Endlager Parkraum, die PARTEI macht’s möglich

von Ute Zauft 15. September 2011

Der Wahlkampf in Prenzlauer Berg läuft recht gesittet, doch es gibt eine Partei die auf Lautstärke setzt: Die PARTEI. Man sollte wissen, sie mit Humor zu nehmen.

Ein sonniger Nachmittag im Kollwitz-Kiez, mitten auf der Kreuzung Sredzki-/ Ecke Kollwitzstraße hat sich ein blauer Kleinlaster postiert, das Wahlkampfmobil von Die PARTEI. Auf der offenen Ladefläche steht Liss C. Werner, die Direktkandidatin für Wahlkreis 8. Sie trägt knappes Kostüm zu knallroten Pumps, in der Hand ein Megafon, auf der Nase eine Pilotenbrille. „Wählen Sie die Partei der zentralen Mitte“, ruft sie. Und: „Wowereit ausstopfen, Künast frisieren, Knut wiederbeleben!“

Bereits zur Bundestagswahl 2009 hatte die Partei rund um ihren Vorsitzenden Martin Sonneborn, Ex-Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic, von sich reden gemacht: Sein prominentester Wahlkampfslogan damals: Wir bauen die Mauer wieder auf! Doch dann wurde die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative nicht zur Wahl zugelassen. Anders in Berlin: „Wählen sie Liste 13″, ruft Parteigenossin Werner vom Laster. Ein ähnlich aufrüttelndes Wahlkampfthema wie den Wiederaufbau der Mauer hat Die PARTEI jetzt auch für die Berliner Landespolitik gefunden: Sie fordern einen Atommüllendlager für den Prenzlauer Berg.

 

Mini-Castoren als Fußwärmer


Partei-Kollege Stefan Valentin eröffnet am Café-Tisch kurzerhand die Parteizentrale, indem er einen entsprechenden Zettel an die Hauswand klebt. Der Wahlkampf laufe sehr gut, sagt er. Das Endlager treffe auf große Zustimmung „Wir haben geplant, Castoren in der gebührenpflichtigen Parkzone zu lagern“, erklärt er. „Außerdem möchten wir sogenannte Mini-Castoren ausgeben, die könnten dann im Winter als Wärmespender für Kinderwägen genutzt werden“, ergänzt seine Partei-Kollegin. Die beiden schaukeln sich gegenseitig hoch: strahlender Müll gegen die Eisglätte im Winter und als Lösung für die steigenden Mieten im Bezirk. Am Auto nebenan versucht ein Vater gerade sein Kind zum Einstieg zu bewegen, Liss Werner ergreift das Megafon: „Die Partei unterstützt quengelnde Kinder!“. „Ist doch mir egal!“, ruft der kleine Junge zurück: Kein Glück bei den zukünftigen Erstwählern.

Inhalte überwinden! Das ist die Kernbotschaft des Wahlprogramms. Die PARTEI sucht den Tabu-Bruch und legt damit bisweilen erfolgreich den Finger in die Wunde. Als die NPD im Berliner Wahlkampf Plakate mit ihrem Vorsitzenden auf dem Motorrad und dem Slogan „Gas geben“ aufhängen ließ, überklebte Die PARTEI kurzerhand diese doppeldeutigen Parolen. „Gas geben“ stand immer noch dort, nur war nun darüber Jörg Haiders Unfallwagen zu sehen.

 

„Ein Koalition haben wir nicht nötig“


Derweil rückt auf der Kollwitzstraße das Ordnungsamt an: Parken ist hier nicht erlaubt. Kurz kommt es zu einem unschönen Wortgefecht: „Sobald wir an der Macht sind, wird das Ordnungsamt gemacht“, ruft Parteigenosse Valentin. Währenddessen lässt sich ein potenzieller Wähler seelenruhig mit Direktkandidatin Werner fotografieren. Plötzlich löst sich der Tumult auf. Christopher Lauer, Direktkandidat der Piraten, kommt mit Parteikollegen im Wahlkampf vorbei. Die Begrüßung unter den Wahlkampfgegnern ist herzlich, man kennt sich. Zwei Rand-Parteien mit Koalitionswillen? „Wir koalieren mit niemandem, wir nehmen aber gerne jeden auf!“, sagt Valentin.

 

 

HINTERGRUND & INFOS ZUR WAHL:

 

Portraits der Bürgermeister-Kandidaten: 

Matthias Köhne: „Der Bezirksverwalter“

Christine Keil: „Pankows linke Patriotin“

Jens-Holger Kircher: „Herr Nilson“

 

Wahlkampfthemen:

Mehr als Mangelverwaltung? Zur Zukunft der Pankower Schulen

Pankows Verwaltung: Kein Geld, viele Wünsche

Stadtentwicklung: Politisch gewollt oder außer Kontrolle?

Gitter für den Miethai -wie kann Wohnen bezahlbar bleiben?

Wem gehört die Straße?

 

Dossier zu den einzelnen Wahlkreisen der Abgeordnetenhaus-Wahl:

Kandidaten und Hintergründe zu den einzelnen Wahlkreise 

 

Allgemeine Hintergründe zur Bezirkswahl: 

Drei Stimmen, eine Wahl: Abgeordnetenhausdirektkandidaten, Abgeordnetenhausparteien und Bezirksverordnetenversammlung, wir haben die Wahl. Bitte was? 

BVV, Bezirksamt oder Senat – Wer hat das Sagen? Die BVV darf empfehlen, kontrollieren und um Auskunft bitten, doch die endgültigen Entscheidungen fällt meist das Bezirksamt. Oder der Senat.

 

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