Rein ins Beet

von Sarah Schaefer 5. Juli 2021

Blumen pflanzen, in der Erde wühlen, Kartoffeln ernten: Das geht auch ohne eigenen Garten. Eine Übersicht der Gemeinschaftsgärten in Prenzlauer Berg.


Schon vor der Pandemie haben viele Berliner*innen das urbane Gärtnern entdeckt. Doch seit Corona erleben die Gartenprojekte einen regelrechten Ansturm. Dabei stehen manche Gärten vor einer ungewissen Zukunft, weil sie die Fläche nicht dauerhaft nutzen können. Wir haben bei den Gemeinschaftsgärten in Prenzlauer Berg nachgefragt, wie es ihnen zurzeit geht, welche Schwerpunkte sie setzen – und ob sie überhaupt noch neue Gärtner*innen aufnehmen.

 

Mauergarten 

Den interkulturellen Gemeinschaftsgarten im Mauerpark gibt es seit 2012. Zurzeit sind es über 80 Vereinsmitglieder und 44 Neugärtner*innen, die sich um die Pflanzen kümmern, Hochbeete bauen oder auch mal einen Kuchen backen und Veranstaltungen organisieren. „Wir legen sehr großen Wert auf ehrenamtliche Unterstützung von Vereinsmitgliedern“, sagt Nadine Faßbender vom Mauergarten-Team. Schwerpunkt ist das ökologische Gärtnern, der Verein hat sich außerdem das Ziel „Zero Plastik“ gesetzt. Es gibt mehrere AGs, unter anderem für Beetbau, Bienen und das Gewächshaus. Mit dabei sind sechs Kitas, die sich an der Pflege der gemeinschaftlichen Hochbeete beteiligen.

Während der Corona-Zeit haben die Berliner*innen ihre Liebe zum Gärtnern entdeckt: Das merkt man offenbar auch im Mauergarten. Wegen der hohen Nachfrage sind momentan alle Beetplätze vergeben. Anfragen sind erst wieder ab März 2022 möglich. Doch wie Nadine Faßbender betont, braucht es keinen Beetplatz, um beim Mauergarten mitzumachen. Neu-Gärtner*innen sind willkommen. Wer sich erst einmal informieren möchte, kann die Wochenmail abonnieren, dort gibt der Verein auch die aktuellen Termine bekannt. Für gewöhnlich – wenn nicht gerade eine Pandemie das öffentliche Leben lahmlegt – gibt es Gartensonntage von 14 bis 18 Uhr.

Der Mauergarten von oben. Foto: Volker Gehrmann

 

Peace of Land

Die Gärtner*innen von Peace of Land bewirtschaften das 4000 Quadratmeter große Grundstück in der Nähe des Syringenplatzes im Blumenviertel mit großen Engagement. Dabei hat der Garten alles andere als eine sichere Bleibeperspektive: Auf dem Gelände soll eine Turnhalle für die Grundschule am Blumenviertel gebaut werden. Zuletzt habe im April eine Grundstücksbegehung verschiedener Ämter stattgefunden, berichtet Yvonne Stolterfoht, Mitglied des Vorstands von Peace of Land. Ein gemeinsames Gespräch über mögliche alternative Standorte habe es bislang nicht gegeben.

Das Gärtnern geht dennoch weiter, und Peace of Land freut sich über Unterstützung. In der kommenden Zeit gibt es einige Mitmachtage, an denen Neu-Gärter*inen das Projekt kennen lernen können. Gesucht würden nicht unbedingt Menschen, die im Garten Gemüse ziehen wollen, sagt Yvonne Stolterfoht, denn dieser Arbeitskreis sei bereits relativ groß. „Was wir aktuell suchen, sind Menschen, die auch Lust haben, handwerklich tätig zu werden und uns beim weiteren Ausbau zu helfen.“

Wichtig sei, dass Neu-Gärtner*innen bereit sind, regelmäßig vor Ort zu sein, zum wöchentlichen Plenum zu kommen und sich mit dem Thema Permakultur auseinanderzusetzen – denn Peace of Land begreift sich nicht nur als Garten, sondern auch als „Lernort für Permakultur“. 

