Baumschmuck: Schön oder Gestrüpp

von Thomas Trappe 8. September 2014

Prenzlauer Berg ist Heimat vieler glücklicher Baumscheiben. Deren Pflege gibt der Bezirk jetzt in die Hände „engagierter Bürger”. Die müssen sich aber auch wirklich engagieren.

Prenzlauer Berg wird bekanntlich immer hässlicher, vor allem untenrum. Das kann nicht übersehen, wer Augen im Kopf hat und ab und an mal den Blick schweifen lässt über die saftigen Wiesen, die auch in diesem Sommer zum Weiden einladen. Mit Landwirtschaft hat das Ganze allerdings gar nichts zu tun, schon eher mit Misswirtschaft. Dem Land und damit dem Bezirk fehlt Geld fürs Rasenmähen und Heckenschneiden, und deshalb sieht es hier seit Neuestem ja auch aus wie bei Hempels unterm Trampolin. Und nun wird alles noch schlimmer. Denn der Bezirk gibt die Baumscheiben auf. 

Baumscheiben, sie sind der Blumentopf des Baumes und in Prenzlauer Berg stellenweise einzige Möglichkeit für Anwohner, ihrem grünen Daumen Geltung zu verschaffen. Was dann allerorten zu geschmückten Baumscheiben führt, sie sind dann versehen mit Blumen, Girlanden, Katzenbildern, Töpfen und unter Umständen mit einem Schild. Gelegentlich auch mit Sitzmöbeln. Bisher hat sich das Ordnungsamt zu solcherart Verschönerungsmaßnahmen immer erfreulich eindeutig positioniert: Verboten, weg damit, Baumscheibenpflege ist Amts- und keine Bürgersache. Das scheint sich nun zu ändern, wie ein Schreiben des Grünflächenamts an Händler im Helmholtzkiez nahelegt. Ob das Grund zur Freude für engagierte Baumscheibler ist –  es ist fraglich.

 

Appell an Bürgersinn, Warnung vor Nachlässigkeit

 

Angeschrieben wurden die Gewerbetreibende mit einem Prospekt über anstehende Baumaßnahmen im Helmholtzkiez. Es ging zum Beispiel darum, unter welchen Umständen Gastwirte Ersatz für Verdienstausfall geltend machen können. Auf der letzten Seite dann der abrupte Themenwechsel. Das Bezirksamt teilt mit, dass Straßenbäume zum Wohlbefinden beitrügen und auch Baumscheiben zur „Verschönerung der Umgebung genutzt werden” – könnten. Wenn das Grünflächenamt dazu die Möglichkeit hätte. „Leider unterbleibt dies in der Regel aufgrund der Haushaltslage der öffentlichen Hand, so dass Baumscheiben oftmals verkrauten und vermüllen.” Hundekacke tue das Übrige. Einzige Lösung: „Um Abhilfe zu schaffen, kann die Bepflanzung und Pflege einer Baumscheibe von engagierten Bürgern übernommen werden.” Ein klares Ja zum Run auf die Baumscheiben, möchte man denken. Doch falls Sie sich als engagierter Bürger angesprochen fühlen, möchten wir Sie warnen. Sie halsen sich da vielleicht ganz schön was auf.

Denn der Einladung zur Baumpflege folgt die Einschränkung, dass man mit einer Verschönerung auch die Verpflichtung auf sich nimmt, die Baumscheibe „wirklich dauerhaft” zu pflegen, unter anderem durch regelmäßige Wässerung. Es folgt eine langer Katalog, was alles zu tun, was zu unterlassen ist. Hier nur Auszüge. Verboten sind Schilder, Rankhilfen, Schädlingsbekämpfungsmittel, stark wurzelnde und Ausläufer bildende Pflanzen, Kletterpflanzen, sichteinschränkende Gehölze, gefährliche Pflanzen (z.B. Rosen). Vor der Bepflanzung sind zudem Wildkräuter und Abfall zu entfernen, zusätzlicher Boden darf nicht aufgetragen werden. Und auch die Reinigung der Baumscheiben wird mit der Verschönerungsmaßnahme übernommen. Die anderen, verwilderten Baumscheiben werden hingegen weiterhin von der BSR gereinigt.

 

Sie können viel verkehrt machen

 

Wie sich die neue Baumscheibenreform auswirkt, bleibt nun abzuwarten – doch der Tod der gewöhnlichen Baumscheibe deutet sich an. Ob sich neben der verwilderten auch die verschönerte durchsetzen kann, wer weiß das schon? Sie jedenfalls, lieber Mitbürger, haben alle Möglichkeiten. Und sie können viel verkehrt machen. Engagement ist eben nichts für schwache Nerven.

 

 

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