Bauen am Mauerpark? Pro und Contra

von Juliane Schader 3. März 2015

Am Mauerpark soll ein Neubaugebiet entstehen. Für die einen verheißt das dringend benötigte neue Wohnungen und die Garantie für einen größeren Park, für die anderen Gentrifizierung und Baufilz.

Seit zwei Wochen liegt im Bezirksamt Mitte der Bebauungsplan-Entwurf für das geplante Wohngebiet nördlich des Gleimtunnels aus. Bis zum 16. März besteht noch die Möglichkeit, sich die Pläne anzuschauen und beim Bezirksamt Einwände dagegen einzureichen. (Der Bebauungsplan umfasst 200 Seiten und findet sich auch im Internet. Eine Zusammenfassung des Inhalts steht hier.)

Eine Gruppe Bürgerinitiativen macht schon seit Monaten gegen das Bauvorhaben mobil (mehr dazu hier und hier). Was sind deren Bedenken, und was spicht für ein neues Wohngebiet? Eine Übersicht.

 

Pro: Neue Wohnungen

Berlin als wachsende Stadt braucht neuen Wohnraum. Auf dem 3,5 Hektar großen Gelände am Mauerpark sollen 490 Wohnungen und 219 Studentenappartements entstehen. Kleine, bezahlbare Wohnungen für Studenten sind in der Innenstadt derzeit Mangelware. Die normalen Wohnungen sollen von privaten Investoren, aber auch von Baugruppen und städtischen Wohnungsbaugesellschaften errichtet werden. Letztere sollen garantieren, dass ein Teil der neuen Wohnungen zu günstigen Mieten ab 6,50 Euro angeboten werden kann. Eine Kita mit 80 Plätzen soll den durch die neuen Bewohner steigenden Bedarf decken.

 

Contra: Gentrifizierung

Der Neubaukomplex befeuert die Gentrifizierung der Nachbarschaft weiter und treibt die Mieten in die Höhe. Die vorgesehenen günstigeren Wohnungen sind nur ein Feigenblatt, zumal sie im Norden der Areals und damit direkt an den Bahnschienen entstehen sollen, wo sie eine Art Lärmschutzwall für die teureren Wohnungen im Süden bilden. Außerdem muss das Gebiet, um auf die gewünschte Wohnungsanzahl zu kommen, zu dicht bebaut werden. Die geplante Kita reicht nicht aus, um den zusätzlichen Bedarf an sozialer Infrastruktur zu decken. Stattdessen werden bestehende Angebote im Umkreis noch stärker belastet, als sie eh schon sind. Zudem sollen die Neubauten in direkter Nachbarschaft zu etablierten Einrichtungen wie der Jugendfarm Moritzhof oder dem Mauerpark entstehen, in denen Tiere zu Hause sind, Kinder spielen und auch abends und am Wochenende gefeiert wird. Die neuen Bewohner könnten sich von diesem Treiben belästigt fühlen und dagegen klagen.

 

Pro: Verbindung von West und Ost

Bislang ist das Areal nördlich des Gleimtunnels unzugänglich. Auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer kommt man hier nicht ungehindert von Ost nach West. Neue Wege durch das Gebiet machen es zumindest für Fußgänger und Radfahrer in Zukunft möglich, es auf dem Weg vom Kletterfelsen zum Humboldthain zu durchqueren. Durch die verkehrliche Erschließung des Neubaugebietes über die Gleimstraße westlich des Gleimtunnels bleibt zudem das ruhige Wohngebiet um die nördliche Schwedter Straße von Durchgangsverkehr verschont.

 

Contra: Denkmal- und Naturschutz

Für die Erschließung über die Gleimstraße muss auf mehreren Metern Länge die Stützmauer des denkmalgeschützten Gleimtunnels abgerissen werden. Somit wird in unzulässiger Weise in das Denkmal Gleimtunnel, das auch ein Erinnerungsort an die Teilung Berlins ist, eingegriffen. Des Weiteren bedeutet der geplante Neubaukomplex auch einen Eingriff in das Stadtklima. Bislang ist das brachliegende Areal Teil einer Kaltluftschneise, die in heißen Sommermonaten die überhitzten Wohngebiete mit kühlerer Luft aus den anliegenden Grünflächen versorgt. Die neuen Bauten verstellen die Schneise nicht nur, sondern sorgen mit ihrer Baumasse auch für eine weitere Erwärmung. Auch das die Stadt durchziehende Grüne Band wird zerschnitten und ein weiterer Natur- und Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und Insekten in der Stadt geht verloren.

