Unser vielleicht-bald neuer Bürgermeister

von Anja Mia Neumann 26. Oktober 2016

Sören Benn heißt Pankows neuer Bürgermeister. Eigentlich soll der Linke am Donnerstag offiziell gewählt werden. Doch das steht auf der Kippe – denn die SPD hadert mit einer Personalie.

Das Ziel war so nah. Die Zählgemeinschaft aus Linken, Grünen und der SPD im Bezirk Pankow schien sich kurz vor der offiziellen Ämterwahl und ersten BVV-Sitzung am Donnerstag einig. In ihrer Vereinbarung steht unter anderem: Es gibt einen Parteien-Wechsel im Rathaus. Der Linke Sören Benn wird Pankows neuer Bürgermeister.

Doch eine andere Personalie stößt der SPD nun auf und sorgt innerparteilich für Kopfzerbrechen: Der Vorsteher der BVV sollte eigentlich der Linke Michael van der Meer werden. So haben es die rot-grün-roten Parteispitzen vereinbart und abgesegnet. Doch damit wird nun gehadert – denn van der Meer, der seit 1990 Bezirksverordneter ist, hat einer Vergangenheit bei der SED und wohl auch als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi.

Neu ist das nicht, doch gegen das hohe Amt von ihm sträuben sich nun einige SPD-Genossen. Je nachdem, ob es eine Einigung in dieser Frage gibt – innerparteilich oder mit Linken und Grünen, könnte die konstituierende Sitzung am Donnerstag schon nach kurzer Zusammenkunft enden. Denn die Wahl zum Vorsteher ist die erste in der Reihe. Erst wenn der gewählt ist, folgen Bürgermeister und Stadträte.

Platzen könnte je nach Stimmungslage gar die ganze Vereinbarung zur rot-grün-roten Zählgemeinschaft, die in den vergangenen Wochen mühsam ausgehandelt worden war. Wir werfen trotzdem einen Blick hinein – und auf das Bezirksamt mit seinen Posten wie es eigentlich geplant ist.

 

Zwei alte Bekannte im Bezirksamt

 

Künftig soll Benn neben dem Posten als Bürgermeister auch verantwortlich sein für Kultur und Finanzen im Bezirk. In Bezirksamt wird es zwei schon bekannte Gesichter geben: Der Grüne Jens-Holger Kirchner bleibt Stadtrat für Stadtentwicklung und bekommt noch die Bürgerdienste als Aufgabenbereich dazu. Auch der Spitzenkandidat der CDU Torsten Kühne bleibt wohl Stadtrat. Wenn auch nicht in der Vereinbarung festgeschrieben, so ist zu hören, die CDU bekomme die Ressorts Schule, Sport, Gesundheit und Facility Management.

Geplant ist außerdem Rona Tietje von der SPD: Sie wird Stadträtin für Jugend, Wirtschaft und Soziales. Ein fünftes Amt geht an die AfD: Nach einem Casting hatte die Partei zunächst ihren Kandidaten als Stadtrat geheim gehalten. Nun steht fest, dass es ein Unternehmensberater wird, wie die Partei mitteilt. Nicolas Seifert „kehrt am Mittwoch vorzeitig aus dem Urlaub zurück und wird sich ab Donnerstag den anderen Parteien vorstellen“. Die anderen Parteien lassen anklingen, dass ihnen das Kennnenlernen des AfD-Kandidaten zu spät für eine Wahl am selben Tag ist. Seifert könnte sich also noch gedulden müssen. Vorgesehen sind für ihn das Ordnungsamt mit der Parkraumbewirtschaftung und Umwelt.

Der Hintergrund für den Wechsel im Rathaus: SPD-Mann Matthias Köhne geht wie angekündigt. Ein Fast-Remis bei der BVV-Wahl im September zerschlug aber die Hoffnungen der SPD auf eine Nachfolge aus den eigenen Reihen (Linke 21,1, Grüne 20,6 und SPD 20,0 Prozent). Die AfD landete im Ergebnis (13,3 Prozent) knapp vor der CDU (12,8 Prozent), die FDP zog nach einer Pause wieder ein mit 3,9 Prozent.

 

Und wie geht es jetzt weiter? Erst mal ein paar Inhalte.

 

Und was steht jenseits der Personalien drin im Papier, das die drei Parteien für Pankow ausgehandelt haben und das den Prenzlauer Berg Nachrichten vorliegt? Wir geben einen Einblick in das neunseitige Dokument, in dem sich Linke, Grüne und SPD den heißen Themen wie Bauvorhaben, Schule und Verkehr im Bezirk widmen:

 

  • Beim Wohnungsneubau haben günstige Mieten und die Qualität Vorrang vor der Menge der neuen Wohnungen. Die Zahl der neuen Wohnungen orientiert sich an der Infrastruktur in der Umgebung bzw. muss neu geschaffen werden.

  • Für das Bau- und Planungsrecht soll es einen verbindlichen Anteil von „mindestens 30% der Wohnungen mit bezahlbaren Mieten für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen“ geben.

  • Der Güterbahnhof Greifswalder Straße soll weiterhin bebaut werden – geplant ist ein zusätzlicher Grünzug von der Prenzlauer Allee bis in den Anton-Saefkow-Park. Es wird einen städtebaulichen Wettbewerb geben.

  • Für den Bau an der Michelangelostraße soll es begrünte Fassaden und Dachgärten geben, fast 100% sozialer Wohnungsbau und eine Mischung aus Kita, Schule, Einzelhandel, Grünflächen und Wohnen. Ein Vorhaben mit einer „Vorbildfunktion für soziales und ökologisches Bauen“.

  • Die Bevölkerung soll vor Verdrängung geschützt werden: Dafür sollen Umwandlungsverbotsverordnung und Vorkaufsrecht konsequent angewandt werden. Ebenso das Zweckentfremdungsverbot in Ferienwohnungen.

  • Beim Verkehr sollen Fußgänger und Radfahrer und öffentliche Verkehrsmittel Priorität haben. Der Straßenraum soll neu aufgeteilt werden, gegebenenfalls fallen dadurch Parkplätze für Autos weg, gegebenenfalls soll es Fahrradschnellstraßen geben. Die Verlängerung der A100 durch Pankow wird abgelehnt.

  • Der Sanierungsstau in den Schulen soll abgebaut werden. Für die bauliche Unterhaltung und die Sanierung bleibt der Bezirk zuständig, die Errichtung neuer Schulen soll dagegen über das Land laufen.

  • Rechtspopulismus soll keine Chance haben: Es soll „gegenüber demokratie- und menschenfeindlichen, rassistischen und diskriminierenden Aktivitäten in- und außerhalb der BVV eine enge und abgestimmte Zusammenarbeit“ geben.

 

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