Bezirk hat neuen Bundestags-Präsidenten

von Anja Mia Neumann 11. November 2015

Der erste Mensch im Staate, ähm, im Bezirk ist keine Frau mehr, sondern ein Mann. Die alte Bezirksvorsteherin musste weichen, denn sie zog ins Brandenburgische. Nun hat Pankow einen Vorsteher: Ronald Rüdiger.

Hinter dieser Tür, der zum Saal der Bezirksverordnetenversammlung (im Grunde ist die BVV unser Bezirksparlament) herrscht künftig ein neuer Vorsteher. Roland Rüdiger hat das große Los gezogen, ab sofort einen zungenbrechenden Job sein Eigen nennen zu dürfen: Bezirksverordnetenvorsteher. Am Mittwochabend wurde der SPD-Mann mit einer Mehrheit von 37 der 47 abgegebenen Stimmen gewählt.

Berufsbeschreibung: Er oder sie vertritt die BVV nach innen und nach außen, hat eine repräsentative Funktion, beruft Tagungen ein, leitet Versammlungen, hat die Hand auf den finanziellen Mitteln der BVV, führt Protokoll und ist bei offiziellen Veranstaltungen dabei. Für das Mandat bekommt der Inhaber kein Gehalt, sondern eine Aufwandsentschädigung.

 

Wenig glamourös, aber ganz hoch

 

Groß gedacht ist der BVV-Vorsteher ungefähr das für den Bezirk, was der Bundestagspräsident für Deutschland ist. Ähnlich wie der Posten des Bundestagspräsidenten ist auch der des Bezirksverordnetenvorstehers wenig glamourös und von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Protokollarisch ist er aber höher angesiedelt als der des Kanzlers oder eben der des Bezirksbürgermeisters.

Wichtig auch: der BVV-Vorsteher sollte „ein hohes Maß an Überparteilichkeit mitbringen“, wie es die Fraktionsvorsitzende der Pankower SPD Rona Tietje ausdrückt. Das sei auch einer der Gründe, warum die Wahl der Partei einstimmig auf Rüdiger gefallen sei. Als stärkste BVV-Fraktion hatte die Partei ein Vorschlagsrecht – der die anderen Fraktionen auf der Versammlung folgten.

 

Kein Geld aus der Steckdose

 

Rüdiger ist Berliner, geboren 1971 in Mitte, studierte Jura, Politikwissenschaften und Skandinavistik. 1998 trat er „nach längerer politischer Odyssee in die SPD ein“, wie er schreibt. Warum die SPD? „Weil sie für mich die einzige Partei ist, die den realistischen Versuch unternimmt, gesellschaftlichen Fortschritt mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden und dabei nicht vergisst, dass Geld nicht aus der Steckdose kommt.“ Er war Fraktionsgeschäftsführer und sitzt seit neun Jahren in der BVV Pankow.

 

Foto: SPD Pankow

 

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Kurze Rückblende zu der Frau, die seit 2011 Bezirksvorsteherin war: Sabine Röhrbein (SPD).

Kürzlich zog sie zwei Kilometer hinter die Berliner Stadtgrenze, ins brandenburgische Hohen Neuendorf. Per Gesetz darf sie damit nicht mehr Bezirksverordnete sein. Ein Umstand, der ihr nun bitter aufstößt. „Ich hätte gern das Amt in dieser Wahlperiode zu Ende gemacht. Ich fühle mich als Berlinerin und behalte auch meine Ämter in der SPD Pankow, wie das der Kreiskassiererin.“

Am Abend der Neuwahl hält Röhrbein eine Abschiedsrede. Mit Kloß im Hals und belegter Stimme sagt sie: „Ich habe jahrelang dafür gekämpft, zu meiner Frau Ja zu sagen.“ 2002 war es soweit. Jetzt verzichtet sie für den gemeinsamen Wohnsitz im Speckgürtel auf ihr Mandat.

 

„Ich habe nie jemanden rausgeschmissen.“

 

Vier Jahre lang war Röhrbein Hausherrin in den BVV-Räumen: „Wenn jemand Krawall schlägt, darf man ihn als Vorsteherin des Saales verweisen. Ich habe aber nie jemanden rausgeschmissen. Im Gegensatz zu anderen Bezirken, in denen das passiert ist. Bei Unruhe unter den Zuhörern habe ich aber durchaus unterbrochen und zur Räson gerufen.“

Als höchste Repräsentantin Pankows, welches waren ihre schönsten Momente? „Das war die Lichtergrenze zum 25. Mauerfall-Jubiläum im letzten Jahr. Ich hatte organisiert, dass die BVV Ballon-Pate war. Wir haben die allerletzten Ballons auf der Bornholmer Brücke in die Luft steigen lassen. Das war sehr emotional. Außerdem die Verleihung der Ehrenamtspreise. Die haben mir immer sehr am Herzen gelegen.“

 

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Seinen Einstand als neuer Bezirksverordnetenvorsteher gab Rüdiger sofort – und leitete die 35. Sitzung der BVV in dieser Wahlperiode. Sein Amt hat er erst mal nur elf Monate inne, bis im September dann die nächste Berlin- und Pankow-Wahl ansteht.

 

 

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