Baugebiet am Mauerpark wird Chefsache

von Juliane Schader 4. März 2015

Der Senat zieht das Planungsverfahren für das Neubaugebiet nördlich des Gleimtunnels an sich. Das gerade gestartete Bürgerbegehren gegen die Bebauung wird damit ausgehebelt.

Das geplante Baugebiet am Mauerpark ist ab sofort Chefsache: Noch im Laufe dieses Monats will der Berliner Senat die Voraussetzungen dafür schaffen, das Planungsverfahren für das Neubaugebiet mit 700 Wohnungen nördlich des Gleimtunnels zu übernehmen. Bislang war dafür der Bezirk Mitte zuständig, denn bauliche Themen gehören in Berlin normalerweise zum Hoheitsgebiet der Bezirke. Bei Maßnahmen mit besonders großer Bedeutung besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Senat das Verfahren an sich zieht. Geschehen ist das etwa beim Regierungsviertel und der sogenannten Europacity mit Wohn-, Gewerbe- und Büroflächen nördlich des Hauptbahnhofs. Nun soll auch das mit 3,5 Hektar wesentlich kleinere Baugebiet am Mauerpark folgen.  

Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) erklärt den Schritt in einer Pressemitteilung wie folgt: „Wir brauchen eine Neubauoffensive in Berlin. Dies betrifft alle Teile der Stadt. Wenn an einer Stelle 700 Wohnungen gebaut werden können, ist das nicht mehr eine Frage der direkten Nachbarschaften. Hier betrifft es das Gemeinwohl und liegt im Interesse der ganzen Stadt. Deshalb werden wir die Planungen am Mauerpark an uns ziehen und schnell zu Ende bringen.“

 

Bürgerbegehren wird ausgehebelt

 

Seit zweieinhalb Wochen liegt der Entwurf des Bebauungsplans für das Viertel, der vom Bezirk Mitte erarbeitet wurde, öffentlich aus. Alle Interessierten sind dazu aufgerufen, sich mit den Plänen auseinanderzusetzen und Stellungsnahmen dazu einzureichen. Noch bis zum 16. März soll dieses Verfahren weiterlaufen, denn „Die Planungsziele bestehen unverändert fort“, so der Senat. Die Auswertung dieser Einwendungen sollen dann Senat und Bezirk gemeinsam meistern. Die Planungshoheit liegt dann aber bei der Landesebene.

Doch das ist nur ein Effekt des nun erfolgten Beschlusses des Senats. Darüber hinaus wird dem gerade von den am Park aktiven Bürgerinitiativen angeschobenen Bürgerbegehren, das sich gegen eine Bebauung des Areals ausspricht, der Stecker gezogen: Derartige Begehren sind ein Mittel der direkten Demokratie auf Bezirksebene. Diese ist nun aber nicht mehr für das Planungsverfahren zuständig, womit auch das Begehren obsolet ist.

 

Bürger lassen sich nicht einschüchtern

 

„Wir beobachten hier einen verwaltungstechnischen Taschenspielertrick, mit dem der Senat versucht, die direkte Demokratie auszuhebeln“, meint Heiner Funken von der Mauerpark-Allianz – ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen, die gegen das Neubaugebiet mobil machen. Einschüchtern ließe man sich davon aber nicht: „Wir prüfen jetzt, ob wir alternativ ein Volksbegehren auf den Weg bringen.“

Ein Volksbegehren ist das Äquivalent zum Bürgerbegehren auf Landesebene. Um vom Volksbegehren zum Volksentscheid zu kommen, benötigt man zwar wesentlich mehr Unterschriften als bei einem Bürgerbegehren. Bei Letzterem war es jedoch nur den Einwohner des Bezirkes Mitte erlaubt, mitzumachen. Bei einem Volksbegehren dürfen alle Berliner mitmachen, also auch die Mauerpark-Aktivisten aus Prenzlauer Berg, wo die Szene wesentlich aktiver ist als im Nachbarbezirk.

 

Kritik: Planungsverfahren ist intransparent

 

Umstritten ist das Baugebiet vor allem, weil die dort vorgesehene Bebauung sehr dicht ist. Zum einen würde dadurch die eh schon stark nachgefragte soziale Infrastruktur wie Kitas und Schulen noch mehr überlastet. Zum anderen fürchten Kritiker um ein weiteres Befeuern der Gentrifizierung in dieser Ecke Berlins.

Darüber hinaus bemängeln sie, dass das gesamte Planungsverfahren nicht transparent abliefe und weniger vom Bezirk, sondern vom Investor gesteuert würde. Die Interessen der Bürger blieben dabei auf der Stecke (mehr dazu hier).

Die Zuständigkeit für das Planungsverfahren vom Bezirk zum Senat zu verschieben und damit ein Bürgerbegehren abzuwürgen, beweist wohl, dass diese Kritik berechtigt ist. 

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