TV-Schauspieler kämpft gegen Irrsinnsbrücke im Thälmann-Park

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 23. Mai 2011

Berlin ist arm – und hat doch Geld für eine Brücke, die niemand braucht. Volker Herold („Verliebt in Berlin“) fordert einen Baustopp und sammelt Unterschriften.

Einmal kreist Volker Herold um den Teich im Ernst-Thälmann-Park, dann sagt er: „Ich fordere einen sofortigen Baustopp!“ Der Schauspieler, bekannt als Bernd Plenske aus „Verliebt in Berlin“, ist so etwas wie der Teichschützer auf dem Areal, das von Plattenbauten flankiert wird. Hinter dem wuchtigen Ernst-Thälmann-Denkmal erhebt sich eine Wildnis mitten in der Großstadt. „Hier gibt es auch sehr seltene Pflanzenarten. Hier zogen in den 80er Jahren ja lauter Bonzen ein“, sagt Herold. Kurz vor dem Ende der DDR legte man noch einen Alpenrosengarten an.

Mancher Rhododendronstrauch ist inzwischen überwuchert, oder von den Drogendealern in Mitleidenschaft gezogen worden, die hier laut Herold nachts durchs Dickicht schleichen. Vor zwei Jahren sollte der Teich – „Lake Plenske“ – ganz zugeschüttet werden, er drohte wegen der Enten umzukippen. Die Anwohner des Thälmann-Parks machten da allerdings nicht mit. Sie protestierten, sammelten Unterschriften, bis der Bezirk von der Zuschüttung absah. „Ich habe da groß die Schnauze aufgerissen, deshalb habe ich mir gedacht, jetzt kümmere ich mich mal drum“, sagt Herold.

 

Eine Brücke zu Dekorationszwecken

 

Bis zum Bauch steckt Volker Herold in einem Amphibienanzug, er steht neben dem Feuerwehrschlauch, der frisches Wasser in den Teich spritzt. „Das ist doch totaler Wahnsinn, was hier passiert“, schimpft er und die drei, vier Passanten, die neben ihm stehen, schütteln entsetzt ihre Köpfe. Herold zeigt auf die Holzbrücke, die am anderen Ende des Teichs den Weg über einen schmalen Kanal weist. Von der Brücke aus hat man einen guten Blick auf den künstlichen Wasserfall, der hier ebenfalls zu DDR-Zeiten angelegt wurde. Das war es dann aber auch schon mit der Funktionalität der Brücke. Es ist eine Brücke zu Dekorationszwecken.

Die Brücke ist mit Baugittern abgesperrt, ein Teil von Herolds selbstgebasteltem Flechtzaun musste dafür weichen. Ein Arbeiter macht sich mit schwerem Gerät am Fundament der Brücke zu schaffen. Hinter ihm steht ein klobiges Baufahrzeug auf der Brücke. „Würdest Du so etwas zu Hause auch abreißen?“, fragt Herold den Bauarbeiter. „Wir verdienen Geld damit“, sagt der und lacht. „Das zahlt auch alles der Senat.“

 

Warum eine Acht-Tonnen-Stahlbrücke?

 

Herold zeigt auf den Weg hinter dem Baufahrzeug, der einen halben Meter hoch mit Asphaltmaterial zugeschüttet wurde, darunter schützt eine Folie das Gras. Einige hundert Meter zieht sich die schwarze Schneise durch das Grün des Thälmann-Parks, bis hinter einem Hochhaus festes Straßenland erreicht wird. Die Strecke müsse sein, damit der Kran bis zum Teich komme, erklärt der Arbeiter. Der Kran? Volker Herold stöhnt.

Ende vergangenen Jahres habe ihm ein Mitarbeiter des Pankower Umweltamtes angekündigt, dass die Holzbrücke, die eigentlich noch recht robust wirkt, erneuert werden müsse. Herold dachte an neue Planken, ein neues Geländer vielleicht. An was er nicht dachte, ist eine Acht-Tonnen-Stahlbrücke. Die alte Holzbrücke wird von zwei 36 Zentimeter hohen Doppel-T-Trägern aus Stahl gehalten. Braucht man hier überhaupt noch eine Brücke? „Nö, man könnte auch außen rum laufen“, sagt er. 100 Meter Umweg müssten Spaziergänger dann vielleicht zurücklegen. Er hat einen Brief an Bezirksbürgermeister Matthias Köhne verfasst. In dem schreibt er: „Als Brücke für einen Parkweg erscheint sie, schon aus der Sicht von 1985, überdimensioniert. Damals haben wir aber immer mit Panzern gerechnet.“ 

 

Für einen Zaun ist kein Geld da

 

Volker Herold zeigt auf eine Schneise neben dem künstlichen Wasserfall, an der sich eine illegale Hundebadestelle entwickelt hat. Ein paar Meter Zaun hätte er sich hier vom Bezirk gewünscht, damit die Pflanzen am Hang nicht immer zertreten werden – er, der dem Bezirksamt mit seiner privaten Teichpflege eine Menge Arbeit abnimmt. Doch dafür sei im armen Berlin kein Geld da, hieß es. Bekommen wird er jetzt eine Acht-Meter-Stahlbrücke. Für einen Kanal mit 2,50 Metern Breite. Nach Auskunft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird sie 78.000 Euro kosten.

78.000 Euro für eine Brücke, die niemand braucht? Anruf bei Andreas Schütze, Leiter des  Amtes für Umwelt und Natur des Bezirks Pankow: „Bei uns war das eine reine Verwaltungsangelegenheit“, sagt er. „Unsere Techniker waren damit nicht befasst.“ Er sei zwar selbst überrascht gewesen, als er die Abmessungen der neuen Brücke auf den Plänen gesehen habe, aber: „Das Projekt ist nicht zu beanstanden.“ Denn: „Für Brücken ist in Berlin immer die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig. Und hier im Bezirk kann es sich niemand leisten, ein Projekt zu verhindern, das der Senat zahlt.“

Volker Herold wird sich damit nicht zufriedengeben. Die Brücke werde schon in wenigen Wochen mit Graffiti beschmiert sein. Und das könne man nicht einfach abwaschen, sonst fließe die Farbe in den Kanal – und der sei Amphibienschutzgebiet. Und überhaupt: Das Geld solle lieber in die Schulen fließen, die hätten es in Berlin nötiger. Volker Herold will weiter Unterschriften sammeln – bis der Baustopp kommt.



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