Die Gärtner*innen von Peace of Land legen außerdem Wert darauf, Müll zu vermeiden und Lebensmittel zu retten. Man experimentiere mit alten Kultursorten und Anbaumethoden, die sich dem Klimawandel anpassen, und verarbeite Lebensmittel und Kräuter zu Tees oder Marmelade. „Und wir kochen und essen gemeinsam und zelebrieren die Gemeinschaft“, sagt Yvonne Stolterfoht. „Das ist uns ganz wichtig.“

Die Gärtner*innen von Peace of Land bewirtschaften ein 4000 Quadratmeter großes Grundstück. Foto: Yvonne Stolterfoht

 

Kunstgemüse

Im Dreieck zwischen Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Lichtenberg liegt der Blankensteinpark, eine Fläche, die die Bezeichnung „Park“ nicht so recht verdient: Bislang handelt es sich eher um eine je nach Jahreszeit mehr oder weniger trostlose Wiese. Abwechslung bietet seit diesem Frühjahr der Gemeinschaftsgarten Kunstgemüse. Der Zugang zum Garten liegt am am südlichen Eingang an der Eldenaer Straße.

Ins Leben gerufen wurde er von Anwohner*innen aus dem Hausburgviertel und der Umgebung mit dem Ziel, den Park mitzugestalten. „Wir wurden seit unserem Start förmlich überrannt und haben derzeit über 90 Mitglieder“, sagt Doreen von Kunstgemüse. Der Garten ist offen für alle, die mitmachen möchten. Das Miteinander stehe im Vordergrund. „Leider haben wir weniger seniorige Mitglieder als von unserer Seite gewünscht“, sagt Doreen. Besonders ältere Menschen seien also herzlich willkommen. Es gibt Einzel- und Gemeinschaftsbeete und die Möglichkeit, sich handwerklich einzubringen – etwa beim Bauen von Hochbeeten oder Sitzgelegenheiten. 

Jeden Mittwoch findet ein wöchentlicher Treff statt, bei dem die Gärtner*innen besprechen, was aktuell ansteht. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Kennenlernrunde für alle, die neu dabei sind. 

 

Kiezgarten

Ursprünglich war der Kiezgarten in der Schliemannstraße in der Nähe des Helmholtzplatzes als Zwischennutzung für zehn Jahre gedacht, doch die an dieser Stelle geplante Kita wurde dann doch nicht gebaut – mittlerweile gibt es den Garten seit 18 Jahren. Die Strukturen seien eher locker, sagt Gärtnerin Kerstin. Oft verabrede man sich spontan für einen gemeinsamen Garteneinsatz. „Es gibt keinen Gruppendruck und keine langen Plena.“

Gegärtnert wird nach ökologisches Prinzipien: kein Torf, kein synthetischen Pflanzenschutzmittel oder Pestizide, größtenteils ökologisches Saatgut. Hochbeete brauchen die Gärtner*innen nicht, da sie den Boden nutzen können – keine Selbstverständlichkeit für einen Gemeinschaftsgarten. Rund drei Viertel der angebauten Pflanzen sind essbar, im Spätsommer trifft sich die Gruppe zum gemeinsamen Essen der selbst gepflanzten Kartoffeln. 

Einzelbeete gebe es nicht: „Wir machen alle alles“, sagt Kerstin. Wichtig sei ein freundlicher Umgang untereinander und eine gewisse Toleranz. „Der Kiezgarten ist immer offen zugänglich, das heißt, man muss ertragen können, wenn mal was abgeerntet, umgebaut, vermüllt oder auch mal beschädigt ist. Aber gemeinsam repariert sich alles auch schnell wieder.“

In dieser Saison habe der Kiezgarten Zulauf bekommen, aber man sei weiter offen für Neu-Gärtner*innen. Wer mitmachen möchte, spricht die Gärtner*innen am besten direkt vor Ort an oder schreibt eine Mail. 

Den Kiezgarten in der Schliemannstraße gibt es seit 18 Jahren. Foto: Kiezgarten

 

Stadtpflanzen. Kulturinsel Thälmann-Park

Im Thälmann-Park entsteht seit diesem Frühjahr ein Gemeinschaftsgarten mit mobilen Hochbeeten, der nach den Prinzipien der Permakultur bewirtschaftet werden und Raum für kleinere Kulturveranstaltungen bieten soll. Das Projekt Stadtpflanzen. Kulturinsel Thälmann-Park ist eine Zusammenarbeit des Pankower Kulturamts mit der Permakultur-Expertin Leonie Woidt-Wallisser und der Regisseurin Wenke Hardt. Es gibt mehrere Workshops, in denen sich die Gärtner*innen zur Permakultur weiterbilden können. Für dieses Jahr sind alle Plätze vergeben, Bewerbungen für das kommende Jahr sind möglich. 

 

Mehr Infos rund um die Berliner Gemeinschaftsgärten und eine Liste von Gärten auch außerhalb Prenzlauer Bergs findet ihr auf der Seite des Netzwerks Urbane Gärten Berlin.

 

Bild oben: Ein Großteil der angebauten Pflanzen im Kiezgarten ist essbar, aber Tulpen gibt’s auch. Foto: Kiezgarten

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