Baustelle # 13

von Cosima Lutz 18. Mai 2012

Und was machst Du so? In unserer Interview-Reihe schauen wir den Arbeitern der Gegenwart kurz über die Schulter. Heute der Junior Producerin Sarah Maret. 

Nichts bleibt, wie es war, schon gar nicht in Berlin und erst Recht nicht in Prenzlauer Berg. Es wird gebaut, gezimmert, abgerissen und verputzt, gebastelt, geplant und verworfen, was das Zeug hält. Und es wird auch gebacken, repariert, gedrechselt, poliert, geschrieben, gelötet, geschweißt und geschnippelt. Eine Momentaufnahme über den Arbeitsstand der Dinge.

 

Sarah Maret, 34, Junior Producerin, Heinrich-Roller-Straße

 

Woran arbeiten Sie da gerade?

Unter anderem an einem Dokumentarfilm über Mathias Rust, den „Kremlflieger“: Der hatte vor 25 Jahren diese wagemutige Idee, mit einer Cessna den Eisernen Vorhang zu überwinden, sich in Moskau mit Gorbatschow zu treffen und so den Weltfrieden voranzutreiben. Ich bin sozusagen die Schnittstelle zwischen der Regisseurin Gabriele Denecke und den beteiligten Sendern und betreue das Projekt redaktionell. Aktuell schaue ich zum Beispiel, ob der Kommentartext die Dramaturgie des Films wiedergibt und für den Zuschauer verständlich ist, organisiere aber auch die Sprachaufnahmen für den Kommentar und mache die Sprachregie . Es ist eine sowohl inhaltliche als auch organisatorische Arbeit.

 

Und für wen machen Sie das?

Für ein breites Publikum, hoffe ich! Ich wünsche mir, dass diejenigen, die diese Geschichte noch nicht kennen, darüber staunen werden, und dass diejenigen, die sich noch erinnern können, wieder eintauchen können, auch in diese unglaubliche Zeit und ihre Atmosphäre damals. Und ganz konkret produziert mein Arbeitgeber, die Gebrüder Beetz Filmproduktion, das alles in Koproduktion mit den öffentlich-rechtlichen Sendern, dem Hessischen Rundfunk, dem Saarländischen Rundfunk und mit der Unterstützung der hessischen Filmförderung für die ARD.

 

Wann soll es fertig sein?

Wir sind jetzt gerade in der Fertigstellung. Noch ein paar letzte Schliffe, und dann werden die Bänder an die Sender rausgeschickt. Die gucken dann noch, ob technisch alles funktioniert, und am 21. Mai um 23.30 Uhr wird der Film in der ARD ausgestrahlt.

 

Irgendwelche Schwierigkeiten?

Das größte Problem war ja, überhaupt an den Protagonisten Mathias Rust heranzukommen! Er pendelt auf verschiedenen Orten dieser Welt. Mal sagte er zu, dann wieder kurzfristig ab, das war ein ganz schönes Hin und Her. Naja, er hat ja auch seine schlechten Erfahrungen mit manchen Medien gemacht. Zum Glück haben wir es schließlich doch noch geschafft, ein zweistündiges Exklusiv-Interview zu bekommen.

 

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn es fertig ist?

Auf die Ausstrahlung. Es ist einfach eine so amüsante, irrsinnige Geschichte! Und bei aller Naivität, die ja auch hinter diesem Flug steckt: Für mich ist das, was Rust da getan hat, nachvollziehbar. Während der Regierung von George W. Bush dachte ich auch manchmal: Ich muss da jetzt mal hin und den Mann schütteln! Auch wenn ich im Gegensatz zu Rust weit davon entfernt war, meine Gedanken in die Tat umzusetzen: Verstehen kann ich ihn. Und deshalb freue ich mich so sehr, dass wir diese Geschichte jetzt für ein breites Publikum aufleben lassen.

 

KURZBIOGRAFIE: Sarah Maret wurde 1978 in Basel geboren und studierte in Zürich Filmwissenschaften, Publizistik und Soziologie. Nebenbei arbeitete sie als Produktionsassistentin für Fernsehdokumentationen, später auch für Spielfilme. Im Dezember 2009 begann sie bei der Gebrüder Beetz Filmproduktion ein Volontariat. Dort ließ man sie nicht mehr weg: Seit kurzem ist sie dort als Junior Producerin angestellt. In Berlin zu sein ist für sie eine „bewusste Entscheidung“: Im Gegensatz zum völlig „wettbewerbs- und geldorientierten“ Zürich lebe es sich hier unangestrengter, auch wenn sich die Stadt inzwischen leicht in Richtung Zürich entwickele. Maret wohnt in Kreuzberg und findet es gut, jeden Tag zwischen Kreuz- und Prenzlauer Berg zu wechseln: Das halte den Blick für den „rapiden Prozess“ frisch, in dem sich beide Bezirke veränderten.

 

Den Dokumentarfilm „Der Kremlflieger – Mathias Rust und die Landung auf dem Roten Platz von Gabriele Denecke (mehr Infos hier) zeigt das Erste am 21. Mai um 23.30 Uhr (Wiederholungen auf EinsExtra: 23. Mai 20.15, 26. Mai 23.45, 28. Mai 19.15 Uhr).

Und dann gibt es auch noch ein Buch: In Kooperation mit der Prenzlauer Berger Filmproduktion Gebrüder Beetz erschien gerade „Der Kreml-Flieger – Mathias Rust und die Folgen eines Abenteuers“ (Ch. Links Verlag, 192 Seiten, 16,90 Euro, mehr Infos hier). Geschrieben hat es der in der Greifswalder Straße ansässige Ed Stuhler (Website), verlegt wurde es in der Schönhauser Allee, und einer der prominenten Interviewpartner in Film und Buch ist der ebenfalls in Prenzlauer Berg wohnhafte Schriftsteller Wladimir Kaminer: Der absolvierte im Mai 1987 gerade seinen Militärdienst an einer Raketenstellung bei Moskau und saß verwundert vor dem Radar, als Rusts Cessna über die Stellung ratterte. Die Buchpremiere ist am 29. Mai um 20 Uhr im Kaffee Burger, Torstraße 58/60.

 

 


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