Designer auf der Straße

von Thomas Trappe 3. Juni 2013

Bei der Planung der Pappelallee mischen Designstudenten mit. Ist das die Stadtplanung der Zukunft für Prenzlauer Berg?

Treffen sich Designstudenten und ein paar Beamte vom Stadtplanungsamt. Klingt wie die zum Glück nie gedrehte Szene eines ausnehmend langweiligen Stummfilms. Oder vielleicht doch wie die Zukunft der Stadtplanung im Bezirk – Martin Kasztantowicz jedenfalls glaubt daran. Kasztantowicz ist der Initiator des Projekts Stadt Raum Gestaltung, in dem sich Stadtplaner des Bezirks, Kulturwissenschaftler und Designer zusammengetan haben, um sich dem Thema, man ahnt es, Stadtraumgestaltung zu widmen. Der erste Praxistest ist nun beendet, es ging dabei um die Neugestaltung der Pappelallee. Und wenn es nach Kasztantowicz geht, sollen weitere Projekte folgen.

Der anstehende Umbau der Pappelallee und Stahlheimer Straße zwischen Eberswalder und Erich-Weinert-Straße ist generell so etwas wie ein Pilotprojekt Bürgerbeteiligung in Prenzlauer Berg. Vor einem Monat lud der zuständige Stadtrat bereits die Bevölkerung, um ihre Wünsche und Vorstellungen mit jenen der Stadtplaner zu konfrontieren. Ähnliches geschah bereits vor einem halben Jahr beziehungsweise zu Beginn des vergangenen Semesters: Angehende Designstudenten der Kunsthochschule Berlin Weißensee und Kulturwissenschaftler der Humboldt-Universität setzten sich an einen Tisch mit den Tiefbauern des Bezirksamts. Und alle hatten sich was zu erzählen. Aber was?

 

Nicht sehen, was nicht geht

 

Tatsächlich mussten zunächst Vorbehalte überwunden werden, erinnert sich Kasztantowicz. So seien die Stadtplaner nicht nur skeptisch, sondern regelrecht abgeneigt gewesen, die Fachfremden in die Welt des Straßenbaus einzuführen. Bei einer ersten gemeinsamen Begehung der Pappelallee habe sich das aber schnell in Wohlgefallen aufgelöst – denn die Planer stellten zu ihrer Überraschung fest, dass sich die Designstudenten durchaus für ihre Erläuterungen interessierten, was  im Planer-Milieu wohl eher selten vorkommt. „Und mit einmal sprudelten bei den Studenten die Ideen nur so“, die Planer „mussten sie erden“. Und es wurde ein Dialog.

Kasztantowicz ist Ingenieur, beschäftigt sich hobbymäßig und ehrenamtlich mit Straßen- und Stadtplanung. Den Blick des Tiefbaubeamten kennt er trotzdem ganz gut. Die Höhe von Bordsteinen, Mindestabstände im Straßenraum, all das checkt er automatisch, „auch im Urlaub“. Menschen wie ihm könne da schon mal der Blick verloren gehen für schöne Lösungen, in einer Welt aus DINs und Bau-Normen. „Die Studenten sehen was Anderes. Nicht nur das, was nicht geht.“ 

 

Wie in Wanne-Eickel

 

Leider muss man aber auch sagen, dass vieles einfach mal nicht geht. Zum Beispiel Sitzbänke um Bäume, wie es den Studenten einmal in den Sinn kam. Geht nicht, sagten die Stadtplaner, da dann das Grünflächenamt nicht mehr die Bäume pflegen könnte, oder nur nach Abnahme der Sitzgelegenheit. Oder die Idee, Laternen am Boden zu begrünen: Geht nicht, weil dort Wasser versickern würde und die Laterne schließlich in die Horizontale streben könnte. So „scheiterten einige Ideen“, sagt Kasztantowicz, betont aber, dass das nicht etwa an bockigen Amtsmännern lag. „Differenzen im Ziel gab es nicht.“ Schöner und besser wollen es alle haben.

Doch am Ende gilt: Vor den festgelegten Normen sind alle bleich. „Ich glaube, viele Menschen hätten gern mehr Augenzwinkern im Stadtraum“, sagt Martin Kasztantowicz. Er meint damit die konsequente Umsetzung des eigentlich schon lange vorhandenen Willens bei Stadtplanern, die Stadt zu einem Ort des Aufenthalts zu machen – und sie nicht nur als Instruments zum Transport von Waren und Personen zu begreifen. „Leider steht dem eine Mentalität der Absicherung entgegen“ – ein Zebrastreifen hat „in Prenzlauer Berg auszusehen wie einer in Wanne-Eickel“. Kasztantowicz will, dass das aufhört.

 

Das nächste Mal engere Vorgaben

 

Allzu viele konkrete Ergebnisse, die dann auch umgesetzt werden können, zeitigte das Design-Experiment Pappelallee nicht, sagt Kasztantowicz, aber es sei ja auch nur der Anfang. „Wir wollen das möglichst bald wiederholen.“ Allerdings mit Modifizierungen. So sollen sich Studenten beim nächsten Mal nicht in ein bereits laufendes Verfahren einklinken, sondern schon in der Vorbereitungsphase involviert sein. Zudem sollten, wenige, konkrete Problemstellungen formuliert werden, um dann in interdisziplinären Gruppen gelöst zu werden. „Problemorientierter“ solle diskutiert werden, so Kasztantowicz. „Dazu müssen wir den Studenten engere Vorgaben machen“.

 

 

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