Zweite-Hand-Brot. Was soll das?

von Anja Mia Neumann 30. Januar 2015

Ein Brot aus zweiter Hand ist nicht alt. Das sagt die Besitzerin von Second Bäck. Sie verkauft Brot und Brötchen von gestern. Im zweiten Teil unserer Reihe fragen wir: Wieso denn bloß?

Vesta Heyn ist Musikwissenschaftlerin und Künstlerin – und verkauft Backwaren. Aber nicht irgendwelche, sondern Brot, Brötchen und Kuchen aus zweiter Hand. Das zumindest legt der Name ihres Geschäfts „Second Bäck“ nahe. In der Paul-Robeson-Straße, bis vor kurzem auch noch in der Raumerstraße, gibt es handwerklich gut gemachtes Brot von gestern, das Kilo für 2,65 Euro, ein Bio-Vollkorn-Brötchen für 45 Cent.

 

Sie fahren in den frühen Morgenstunden verschiedene Bäckereien an und sammeln deren altes Brot ein: Was soll das?

Vesta Heyn: „Es geht einfach um gutes Brot, um gute Qualität und auch um so eine Art Bewusstsein dafür, wie viel Arbeit in der Herstellung von Lebensmitteln und im Speziellen in der Herstellung von Brot steckt. Als ich vor 15 Jahren damit anfing, habe ich gedacht: Wieso sind Backwaren alt am zweiten Tag? Wer bestimmt das? Das hat mir überhaupt nicht eingeleuchtet.

Außerdem rührt es ein bisschen an den Grundfesten unserer Konsum-Gesellschaft, dass etwas Bestimmtes zu einer Zeit immer da sein MUSS. Dieser Anspruch wird durch meinen Laden gehörig in Frage gestellt. Es ist nie klar, was es gibt und wie viel. Aber schlussendlich ist doch immer was da. Man muss flexibel bleiben, nur dann kann man glücklich aus meinem Laden gehen.“

 

Wo holen Sie denn das Brot?

Vesta Heyn: „Das Brot kommt von verschiedenen Bäckereien aus Berlin. Wir haben bio, aber nicht ausschließlich, sondern auch einfach gutes Handwerksbrot von regionalen Bäckern, die seit Jahrzehnten schon bestehen und Familienbetriebe sind. Wichtig ist, dass sie nur regionale Zutaten in ihr Brot tun, also keine Getreide aus anderen Ländern kaufen, sondern wirklich das vom Feld um die Ecke benutzen. Und dass sie keine Fertigteige benutzen, sondern ihre Teige selber machen, zum Beispiel Sauerteige, und deshalb sehr vorbildlich sind. Sie gehören in die gleiche Reihe wie unsere Bio-Bäcker. Was bei mir abends übrig bleibt, das holt sich ein Bauer ab. Wir haben zwei Bauern, die das ihren Tieren geben.“

 

Bis vor kurzem hatten Sie zwei Second Bäck-Geschäfte. Was ist aus dem zweiten geworden?

Vesta Heyn: „Kürzlich sind wir in den zweiten in der Paul-Robeson-Straße gezogen und haben den ersten in der Raumerstraße zugemacht. Das hat mit Brot-Schwankungen zu tun: Die Ware in den Bäckereien, die bis zum Abend nicht verkauft wird, schwankt stark. Und wir hatten in der letzten Zeit für beide Läden einfach zu wenig Brot. Es ist schlecht zu kalkulieren und da ist man als Unternehmerin auf der sichereren Seite, wenn man nur einen kleinen Standort hat.

Der erste Laden in Prenzlauer Berg war damals Zufall, aber es war schon genau die richtige Gegend. Es gibt hier genügend Leute, die für so ein etwas verrücktes Konzept die nötige Aufgeschlossenheit mitbringen. Viele kommen immer wieder, weil sie das Geld-Sparen mit der guten Tat kombinieren können.“

 

In unserer Reihe „Was soll das?“ fragen wir regelmäßig Leute, was das soll. Falls Sie etwas haben, bei dem Sie sich das schon immer gefragt haben, freuen wir uns über einen Hinweis an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de.

 

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