25 Jahre Mauerfall und kein Geld

von Juliane Schader 12. November 2013

Ausgerechnet zum Mauerfall-Jubiläum werden Organisationen, die DDR-Geschichte aufarbeiten, die Zuschüsse gekürzt. Auch die Robert-Havemann-Gesellschaft sorgt sich um ihre Projekte.

Wenn sich im kommenden Jahr der Fall der Mauer zum 25. Mal jährt, gibt es zwar einen Anlass für viele Veranstaltungen zu Thema. Voraussichtlich aber kein Geld mehr, sie zu finanzieren. Denn pünktlich zum Jubiläum hat die Europäische Zentralbank den Leitzins gesenkt. Was zunächst nach einem Satz ohne Sinn und Verstand klingt.

Aber einen wahren Kern hat. Schließlich leben viele der Opferverbände, Aufarbeitungs-Initiativen und Archive der DDR‐Opposition von den Zuwendungen der Bundesstiftung Aufarbeitung. Diese wiederum bezieht ihr Geld laut ihrem Pressesprecher Tilman Günther etwa zur Hälfte vom Bund, zur anderem Hälfte aus den Zinsen, die ihr Stiftungsvermögen abwirft. „Wir haben es sehr konservativ angelegt und sind bislang gut damit gefahren“, meint Günther. Seitdem die Zinsen aber ständig sinken, geht die Rechnung nicht mehr auf.

 

Offener Brief appelliert an den Bund

 

Für die Organisationen, die sich um die Aufarbeitung der DDR-Diktatur bemühen, hat das zur Folge, dass im kommenden Jahr statt wie bisher 2,8 Millionen Euro nur knapp die Hälfte an Fördermitteln vergeben wird. „Damit können wichtige Projekte, vor allem von dezentralen Initiativen, deren wichtige und einzige Geldgeberin die Bundesstiftung ist, nicht mehr durchgeführt werden“, heißt es in einem offenen Brief.

Unterschrieben haben diesen 25 Organisationen, darunter die Robert-Havemann-Gesellschaft mit Sitz in der Schliemannstraße. 1990 wurde sie von Mitgliedern des Neuen Forums gegründet, um die Geschichte der Opposition in der DDR aufzuarbeiten. Unter anderem hat sie das preisgekrönte Web-Projekt Jugendopposition sowie die Open-Air-Ausstellung zur Friedlichen Revolution auf dem Alexanderplatz gestemmt. „Für uns war die Stiftung Aufarbeitung immer ein wichtiger Geldgeber“, sagt Tom Sello von der Robert-Havemann-Gesellschaft. „Das ist für uns ein massiver Einschnitt“.

Das Geld von der Stiftung wird immer Projekt-weise vergeben. Angesichts der sinkenden Zinsen hat die Havemann-Gesellschaft extra schon weniger beantragt als in den Vorjahren. Trotzdem umgesetzt werden soll die Archivierung persönlicher Dokumente, die der Gesellschaft nun überlassen wurden. Darunter die von Rudi Pahnke, dem Mitbegründer des „Demokratischen Aufbruchs“, und von Jutta und Eberhard Seidel, die Anfang der 80er Jahre den Arbeitskreis „Ärzte für den Frieden“ ins Leben riefen. Fällt die Förderung weg, bleiben die Dokumente weiterhin der Öffentlichkeit verschlossen.

 

Viele kleine Projekte könnten wegfallen

 

Andere, wie etwa die Zionskirche, haben für das Mauerfall-Jubiläum Veranstaltungs-Reihen geplant und dafür Förderungen beantragt. „Viele dieser Projekte haben nur ein kleines Budget von vielleicht 1000 Euro“, meint Sello. Dementsprechend zahlreich seien die Angebote, die wegfielen, wenn tatsächlich weniger Geld flösse. Damit es nicht so kommt, appellieren die Organisationen in ihrem Brief an den Bund, hier einzuspringen: „Die Bundesregierung wird beweisen müssen, dass sie der Aufarbeitung des Kommunismus weiterhin die gebührende Aufmerksamkeit widmet.“

Auch bei der Stiftung Aufarbeitung hofft man, dass der Bund die finanzielle Lücke schließt. So lange noch keine neue Regierung im Amt sei, fehle dort aber ein Ansprechpartner, so Stiftungs-Sprecher Günther.

 

 

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