 

Pro: Erweiterung des Mauerparks

Die Bebauung der Fläche nördlich des Gleimtunnels ist Teil einer Vereinbarung, die eine Erweiterung des Mauerparks südlich des Tunnels um sieben Hektar ermöglicht. Der bislang bestehende Mauerpark gehört zum früheren Ost-Bezirk Prenzlauer Berg und wurde Mitte der 1990er Jahre mit finanzieller Unterstützung der Allianz Umweltstiftung angelegt. Diese Förderung war an die Bedingung geknüpft, dass das Land Berlin den Park um mindestens zwei Hektar Richtung Westen erweitert. Andernfalls müssten über zwei Millionen Euro Fördergelder zurückgezahlt werden. Im Herbst 2012 schloss das Land Berlin daher einen Vertrag mit der CA Immo als Eigentümer des Grundstücks westlich des Mauerparks: Diese schenkt dem Land die Flächen zur Parkerweiterung im Süden, wenn sie dafür im Gegenzug Baurecht im Norden erhält. Wenn das Baugebiet nicht kommt, gibt es demnach auch keine Vergrößerung des Parks, die zudem nach den aktuellen Plänen deutlich unfangreicher ausfällt, als von der Umweltstiftung gefordert.

 

Contra: Investor bestimmt Bauplanung

Bei der Vereinbarung mit der CA Immo hat das Land Berlin sich über den Tisch ziehen lassen. Statt sich rechtzeitig um die nötige Erweiterungsfläche zu kümmern, hat es sich in eine Situation manövriert, in der der Investor die Regeln bestimmt. So konnte dieser eine für die kleine Fläche zu dichte Bebauung einfordern. Die Folgen wie zusätzlich nötige soziale Infrastruktur muss das Land Berlin auffangen. Zudem setzt der geschlossene Vertrag für den Bebauungsplan so enge Grenzen, dass die zuständige Baubehörde im Bezirk kaum Spielraum hat, Einfluss zu nehmen und im Sinne aller – auch der dort schon lebenden Menschen – zu planen. Eine Berücksichtigung des Bürgerwillens, die normalerweise bei Baugebieten dieser Größenordnung vorgesehen ist, wird somit ebenfalls unmöglich. Auch die Wünsche der sich seit Jahren mit dem Gebiet beschäftigen Bürgerwerkstatt Mauerpark fertigstellen werden ignoriert. Zudem widerspricht die geplante Bebauung der im Flächennutzungsplan des Landes Berlins vorgesehenen Bestimmung des Areals als Grünfläche.

 

Der Bebauungsplan-Entwurf für das geplante Wohngebiet nördlich des Gleimtunnels liegt noch bis einschließlich 16. März öffentlich im Bezirksamt Mitte, Fachbereich Stadtplanung, Müllerstraße 146, 1. Etage, Zimmer 168 aus (Montag bis Mittwoch von 8 bis 16 Uhr, Donnerstag von 9 bis 18 Uhr und Freitag von 8 bis 14 Uhr) und kann zudem im Internet eingesehen werden.

Jeder hat die Möglichkeit, zu diesem Plan eine Stellungnahme abzugeben. Dabei handelt es sich um ein formloses Schreiben, in dem man seine Kritik formuliert, und das man per Post an das Bezirksamt Mitte von Berlin, Fachbereich Stadtplanung, 13341 Berlin, per E-Mail an stadtplanung@ba-mitte.berlin.de oder über dieses Onlineformular einreichen kann. Die Einwendungen müssen bis zum 16. März vorliegen.

Darüber hinaus findet am Mittwoch, 11. März und 18 Uhr im BVV-Saal im Rathaus Mitte, Karl-Marx-Allee 31 eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Bebauungsplanverfahren statt.

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