„Der Mauerpark ist unser kleinstes Problem“

von Juliane Schader 22. August 2012

Die Debatte um den Mauerpark wird von den engagierten Bürgern des Prenzlauer Bergs dominiert. Dabei liegt die Fläche für die Erweiterung im Wedding. Zeit für einen Perspektivwechsel!

Manja Ehweiner lebt im Weddinger Brunnenviertel und hat als dessen Vertreterin bei der „Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen“ mitgewirkt. 

 

Wie sind Sie dazu gekommen, sich für den Mauerpark zu engagieren?

Ich bin mit meiner Familie 2009 von Prenzlauer Berg in den Wedding gezogen, weil wir eine größere Wohnung brauchten. Über Aushänge und Flyer bin ich auf das Thema Mauerpark-Erweiterung aufmerksam geworden und habe dann einfach mal eine Info-Veranstaltung besucht, in der über den Stand der Dinge und die Möglichkeit, eine Bürgerwerkstatt zu gründen, informiert wurde. 

 

Wie war damals Ihr Eindruck?

Von außen betrachtet war das alles sehr befremdlich. Der Ton war sehr rau, die Stimmung wenig konstruktiv. Ich habe mitbekommen, wie Weddinger, die ihre Interessen darlegen wollte, einfach niedergebrüllt wurden. Da habe ich mich dazu entschlossen, meinen neuen Kiez zu verteidigen und mich daraufhin in der Bürgerwerkstatt engagiert. Für die Weddinger Seite wurde ich deren Sprecherin. 

 

Wie unterscheidet sich der Blick vom Wedding auf den Mauerpark von dem aus dem Prenzlauer Berg? 

Die Prenzlauer Berger wünschen sich mehr Grünfläche und Freiraum. Die Motivation für mich als Weddinger ist eine ganz andere: Ich habe hier genug Platz und mit dem Humboldthain auch schon einen großen Park vor der Haustür. Mir geht es eher um das Zusammenwachsen der Kieze. Der Mauerpark wirkt derzeit eher trennend als vereinend, weil er an der westlichen Seite keinen Zugang hat. Vom Wedding aus steht die Mauer noch. 

 

Was sähe aus Ihrer Sicht die ideale Parkerweiterung aus?

Ich persönlich hätte es am liebsten, wenn gar nicht gebaut würde, sondern ein Park entstände, der von den Anwohnern nach ihren Wünschen gestaltet würde. Leider ist diese Lösung angesichts der aktuellen Lage nicht realistisch. Derzeit favorisiere ich daher im Norden so wenig Bebauung wir möglich, im Süden eine Parkgestaltung unter Berücksichtigung der Interessen der direkten Nachbarn. 

 

Und was sind die Interessen der Nachbarn? 

Im Süden ist es vor allem die Angst vor noch mehr Lärm. Schon jetzt hören wir sonntags das Karaoke und die Trommler, und das ist auch völlig okay. Aber wenn der Park im Süden in seiner jetzigen Nutzung einfach verdoppelt wird, könnte es grenzwertig werden. Auch wenn wir von Prenzlauer Berger Seite oft hören, wir sollten uns wegen des Lärms nicht so anstellen: Auch im Wedding gibt es Menschen, die morgens früh aufstehen und zur Arbeit gehen müssen. Das muss bei der Erweiterung berücksichtigt werden. 

Im Norden besteht die Sorge, einfach zugebaut zu werden. Zudem geht es um den Bestand der Jugendfarm Moritzhof: Die Tiere grasen dort in Absprache mit dem Natur- und Grünflächenamt auf öffentlichem Land, welches dann nah an der Bebauung liegen würde. Sobald sich jemand daran störte, würden die Tiere diesen Freiraum verlieren.

 

Der Mauerpark soll im Wedding erweitert werden und betrifft, wie Sie gerade dargelegt haben, vor allem Weddinger. Dennoch scheint die Diskussion dort wesentlich sachlicher geführt zu werden. Woran liegt das? 

Es stimmt, dass die Prenzlauer Berger viel emotionaler mit dem Thema umgehen. Aus Weddinger Sicht ist der Mauerpark einfach das kleinste Problem, das wir haben: Mittlerweile werden bei uns bezahlbare Wohnungen für sozial Schwache knapp, weil langsam die Gentrifizierung ins Brunnenviertel herüberschwappt. Zudem fehlt das Geld, um Schulen zu sanieren, die Bibliothek soll geschlossen werden, dem Jugendzentrum fehlt der Platz…. Lauter Dinge, für die man erstmal lieber Geld ausgeben möchte als für einen Park. 

 

Vor einem Monat hat ein Bezirksamtsbeschluss aus Mitte für Aufruhe gesorgt, der eine größt mögliche Bebauung auf der bisherigen Gewerbefläche nördlich des Gleimtunnels vorsieht und sich damit nicht nur über einen Beschluss der Bezirksverordneten hinwegsetzt, sondern auch über alles, was die Bürgerwerkstatt erarbeitet hat. Wie bewerten Sie diesen Umgang mit Bürgerengagement?

Ich finde das, was da passiert ist, sehr fragwürdig. Resignieren werde ich darüber aber nicht – ich glaube nicht, dass damit schon die letzte Messe zum Mauerpark gesungen ist. Da geht noch was. 

 



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