Straßenschild

Bekommt Prenzlauer Berg tastbare Straßenschilder?

von Julia Schmitz 20. Januar 2020

Wenn es nach der CDU Pankow geht, bekommt der Bezirk demnächst Straßenschilder für Sehbehinderte. Doch beim Blinden- und Sehbehindertenverein stößt die Idee auf wenig Begeisterung.


An öffentlichen Orten in Deutschland haben sich tastbare Bodenleitsysteme und vibrierende Ampelschalter als Orientierungshilfe für stark Sehbeeinträchtigte und Blinde längst durchgesetzt. Nun schwappt aus dem Norden eine neue Idee der Unterstützung nach Berlin: Wie in dem kleinen Städtchen Wedel im südlichen Schleswig-Holstein soll auch der Bezirk Pankow die Einführung von Straßenschildern mit haptisch hervorgehobener Schrift prüfen; die Fraktion der CDU hat einen dementsprechenden Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gestellt.

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Etwa 20.000 Sehbehinderte in Berlin

Bei den fühlbaren Straßenschildern handelt es sich um eine Art lackierter Bauklötze, die an den bestehenden Straßenschildern in einer einheitlichen Höhe von 1,40 Metern angebracht werden; sie ermöglichen es Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit, sich leichter im Straßennetz zurechtzufinden und sind auch für Rollstuhlfahrer gut erreichbar.

In Wedel, wo es erste Straßenschilder dieser Art bereits seit 2013 gibt, wird das Projekt aufgrund guter Erfahrungswerte demnächst erweitert. Ob die haptischen Schilder sich auch in Pankow bewähren, soll in einer Testphase herausgefunden werden: Geeignete Gegenden könnten zum Beispiel der Winskiez oder der Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg sein. Berücksichtigt werden sollen dabei vor allem die Quartiere, in denen der Anteil sehbehinderter Menschen im Vergleich zu anderen Teilen Berlins besonders hoch ist.

 

„Kaum hilfreich für Blinde“

Der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin steht dem Vorhaben jedoch skeptisch gegenüber:

„In dieser Ausführung, die durch die Presse bekannt geworden ist, können wir uns so ein Projekt in Berlin nicht vorstellen. Für blinde Menschen wäre das kaum hilfreich. Sie würden ohne ein dazu gehöriges Bodenleitsystem die entsprechenden Masten erst gar nicht finden und dann wäre die Aufschrift ohne Brailleschrift für sie auch nicht lesbar. Hinzu kommt, dass die Schilder auf Kopfhöhe in den Bewegungsraum ragen und eine Unfallgefahr bergen. Aber auch Sehbehinderte profitieren nicht unbedingt davon, da der zur Verfügung stehende Platz für die mitunter sehr langen Straßennamen nicht ausreicht. Eine zu kleine Schrift oder leseunfreundliche Zeilenumbrüche wären zu befürchten“

 

heißt es auf Nachfrage der Prenzlauer Berg Nachrichten. Die Verkehrssicherheit für Blinde und sehbehinderte Menschen sei durch viele andere Faktoren gefährdet, zum Beispiel durch fehlende Ansagen von Liniennummern oder Haltestellen in öffentlichen Verkehrsmitteln, geräuschlose Elektrofahrzeuge oder Hindernisse auf dem Gehweg, darunter Roller, Fahrräder oder Cafétische. In Berlin leben insgesamt etwa 6.000 Blinde und 20.000 sehbehinderte Menschen.

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