Tatort Mauerpark

von Juliane Schader 21. Oktober 2011

Im neuen RBB-Tatort „Mauerpark“ kommt die Grünfläche nicht gut weg. Grau und trostlos wirkt der Park, dem man auch noch einen Schrottplatz mit Leichenfund andichtet.

Für Außenstehende muss das ein Schock sein: Das ist der sagenumwobene Mauerpark, von dem immer alle reden? Wo Berlin noch bunt und offen ist, wo sich am Wochenende bis zu 50.000 Menschen durch eine Grünanlage schieben, wo Flohmarkt und Karaoke am Sonntag für Festivalstimmung sorgen?

Nein, mit diesem mittlerweile weit über Berlin hinaus bekannten Park hat dieser Ort nichts zu tun, der da am kommenden Sonntag dem RBB-Tatort nicht nur den Namen, sondern auch die zentrale Spielstätte liefert. Im Fernseh-Mauerpark geht es düster zu, und das liegt nicht nur daran, dass dort zu Beginn des Films ein stadtbekannter Anwalt tot aufgefunden wird.

Simon Herzog (Christoph Gareisen) heißt er, und mit seiner Arbeit gegen die nachträgliche Sicherungsverwahrung hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Stolz präsentiert seine Mitarbeiterin einen ganzen Aktenordner voller Drohbriefe; da scheint der Fall schnell aufgeklärt. Doch bei ihren weiteren Recherchen stoßen die Kommissare Till Ritter und Felix Stark (Dominic Raacke und Boris Aljinovic) plötzlich auf einen Vorfall vor 25 Jahren, in den Herzog verwickelt war: Damals wurde das Baby der Industriellentocher Laura Kilian entführt, zwei Millionen Dollar Lösegeld wurden gezahlt, doch das Kind tauchte nie wieder auf.

 

Vom Entführer des Neffen zum neuen Chauffeur

 

Verurteilt wurde damals der Hausmeister Gregor Müller (Sven Lehmann), doch ob es dabei wirklich den richtigen Täter getroffen hat? Immerhin arbeitet Müller heute wieder als Chauffeur für die Stiftung, der Lauras Zwillingsschwester Ina (Rebecca Immanuel) mit dem schönen Beruf der Society-Lady vorsteht. Und ist es wirklich Zufall, dass Herzog unweit der Stelle aufgefunden wurde, an der vor vielen Jahren das Lösegeld übergeben wurde? Natürlich nicht, genauso wenig wie der Auftritt des vermeintlich geistig zurückgebliebenen jungen Mannes, der die ganze Stadt mit dem Schriftzug „G88″ zutaggt. Doch wer erfahren will, wie es ausgeht, der muss am Sonntag schon selbst den Tatort einschalten, und natürlich ertragen, eineinhalb Stunden lang den trostlosesten Park der Welt anzusehen.

Denn anders kann man die mehr Grau- als Grünfläche, durch die die beiden Kommissare bei ihren Ermittlungen immer wieder stapfen, nicht beschreiben. „Wieso sieht es hier aus wie vor dem Mauerfall?“, fragt Ritter dann auch konsequenter Weise irgendwann, und man sollte ihm antworten: Weil ihr zum einen im Februar gedreht habt, und da ist nunmal jeder Park grau, und ihr zum anderen über weite Strecken des Films den echten Mauerpark mit der Fläche verwechselt, die eventuell eines Tages auch mal Mauerpark werden soll. Und auf der man als Tüpfelchen auf die Tristesse auch noch einen großen Schrottplatz angesiedelt hat.

Doch ganz ab von der Realität ist dieser Tatort dennoch nicht. Immer wieder wird durchblicken gelassen, dass die Tage der großen Mauerbrache gezählt sind. Mal heißt die heraufbeschworene Bedrohung „pompöse Luxuswohnungen“, mal „Appartements und Townhouses“, doch klar ist: diese Freifläche wird es nicht mehr lange geben. Nur die Option, einfach wirklich Park daraus zu machen, wird nicht genannt. Der Streit darum böte aber auch Stoff für drei weitere Fernsehsendungen, allerdings eher im Format Talkshow denn als Krimi.

 

Endlich erkannt: Das Potential des Gleimtunnels als Ort quietschender Reifen

 

Wer seine Stimmung schon mal auf November-Niveau drücken will oder gerne den lokalpatriotischen Klugscheißer spielt, der sollte den Sonntagabend definitiv vor dem Fernseher verbringen. Nicht zuletzt, weil der Gleimtunnel hier endlich seine finale Bestimmung findet – als Kulisse für eine aufregende Verfolgungsjagd inklusive quietschender Autoreifen. Außerdem lohnt es sich einfach, zu sehen, wie tief man auch beim RBB in die Klischeekiste greifen kann, indem man reiche Frauen nicht nur als Society-Lady arbeiten, sondern sie auch noch in Grunewaldvillen wohnen und Twinsets tragen lässt. Oder indem man dem Anwalt einen türkischstämmigen Boxpartner andichtet, der natürlich als Türstehen im Berghain arbeitet und zudem schöne Sätze sagen darf wie: „Anwalt kannte ich zwei Jahre – und dass der jetzt krass tot… .“

Fehlt eigentlich nur noch, dass man Ritter und Stark bei ihrem Besuchen im Mauerpark hätte Bananen essen lassen. Oder Schwäbisch reden. Aber ein Schrottplatz auf einer als Park bezeichneten Brache im ehemaligen Todesstreifen war dann wohl doch Symbolik genug.

 

Der Tatort „Mauerpark“ läuft am Sonntag, den 23.10., um 20.15 Uhr in der ARD.

 

 

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