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Strassenfeger droht das Aus

von Christina Heuschen 1. Februar 2024

Bis zu 11.000 Übernachtungen für obdachlose Menschen ermöglicht der „Strassenfeger“ jährlich. Doch der Verein muss seine Notunterkunft räumen. Nun wurde die Frist für den Auszug verlängert, die schwierige Suche nach Räumen bleibt.


Tagsüber ist es ruhig in der Storkower Straße 139c. Kaum ein Mensch hält sich hier auf, nur ab und zu ist der Verkehr der Hauptstraße zu hören. Zwischen 18 Uhr abends und 8 Uhr morgens ist im Erdgeschoss des Gebäudes plötzlich Leben. Hier befinden sich mehrere kleine Räume, eine Küche, sanitäre Anlagen. Die Einrichtung ist einfach.

Dennoch finden hier täglich bis zu 30 obdachlose und wohnungslose Menschen ein Bett für die Nacht. Essen und eine Dusche gibt es auch. Der „Strassenfeger e.V.“ betreibt hier im Auftrag des Landes Berlin eine Notunterkunft. Fast jede Nacht sind die Betten voll belegt.

Doch der Verein muss die Räume verlassen, weil das Gebäude saniert werden soll. Findet der „Strassenfeger“ keine neue Immobilie, fehlen in Berlin jährlich rund 11.000 Schlafplätze. Auch dem Verein droht dann das Aus, befürchten die beiden Vorsitzenden Tanja Schmidt und Samyr Bouallagui.

 

Langjähriges Rumgedümpel

Seit 1994 hilft der „Strassenfeger“ Menschen, Wege aus ihrer Notsituation zu finden. Er betreibt nicht nur die Notübernachtung in der Storkower Straße, sondern gibt auch das „Strassenfeger MAG“ heraus. Mit der „Gesunden Übrigküche“ versorgt er Menschen täglich mit frisch gekochten Mahlzeiten aus Lebensmittelspenden und in der Oderberger Straße 12 stellt er Wohnungen zu bezahlbaren Mieten zur Verfügung.

Beim „Strassenfeger“ erhalten obdachlose Menschen ein Bett für die Nacht. / Foto Christina Heuschen

 

Seit 2020 wisse der „Strassenfeger“, dass er irgendwann aus dem landeseigenen Gebäude ausziehen müsse, sagt Bouallagui. Trotz mehrerer Anfragen nach einer anderen Immobilie, sei der Verein immer wieder vertröstet worden.

Im vergangenen Jahr erhielt der Verein die überraschende Nachricht, dass er bereits im Juni 2024 ausziehen müsse. Aber die Wohnungsnot und die steigenden Preise machen die Suche nach neuen Räumlichkeiten schwierig. Immerhin sei die Frist nun bis Ende des Jahres verlängert worden, berichtet Schmidt.

„Wir erleben ein ständiges Rumgedümpel. Aber das ganze Verzögern geht nicht“, kritisiert sie. Einzelne Politiker*innen helfen bei der Suche nach einem neuen Quartier. Doch sie und ihr Kollege fordern, dass der Senat endlich handelt und bei der Suche eines Ersatzquartiers unterstützt.

 

Strassenfeger möchte im Bezirk bleiben

Am liebsten möchte der „Strassenfeger“ im Bezirk bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass das auch nötig ist. Obdachlose Menschen hielten sich nach dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf vor allem in Pankow auf, erklärt Bouallagui. Viele seien lediglich im Bezirk, weil sie dort bereits Kontakte hätten und Unterstützung fänden.

„Wir sind die einzige Notübernachtung im Bezirk, die es nicht nur ganzjährig gibt, sondern die auch Sozialarbeit leistet“, sagt Bouallagui. Müsste die Notschlafstelle an einen anderen Ort ohne gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr umziehen, würde vielen Menschen eine Anlaufstelle fehlen.

 

Neues Gebäude in Aussicht

Deshalb hatte der Verein vor einiger Zeit vorgeschlagen, dass die Notunterkunft in eine andere Immobilie in der Storkower Straße 101 umziehen könne. Dort entsteht ein Ausweichquartier für Geflüchtete, die zurzeit in demselben Gebäude wohnen, in dem sich auch die Notunterkunft findet.

Vergangene Woche war dies Thema im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Der Verein konnte seine Situation schildern. Tatsächlich soll nun der Umzug an die vorgeschlagene Adresse geprüft werden, berichtet Schmidt. Wenn der „Strassenfeger“ aber nicht bald eine Bleibe findet, müsse der Verein das Projekt abwickeln.

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