Prenzlauer Burger

von Guido Walter 9. März 2011

American Diner im Bionade-Kiez? Der erste Teil einer kulinarischen Rundreise zu renommieren Burger-Bratereien in Prenzlauer Berg

Sixties Diner, Knaackstraße 16 

Das Sixties Diner ist was für den schnellen Burger, den man sich kurz vor dem Kino reinzieht. Das Problem: Es gibt in der Nähe kein Kino. Wer also geht dann ins „The Sixties“? Servierkraft Nina erteilt Auskunft: „Studenten von außerhalb.“ Touristen? Die eher selten. Also doch nicht die typische Touristenfalle, in der Ahnungslose mit teurem Billigfraß im Edward-Hopper-Ambiente abgefüttert werden? So etwas werfen Kritiker Gastroketten wie „Sixties“ ja gern mal vor. Was Touristen in diese Gegend ziehen soll, bleibt unklar. Den benachbarten Wasserturm muss man nicht gesehen haben. Er ist halt okay. Wie der Bacon Cheeseburger für 8,50 Euro inklusive Fritten. Die Pommes sind etwas mehlig, das Fleisch ist zu trocken. Der Geschmack ist für tiefgefrorene Patties bestenfalls okay. Gern hätten wir den Hausburger „Sixties“ mit integriertem Spiegelei probiert. „Da muss ich sie leider enttäuschen, wir haben heute keine Eier bekommen“, sagt Nina. Alternativen gibt es: neben diversen Burgern (auch Vegi) stehen Pancakes, gefüllte Monsterkartoffeln, Sandwiches und Tex-Mex Gerichte auf der Karte. Die Atmosphäre bietet jedem Freund von USA-Klischees das All-Inklusive-Paket: Emailleschilder an der Wand („Route 66“, „Walk – Don´t Walk“ etc.). Stuhlpolster glänzen bonbongrell, niemand dürfte es erstaunen, wenn Mickey Maus und Goofy Arm in Arm hereinspazieren würden. Wer Abends in einem nicht zu vollen Laden unkompliziert zum Burger kühles Bier trinken will, ist hier richtig. Burger-Gourmets dagegen dürften enttäuscht sein. 

Marienburger, Marienburger Straße 47 

Aus den Lautsprechern dröhnt „One Step Beyond“ von Madness. Richtig voran geht es beim Braten aber nicht. Nach der Bestellung von Cheeseburger, Snakeburger (beides kein Neuland-Fleisch) und Vegiburger raunen die Frauen am Tresen mit freundlicher Garstigkeit: „Aber mit Wartezeit“. Slow Food, um zwei Uhr mittags. So mancher zieht einen Spaziergang um den Block dem Harren im engen Kiez-Imbiss vor, in dem sich Gäste Ketschup-und Majoflaschen über die Köpfe anderer Gäste zureichen. Die Rückkehr in den liebevoll chaotischen Marienburger lohnt aber, denn die Qualität der Burger und Saucen ist ausgezeichnet. Das etwas zu feste Fleisch des angenehm gewürzten Snakeburgers ist aromatisch und saftig. Wie mag erst die glückliche Variante geschmeckt haben? Kaum zu glauben, dass man es mit Tiefkühlware zu tun hat. Der Käse könnte allerdings besser verschmolzen, und das Fleisch besser abgetupft sein. So weicht das Brötchen etwas zu schnell durch. Zu Beginn aber liegt es gut in Hand. Der Röster leistet gute Arbeit. Darüber hängt ein St. Pauli-Totenkopf. Dafür gibt es einen Zusatzpunkt, wie für die knackfrischen Zwiebeln. Ambivalenz im Pommes-Bereich: einige der insgesamt leicht übersalzenen Fritten waren schön kross, andere schwabbelig. Der Vegi-Burger (mit Gemüsefrikadelle und Ruccolapesto) schmeckt wie ein Vegiburger eben so schmeckt. Abwechslung bietet „Rieke“, ein Dinkel-Erbsen-Möhren-Spargelburger mit Joghurtdressing. Die Preise liegen weit unter Diner-Niveau, und das bei höherer Burger-Qualität. Das Fazit: Hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis, grenzwertige Wartezeiten. Für den Andrang ist der Laden definitiv zu klein.

The Bird, Am Falkplatz 5

Wenn sich an einem Burger-Laden in Prenzlauer Berg die Geister scheiden, dann am „The Bird“. Die Hass-Fraktion wettert gegen den arroganten Tonfall der Speisekarte, schnodderige Bedienungen, laute Heavy Metal-Musik, verbrannte Pommes, schlabbrige Burger, fleischige Tomaten und saure Gurken. Verehrer des Ladens dagegen schwärmen über die besten Burger außerhalb der USA, die wahnsinnig witzige Speisekarte, die nette, lockere Bedienung und alte Hits von Guns ’n‘ Roses. Langweilig zu sagen, aber die Wahrheit liegt auch hier in der Mitte. Die Pommes schmecken wirklich leicht verbrannt, hier wird passend zum rustikalen Ambiente rauchiger Südstaaten-Charme simuliert. Der Rundblick beweist: die roh geschnittenen Kartoffelstücke bleiben auf den Tellern gern mal liegen. Das Fleisch der Bulettenscheiben des Da Birdhouse Burgers überzeugt dagegen. Zart, rosig und voller Geschmack. Perfekt für Frost-Pattie gefrustete Burger-Aficionados. Noch besser sind die teuren Steaks. Wer ein besonders großes Stück bestellt, sichert sich die Anerkennung des lustig-ruppigen Personals, welches anderseits „Kindersteak“-Besteller gern verhöhnt. Alternativen bieten Chicken Wings oder zum Nachtisch der viel gelobte Cheesecake. Die ironisch gemeinte Speisekarte beleidigt „medium well“-Besteller, „medium rare“, das ist der Weg. Gern steht die je nach Sichtweise coole, oder sich für cool haltende Bedienung in dieser Angelegenheit belehrend zur Seite. Den Ärger des Personals zieht sich auch zu, wer seinen Burger mit Messer und Gabel verspeisen will. Man lacht, oder spült den Ärger mit Cider herunter. Ein seltener, umso willkommener Begleiter zum Burger. Reservieren klappt meistens nicht, ins „The Bird“ geht man ohnehin besser mit ein paar Saufnasen als mit dem Partner. An Konzertabenden in der benachbarten Max-Schmeling-Halle vermeiden. Dann wird es knüppelvoll, schreiende Bestellungen obligatorisch. 

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