Ein Pirat bezweifelt das. Tatsächlich scheint die gesetzlich vorgeschriebene Löschung von Daten in Pankow nicht umsetzbar.
Im Jobcenter Pankow, einer gemeinsamen Einrichtung des Bezirks und der Arbeitsagentur, stellt sich die Frage nach der Bedeutung des Datenschutzes. Nachdem Jan Schrecker, Bezirksverordneter der Piratenfraktion, eine entsprechende kleine Anfrage stellte, wird deutlich, dass Daten von Hartz-IV-Empfängern offenbar wesentlich länger gespeichert werden als vom Gesetzgeber zugelassen. Schrecker wirft dem Amt schwere Versäumnisse vor – und hat sich deswegen inzwischen an den Bundesbeauftragten für Datenschutz gewandt.
Schrecker verweist auf Bestimmungen des zehnten Sozialgesetzbuches. Dort wird in Paragraf 84 vorgeschrieben, dass Daten zu löschen sind, wenn sie für die „verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich“ sind. Schrecker wollte nun wissen, in welcher Form das im Pankower Jobcenter durchgesetzt wird. Die sinngemäße Antwort: Gar nicht, weil es technisch nicht möglich ist. „Das kann doch nicht die ernsthafte Auskunft sein“, sagt Jan Schrecker.
Software macht Löschen unmöglich
Die erste Anfrage zum Thema lief bereits im Dezember des vergangenen Jahres. Ob das Jobcenter die Löschfrist von fünf Jahren konsequent umsetze, wollte Schrecker wissen. In einer langen Erklärung referierte das Amt damals die aktuelle Gesetzeslage, erwähnte dabei auch die Pflicht zum Löschen – um dann am Schluss festzustellen, dass „eine Löschung der gespeicherten Daten derzeit nicht erfolgt“. Begründung: „Das ist wegen der besonderen Art der Speicherung nicht möglich.“ Sprich, die Software gibt es nicht her. Menschen, die vor vielen Jahren arbeitslos waren, müssen also damit leben, dass ihre Lebensverhältnisse von damals auch heute noch im Amt nachvollziehbar sind.
Schrecker wollte sich mit der offiziellen Auskunft nicht zufrieden geben und fragte erneut. Warum es keine Initiative gebe, das Löschen möglich zu machen, die Daten wenigstens gesperrt würden, die Betroffenen informiert würden? Doch auch die Antwort, die jetzt veröffentlicht wurde, ist nicht gerade ausschweifend. Alles was man sagen könne, ist, dass das Amt eine Software der Bundesarbeitsagentur verwende.
Ein Problem auf Bundesebene
Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), als Stadträtin zuständig für den Sozialbereich, ist durch Schrecker erstmals auf das Problem aufmerksam geworden. Gegenüber den Prenzlauer Berg Nachrichten verwies sie darauf, dass Pankow jenes System verwende, das bundesweit in allen Arbeitsagenturen und Jobcentern zum Einsatz komme. „Auf die Programmierung haben wir als Bezirk gar keinen Zugriff.“
Bei der Bundesagentur für Arbeit verweist man bei Anfrage nicht auf Sozialgesetzbuch zehn, sondern drei. In dem sei eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorgesehen. Allerdings auch eine „zehnjährige Berücksichtigungsfrist“ aus dem zweiten Sozialgesetzbuch sei zu berücksichtigen. „Damit ergibt sich eine Aufbewahrungsdauer der Daten von insgesamt 13 Jahren“, so Sprecherin Ilona Mirtschin. Es gebe deshalb bis jetzt auch keinen Grund, bei der Software ein Löschverfahren möglich zu machen, da das IT-Verfahren erst seit 2005 eingesetzt werde.
Schrecker will weiter für eine Löschung kämpfen. So stehe er bereits in Kontakt mit dem Datenschutzbeauftragten des Bundes, der sich laut Schrecker des Problems annehmen wollte. Beim Beauftragten selbst wollte man zu Schreckers Fall keine Auskunft geben.
NEWSLETTER: Damit unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden bleiben, gibt es unseren wöchentlichen Newsletter. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!