht zwangsläufig als Berufspolitiker – auch wenn seine Karriere bei der Piratenpartei bisher sehr erfolgreich verlief und er es bereits zum Politischen Geschäftsführer der Bundespartei gebracht hat. Neben dem Wahlkampf stehe schließlich für ihn in diesem Jahr endlich der Studienabschluss auf dem Programm.  „Wenn es mit der Politik nicht klappt, findet sich sicher auch etwas anderes für mich.“

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