Kein Frieden in der Gleimstraße

von Thomas Trappe 28. August 2012

Eigentlich war der Streit um die Sanierung der Gleimstraße 52 beigelegt. Doch unter der Oberfläche gärt der Konflikt zwischen Investor und Mietern weiter, eine erneute Eskalation erscheint unvermeidbar.

Eigentlich war so weit alles geregelt. Nachdem Anfang des Jahres der Investor Christian Gérôme das Haus in der Gleimstraße 52 erwarb, daraufhin ein Streit zwischen Mietern und Eigentümer über die geplante Sanierung ausbrach und schließlich eine Vereinbarung über eine für die Bewohner sozialverträgliche Lösung unterschrieben wurde – nach all dem schien es, als wäre das Thema durch. Bestandsmieter sollten weiter für wenig Geld wohnen, der Hausherr sein Haus sanieren können. Doch der Friede war wohl nur Illusion: Inzwischen zeichnet sich ab, dass von Einvernehmen in der Gleimstraße nicht die Rede sein kann. Für die Mieter könnten damit alle in den vergangenen Monaten erzielten Kompromisse bald irrelevant sein.

In der vergangenen Woche wurde das Thema erneut von den Pankower Bezirksverordneten im Ausschuss für Stadtentwicklung diskutiert. Dessen Vorsitzender Roland Schröder (SPD) glaubt nach der Sitzung nicht mehr recht daran, „dass wir da noch irgendwas ausrichten können. Dafür hat sich die Stimmung viel zu sehr hochgeschaukelt“. Auch wenn Schröder meint, dass sich in den vergangenen Monaten weder Investor noch Mieter „mit Ruhm bekleckert haben“, sieht er vor allen jetzt die Bewohner des Hauses in der Pflicht. „Es gibt einen tragfähigen Kompromiss. Es gibt eine rechtmäßige Sanierungsankündigung. Eigentlich ist damit alles auf dem richtigen Weg.“ 

 

Anwälte im Hintergrund

 

Das sehen viele Mieter anders, wie sie im Ausschuss deutlich machten. Von aufgebrochenen Briefkästen wurde berichtet und dem Verdacht, Bauarbeiter im Haus wären dafür verantwortlich. Zudem seien Treppen verschmutzt worden. Vor allem bringt aber der Vorwurf, Investor Gérôme würde bereits vorfristig Wohnungen sanieren wollen, die Sanierungsgegner in der Gleimstraße 52 auf. Rein rechtlich müssen Bauarbeiten in der Wohnung eines Mieters drei Monate vorher angekündigt werden. Gérôme hat die entsprechende Mitteilung aber erst in der vergangenen Woche verschickt. Nun argwöhnen die Bewohner, dass der Investor die Dreimonatspflicht umgehe, indem er Arbeiten in Wohnungen als Grundsanierung des Hauses deklariere. Einige verweigern daher bis jetzt hartnäckig Gérômes Mitarbeitern den Zutritt zu ihren Wohnungen.

Der Ausschussvorsitzende Schröder sieht die Chancen auf eine gütliche Einigung inzwischen schwinden. „Der Konflikt wird im Hintergrund angefeuert“, so sein Eindruck. Damit meint er unter anderem Anwälte, die Mieter gerne in einen Rechtsstreit begleiten wollen sowie Bezirkspolitiker der Linken, die einseitig gegen den Investor wetterten und so eine Lösung erschwerten. „Die Mieter werden da zum Spielball. Ich habe den Eindruck, dass wir uns mitten im Wahlkampf befinden“, so Schröder. Wolfram Kempe, Linken-Politiker und stellvertretender Ausschussvorsitzender, sieht das etwas anders. „Für mich sieht es so aus, als ob es den Mietern so schwer wie möglich gemacht wird.“

 

Vier von Vierzehn

 

Erwiesernermaßen schwer hat es im Moment die Mieterberatung Prenzlauer Berg. Die Versuche, Mieter und Investor an einen Tisch zu bekommen, würden weitgehend im Sand verlaufen, sagt Geschäftsführerin Sylvia Hoehne-Killewald. Vierzehn Mietparteien seien zum Zwecke der Vermittlung angeschrieben wurden, nur vier hätten reagiert. „Aber wenn sie nicht gesprächsbereit sind, wie soll man sich da einigen?“. Hoehne-Killewald weiß von Anwälten, die einen Prozess durchziehen wollen, an dessen Ende den Mietern für zehn Jahre ein Kalt-Quadratmeter-Mietpreis unter fünf Euro garantiert wird – und damit noch bessere Konditionen, als sie in einer Vereinbarung zwischen Mieterberatung, Bezirk und Investor zugesichert wurden.

Genau diesen Vertrag sieht Hoehne-Killewald in Gefahr, sollten die Mieter auf ihrer Position beharren. Würde der Eigentümer des Hauses auf taube Ohren und verschlossene Türen stoßen, „kann er sich auch irgendwann nicht mehr an den Vertrag gebunden fühlen und das juristisch durchfechten“. Auch das Beharren auf eine gerichtliche Einigung einiger Mieter ist nach Ansicht Hoehne-Killewalds riskant. „Sie können das gerne machen“, sagt sie. „Allerdings müssen sie auch wissen, dass sie sich nicht mehr auf eine Sozialvereinbarung berufen können, egal, wie das Verfahren ausgeht.“

 

Die Hoffnung lebt

 

Christian Gérôme ließ über eine Sprecherin inzwischen ausrichten, dass es jetzt bald neben Arbeiten an Fassade, Dach und Strängen auch welche in den Wohnungen geben werde – das sei nötig wegen starken Schwammbefalls. Ein Gesprächsangebot werde noch gemacht. „Dann müssen wir schauen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

 

 

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