Schulauftrag Integration

von Thomas Trappe 26. November 2012

Anders als ursprünglich geplant werden die Kinder von Asylbewerbern jetzt in regulären Prenzlauer Berger Schulklassen untergebracht. Es gilt, die Kinder in Kontakt zu bringen.

Für Experimente ist in der Schule eigentlich in Physik-Räumen Platz. Wenn hier etwas schief geht, hat das keine Folgen. Ein anderes Experiment betrifft derzeit gleich mehrere Prenzlauer Berger Schulen, und dieses sollte besser nicht scheitern: Unter Hochdruck versucht das Bezirksamt gerade, 40 Kinder von Asylbewerbern in drei Schulen unterzubringen. Und wie es bei Experimenten so ist, sitzt die Versuchsanordnung nicht gleich beim ersten Mal. War vor drei Wochen noch die Rede von sogenannten Willkommensklassen, in denen die Kinder zusammen untergebracht werden sollen, strebt das Amt nun eine andere Lösung an. Die Verteilung der Kinder auf die regulären Schulklassen.

Die Situation ist alles andere als Routine. Erst im vergangenen Monat wurde in Prenzlauer Berg aus dem Nichts ein Asylbewerberheim eingerichtet, inzwischen gibt es eine weitere Notunterkunft, es fehlt massiv an warmer Kleidung, die Asylbewerberzahlen steigen. Das Mittel der Wahl, die Kinder zu unterrichten, waren in Prenzlauer Berg zunächst die Willkommensklassen, in ihnen sollten die Kinder vornehmlich Deutsch lernen. Das sorge für Abschottung, heißt es jetzt von der zuständigen Stadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD). Deshalb die neue Linie. 

 

Engpässe im Gesundheitsamt

 

Tatsächlich scheinen die Willkommensklassen ungeeignet, die Kinder zu integrieren. Eine entsprechende Klasse gibt es bereits an der Grundschule am Senefelder Platz, wie Schulleiterin Manuela Günzel berichtet. Ein Lehrer und ein Sozialschularbeiter unterrichten zwölf Kinder, und zwar 20 Stunden die Woche. Es gehe dabei vor allem um das Erlernen der deutschen Sprache. Da die Kinder einen anderen Stundenplan haben und somit auch öfters in den Pausen unterrichtet würden, so Günzel, gebe es nur „geringe Kontakte“ zu den anderen Kindern. Zuletzt diesen: Die Kinder der Asylbewerber spielten ein Fußballturnier mit Schülern des sonderpädagogischen Förderschwerpunkts an der Schule. Geplant sei außerdem, die Asylbewerberkinder bei der sechswöchig stattfindenden Schulversammlung mit anderen Kindern in Kontakt zu bringen.

Von geänderten Plänen des Bezirksamts wusste Günzel nicht. In der Verwaltung ist man derzeit offenbar genug damit beschäftigt, die Erstversorgung zu organisieren. Am Freitag brachte Stadträtin Zürn-Kasztantowicz mit Mitarbeitern Kleiderspenden ins Asylbewerberheim. Und auch beim Gesundheitsamt ist derzeit mehr als genug zu tun. Alle 40 Kinder müssen zur Einschulungsuntersuchung, das kostet Zeit. „Es gibt durchaus ein paar Kapazitätsprobleme“, erklärte Zürn-Kasztantowicz auf Anfrage. 

 

Skeptische Eltern

 

Dass die Kinder nun doch in regulären Klassen – in den Grundschulen am Senefelder, am Teutoburger Platz und in der Danziger Straße – untergebracht werden, begründet Zürn-Kasztantowicz pädagogisch. „Die Kinder lernen am allerbesten und schnellsten Deutsch, wenn sie mit deutschsprachigen Kindern zusammen sind.“ Die Kinder verteilten sich dabei auf sechs Klassenstufen.

Bereits im Sozialausschuss der Bezirksverordnetenversammlung vor drei Wochen hatte die Stadträtin von „sozialen Akzeptanzproblemen“ gesprochen, die es aufgrund des ungewissen Impfstatus‘ der Kinder geben könnte. Diesbezüglich sei sie jetzt aber „relaxt“. Andere Akzeptanzprobleme können zumindest nicht ausgeschlossen werden. So äußerte eine Elternvertreterin einer Schule gegenüber dieser Zeitung die Sorge, dass „kulturelle Unterschiede“ das Lernklima an der Schule negativ beeinflussen könnten – diplomatisch formuliert. Solche Vorurteile sind laut Zürn-Kasztantowicz allerdings die Ausnahme. So habe es bei der Verwaltung keine entsprechenden Rückmeldungen von Eltern gegeben. Und auch die Schulleiterin Günzel berichtet Positives: So sei unter den Elternvertretern ihrer Schule schon über ein „Adventskaffeetrinken“ für die neuen Schüler nachgedacht worden.

 

 

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