Fridays

Welt retten statt Schulbank drücken

von Julia Schmitz 27. März 2019

Auch in Prenzlauer Berg gehen ganze Jahrgänge bei den „Fridays for Future“ auf die Straße – und verletzen damit die Schulpflicht. Jetzt greift die Landeselternvertretung ein.


Sie sind jung, sie sind wütend – und sie gehen auf die Straße, um die Welt nicht nur im übertragenen Sinne zu retten: Bei den „Fridays for Future“ demonstrieren seit Mitte März jede Woche fast 300.000 Schüler*innen weltweit für härtere Maßnahmen in Sachen Klimaschutz: „Wir werden die Leidtragenden des Klimawandels sein. Gleichzeitig sind wir die letzte Generation, die einen katastrophalen Klimawandel noch verhindern kann“, heißt es auf der Webseite der Aktion.

Auch in Berlin ist der Zuspruch groß, zwischen 20.000 und 25.000 Schülern und Schülerinnen versammelten sich am 15. März im Invalidenpark vor dem Ministerium für Wirtschaft und Energie in Mitte, teilweise blieben ganze Jahrgänge aus Prenzlauer Berg dem  Unterricht fern. Am kommenden Freitag, 29. März, wird mit noch größerem Andrang gerechnet: Dann wird die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg beim Schulstreik sprechen.

 

Verstoß gegen Schulpflicht

Wer als Schüler*in an der Demo teilnehmen möchte, die am Vormittag stattfindet, macht sich streng genommen strafbar: Um das Schulgelände während der Unterrichtszeit verlassen zu dürfen, bedarf es einer Entschuldigung durch die Eltern. Eine Missachtung dieser Regel zieht für gewöhnlich pädagogische Maßnahmen wie Ermahnungen, Nachsitzen oder Strafarbeiten nach sich.

Doch sollten die Schulstreiks, die etwas zur Sprache bringen, das uns alle betrifft, nicht auch seitens der Schulen unterstützt werden? Wie gehen Lehrer*innen mit der moralischen Zwickmühle aus Schulpflicht und persönlichem Verständnis um, in die sie mitunter geraten? Der Direktor der Heinrich-Schliemann-Oberschule, Gert Blach, äußert sich dazu in einer Mail an die Eltern wie folgt:

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Grundsätzlich begrüßen wir das Engagement unserer Schülerinnen und Schüler in dieser Sache. Auf der anderen Seite sind wir gehalten, die Schulpflicht durchzusetzen. Wir erwarten deshalb, dass unsere Schülerinnen und Schüler offen mit diesem Thema umgehen. Wir möchten nicht angelogen werden und benötigen dann auch keine Entschuldigungen durch die Eltern. Die fehlenden Stunden werden als unentschuldigte Stunden eingetragen. Wir als Schule verzichten jedoch auf zusätzliche Strafen nach den §62, 63 des Schulgesetzes. So werden am Freitag wahrscheinlich einige Schüler und Schülerinnen nach dem ersten Block die Schule verlassen. Damit verstoßen sie gegen die Hausordnung, was wiederum geahndet werden könnte. Das werden wir nicht tun, wenn sie an den “Fridays for future”-Aktionen teilnehmen. Wir erwarten, dass unsere Schüler und Schülerinnen sich beim Fachlehrer oder Klassenlehrer für die Teilnahme an der Demonstration oder den Demonstrationen abmelden, damit wir wissen, wo sie sich befinden.

 

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„Grundsätzlich begrüßen wir das Engagement unserer Schülerinnen und Schüler in dieser Sache“, sagt der Direktor der Heinrich-Schliemann-Oberschule in Prenzlauer Berg / Foto: Magadan

 

Landeselternvertretung legt Beschluss vor

Weil der nachsichtige Umgang mit den Schülerdemonstrationen längst nicht an allen Schulen Berlins gängig ist, haben sich nun die Elternvertretungen der Berliner Bezirke – als erste in Deutschland – eingeschaltet. Nach einer Initiative aus dem Bezirkselternausschuss Pankow fasste die Landeselternvertretung in einer Sitzung am 22. März mit einer Zweidrittelmehrheit den Beschluss, das politische Engagement der Schüler*innen im Rahmen der „Fridays for Future“ ausdrücklich zu begrüßen: „Die Demonstrationen sehen wir als aktiven Teil der Demokratiebildung, welcher auch Teil der politischen Bildung der Schulen ist“.

Statt die Schüler*innen mit dem Eintrag von unentschuldigten Fehlstunden oder anderen Strafen zu belegen, müsse das Thema tagesaktuell im Unterricht behandelt und pädagogisch begleitet werden, heißt es weiter. Außerdem könnten sich Schüler*innen u.a. auf §3 des Schulgesetzes berufen, der besagt: „Schulische Bildung und Erziehung sollen die Schülerinnen und Schüler insbesondere befähigen, […] ein Verständnis für Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels sowie die notwendigen Anpassungen an dessen Folgen zu entwickeln, Maßnahmen zum Klimaschutz zu erfahren und die eigenständige und verantwortungsbewusste Umsetzung solcher Maßnahmen im Alltag zu erlernen“.

Der öffentlich gemachte Beschluss soll nun nicht nur die Berliner Schüler*innen unterstützen, sondern auch überregional Wirkung zeigen. Ein Mitglied des Bezirkselternausschuss Pankow: „Wir hoffen, dass sich jetzt auch Landeselternvertretungen in anderen Bundesländern dazu äußern.“

 

Unterstützung durch die BVV

Auch die Bezirksverordnetenversammlung Pankow stellt sich hinter die Schüler*innen. Unter dem Titel „#Friday‘sForFuture ist gelebte politische Bildung“ stimmte sie am Mittwoch mehrheitlich einem gemeinsamen Antrag von Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Linksfraktion und Fraktion der SPD zu und bietet somit Unterstützung an, „den Klimaschutz sowohl in den schulischen, als auch in den bezirklichen Gremien verstärkt zu thematisieren.“

Foto oben: © Jörg Farys / Fridays for Future

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