Zentralbibliothek in Gefahr

von Thomas Trappe 14. Februar 2013

Prenzlauer Berger Bibliotheken sind schlecht aufgestellt, zeigt eine detaillierte Analyse des Bezirks. Eine Änderung des Status‘ der Böll-Bibliothek steht zur Debatte, auch eine Schließung scheint nicht ausgeschlossen.

Die Bibliotheken in Prenzlauer Berg sollten größer werden. Das ist einer der Empfehlungen des Bibliotheksgutachten für den Bezirk Pankow, das jetzt von Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU) vorgestellt wurde. Demnach bieten die kommunalen Bibliotheken in Prenzlauer Berg und Südpankow wesentlich weniger Platz als Einrichtungen im Norden des Bezirks. Zudem zeigte sich, dass Prenzlauer Berger Einrichtungen über weniger Medien als jene in Buch, Karow, Blankenburg und Weißensee verfügen. Die Analyse wurde in den vergangenen Monaten ausgefertigt und soll es ermöglichen, die Bibliotheken im Bezirk effizienter und besucherfreundlicher zu gestalten. Ein Kernanliegen der Kulturpolitik Kühnes – sein Amt übernahm er vor etwas mehr als einem Jahr von einem Linken-Stadtrat. 

Zu den Bibliotheken im Einzugsgebiet Prenzlauer Berg zählen die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der Esmarchstraße, die Bibliothek am Wasserturm, die Bettina-von-Arnim-Bibliothek in der Schönhauser Allee und die Heinrich-Böll-Bibliothek in der Greifswalder Straße als Bezirkszentralbibliothek. In der Analyse ging es auch um die Öffnungszeiten der Einrichtungen, auch hier mit schlechten Ergebnissen für Prenzlauer Berg: Im Vergleich zu Berlin erschienen die Verfügbarkeiten, also zusammengerechnete Öffnungszeiten, als „sehr niedrig“. Das könnte zwar teilweise durch die in Nachbarbezirken vorhandenen Bibliotheken ausgeglichen werden, aber eben nicht vollkommen. Das liegt daran, dass die innerstädtischen Büchereien des Bezirks überdurchschnittliche Besucherzahlen und Entleihungen haben. Schüler scheinen eher selten gesehene Gäste zu sein: Bei der Teilnahme an Leseförderprogrammen belegt Pankow im Berlin-weiten Vergleich den vorletzten Platz.

 

Verhandlungen mit Vermietern nötig

 

Die Studie gibt konkrete Empfehlungen für Prenzlauer Berg. Zum einen die, die „Kurt Tucholsky“nicht als hauptamtlich geführte Bibliothek zu führen, sie also in ihrer jetzigen Struktur zu belassen. Auch für die Einrichtung am Wasserturm gebe es kaum Handlungsbedarf. „Es ist die richtige Bibliothek am richtigen Fleck“, heißt es in der Studie – für „bildungsaffine Familien mit entsprechender moderner Ausstattung“. Einiges schief gelaufen hingegen sei hingegen bei der Bettina-von-Arnim-Bibliothek. „Der Standort, direkt neben den Schönhauser Allee Arcaden, bietet das Potenzial für eine große entleihungsorientierte moderne Bibliothek“, heißt es. Leider seien die Räume dafür viel zu klein. Es wird empfohlen, „in ständigen Gesprächen mit dem Vermieter jede Möglichkeit für eine Erweiterung am Standort zu nutzen“.

Die „Heinrich Böll“ in der Greifswalder Straße hingegen könnte an Bedeutung verlieren. Da sie zu schlechte Kennwerte ausweist, wird in der Studie empfohlen, ihr den Status als Zentralbibliothek des Bezirks zu entziehen; diese sollte stattdessen an der Janusz-Korczak-Bibliothek im Stadtteil Pankow angesiedelt werden. Die Heinrich-Böll müsste dringend saniert werden, dazu sollten Gespräche mit dem Vermieter geführt werden. Sollte der Plan scheitern, „sollte mittelfristig in direkter Umgebung ein Ersatzstandort gesucht werden“. Auch eine Schließung wird offenbar im Amt erwogen, in der Studie aber nicht empfohlen. „Die ersatzlose Schließung der Bibliothek ist aus unserer Sicht nicht auf keinen Fall zu befürworten, da zum einen die regionale Versorgung nicht mehr sichergestellt wäre.“

 

Mehr Marketing und kostenloses W-Lan 

 

Eine Verbesserung der Bibliotheksstruktur ist laut Studie dringend geboten. Verlängerte Öffnungszeiten und bessere Betreuung seien durch eine effizientere Arbeitsteilung der Angestellten und den Einsatz von Honorarkräften möglich. Das Angebot sollte durch „die Kundenbrille“ verbessert werden, mehr Service angeboten werden. Dazu gehörte nicht zuletzt kostenloses W-Lan in den Einrichtungen und eine breitere Auswahl an modernen Medien. Es ginge darum, mehr „Neukunden“ zu gewinnen, zum Beispiel durch die „Bündelung der Ressourcen für Marketing und Werbung“. 

Stadtrat Kühne wird das Gutachten in der kommenden Woche im Bezirksamt präsentieren. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte er, dass das Konzept Wegweiser sein soll für eine Entwicklung des Bibliotheksstandortes Pankow.

 

Lesen Sie hier, wie der Bezirk auch andere Kulturbereiche umkrempeln will, zum Beispiel mit mehr Gesundheitskursen.

 

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